35. Jahrestagung der dvs-Sektion Sportpädagogik

Europe/Berlin
Münster

Münster

Westfälische Wilhelms-Universität Münster Institut für Sportwissenschaft - Ballsporthalle Horstmarer Landweg 68b 48149 Münster
Beschreibung

Wissenstransfer – ein zentrales Thema für die Sportpädagogik?

Anmeldung
Anmeldung
Umfragen
Evaluation 35. Jahrestagung der dvs-Sektion Sportpädagogik
Kontakt zum Tagungsteam
    • Nachwuchstagung
      • 1
        Vortrag der asp-Nachwuchstagung Leo 21

        Leo 21

        Sprecher: Till Utesch
      • 2
        Ankunft / Anmeldung Ho 101

        Ho 101

      • 3
        Begrüßung / Kennenlernen
        Sprecher: Nils Neuber
      • 4
        Arbeitskreise (Qualifikationsvorhaben) - Teil 1
      • 5
        Workshops Ho 101 / Ho 16.62

        Ho 101 / Ho 16.62

      • 6
        Radtour durch Münster
      • 7
        Hauptvortrag Fürstenberghaus

        Fürstenberghaus

        Sprecher: Tim Bindel
      • 8
        Informelles Abendprogramm mit Abendessen Hier&Jetzt am Aasee

        Hier&Jetzt am Aasee

    • Nachwuchstagung
      • 9
        Arbeitskreise (Qualifikationsvorhaben) - Teil 2
      • 10
        Vortrag: Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft Ho 101

        Ho 101

        Sprecher: Joshua Elias Meyer
      • 11
        Versammlung des wissenschaftlichen Nachwuchses Ho 101

        Ho 101

        Sprecher: Lara Stamm (Universität Duisburg Essen)
    • 12:00
      Ankunft
    • 13:00
      Eröffnung Ballsporthalle

      Ballsporthalle

    • Hauptvortrag 1: Transfer fachdidaktischer Ansätze – Entwicklungsforschung für unterschiedliche Implementationsstrategien Ballsporthalle

      Ballsporthalle

      Aufgabe der Fachdidaktik ist nicht nur Forschung, Entwicklung und Lehre in der initialen Lehrkräftebildung, sondern auch Transfer in die Unterrichtspraxis. Doch praktizierende Lehrkräfte übernehmen fachdidaktische Ansätze nicht allein über Praxispublikationen, darüber hinaus bedarf es systematischer Fortbildung und materialer Unterstützung. Im Vortrag werden Implementationsstrategien des Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik (DZLM) vorgestellt, mit denen dies in der Breite erreicht werden soll. Um fachbezogene Transferprozesse inhaltlich treffsicher zu gestalten, müssen die Implementationsstrategien selbst gegenstandsbezogen beforscht werden, auch das diesbezügliche DZLM-Forschungsprogramm wird vorgestellt und an einem Beispiel konkretisiert.

      Sitzungsleiter: Susanne Prediger (Technische Universität Dortmund)
      • 12
        Transfer fachdidaktischer Ansätze – Entwicklungsforschung für unterschiedliche Implementationsstrategien

        Aufgabe der Fachdidaktik ist nicht nur Forschung, Entwicklung und Lehre in der initialen Lehrkräftebildung, sondern auch Transfer in die Unterrichtspraxis. Doch praktizierende Lehrkräfte übernehmen fachdidaktische Ansätze nicht allein über Praxispublikationen, darüber hinaus bedarf es systematischer Fortbildung und materialer Unterstützung. Im Vortrag werden Implementationsstrategien des Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik (DZLM) vorgestellt, mit denen dies in der Breite erreicht werden soll. Um fachbezogene Transferprozesse inhaltlich treffsicher zu gestalten, müssen die Implementationsstrategien selbst gegenstandsbezogen beforscht werden, auch das diesbezügliche DZLM-Forschungsprogramm wird vorgestellt und an einem Beispiel konkretisiert.

        Sprecher: Susanne Prediger (Technische Universität Dortmund)
    • 15:00
      Pause
    • AK 1.1: Fit und gesund – schulischer und außerschulischer Kinder- und Jugendsport S5

      S5

      Sitzungsleiter: Miriam Seyda (dvs Mitglied)
      • 13
        Individualsport als Präferenz von Jugendlichen in Deutschland? – Entwicklung seit 2000 und Einfluss des Kapitals und der sozialen Herkunft

        Einleitung
        Trotz einer kontinuierlich steigenden Sportpartizipation der Bevölkerung in Deutschland zeigen sich Stagnationen der Zahlen im organisierten Sport, vor allem in Mannschaftssportarten (Burrmann & Mutz, 2017). Im vorliegenden Beitrag wird daher überprüft, inwiefern sich im Zeitraum von 2000 bis 2018 bei Jugendlichen in Deutschland ein Trend zum Individualsport zeigt, also wie hoch der Anteil derer ist, die eine Individualsportart als für sie wichtigste Sportart angeben und in welchem Setting sie diese ausüben. Bislang ist nicht bekannt, ob soziodemografische Merkmale und Kapitalarten nach Bourdieu (1983) von Jugendlichen und deren Eltern die Wahl für eine Individualsportart als präferierte be-einflussen. Diese Forschungslücke soll mit den Analysen geschlossen werden.

        Methode
        Bei dem Beitrag handelt es sich um eine quantitativ-empirische Sekundärauswertung von Daten des Jugendfragebogens des Sozio-Ökonomischen Panels (Britzke & Schupp, 2019). Die Befragten (N=4.508) sollten u.A. die für sie wichtigste Sportart angeben, welche für die Analyse in Individualsport (Sportarten ohne Interaktion) und sonstiger Sport dichotomisiert wurde. Dazu wurden verschiedene soziodemografische Variablen von den Befragten und deren Eltern sowie das Sport-Setting erhoben. Die dichotomisierte Sportvariable und das Setting werden im Zeitverlauf deskriptiv dargestellt; die Analyse des Einflusses auf die Wahrscheinlichkeit, ob eine Individualsportart präferiert wird, wird mittels binär-logistischer Regression ermittelt.

        Ergebnisse
        Im Zeitverlauf ist eine Zunahme von Individualsport als präferierte Sportart zu erkennen. Zudem zeigt sich, dass diese im Zeitverlauf seltener im Verein und häufiger in kommerzi-ellen Einrichtungen betrieben werden, konstant am häufigsten aber privat. Mädchen und Jugendliche ohne Migrationshintergrund haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine Indi-vidualsportart zu präferieren. Diese steigt zusätzlich mit dem Vorhandensein von eigenem und elterlichem kulturellen Kapital und sinkt bei einer hohen Schulform und hohem sozia-len Kapital.

        Diskussion
        Die Ergebnisse besitzen eine hohe Relevanz für Verbände, Vereine, aber auch Vertretun-gen des Schulsports. So ist es Aufgabe der Wissenschaft, Erkenntnisse über die Sport-partizipation von Jugendlichen auch populärwissenschaftlich aufzubereiten und so den re-levanten Personen zu vermitteln. Am vorliegenden Beispiel sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden.

        Literatur
        Bourdieu, P. (1983). Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In R. Kreckel (Hg.). Soziale Ungleichheiten. Soziale Welt, Sonderband 2, S. 183–198.
        Britzke, J., & Schupp, J. (2019). SOEP Wave Report 2018. Berlin: Deutsches Institut für Wirtschaftsfor-schung (DIW).
        Burrmann, U., & Mutz, M. (2017). Sport- und Bewegungsaktivitäten von Jugendlichen in Deutschland: ein aktueller Überblick im Spannungsfeld von "Versportung" und "Bewegungsmangel". Diskurs Kind-heits- und Jugendforschung, 12(4), 385-401.

        Sprecher: Sebastian Gehrmann (Universität Bielefeld), Laura Schreiner (Universität Bielefeld), Marlene Hansjürgens (Universität Bielefeld), Prof. Valerie Kastrup (Universität Bielefeld)
      • 14
        Online-Fitness und #Fitspiration als Phänomene des jugendlichen Sporttreibens? – Ein empirischer Überblick und mögliche sportpädagogische Konsequenzen

        Jugendliche setzen sich aktiv mit digitalen Medien und Technologien auseinander. Sie sind zentrale Akteur:innen in diesem Feld und Digitalisierung gilt als fester Bestandteil der heutigen Jugendkultur, auch im Kontext ihrer Sport- und Bewegungswelt. Jugendliche wenden sich zunehmend auch sozialen Medien für gesundheitsbezogene Informationen im Bereich Sport, Ernährung und Körperbildern zu. Empirische Ergebnisse, v.a. aus dem englischsprachigen Raum, zeigen, dass Online-Fitness eine vornehmliche Freizeitbeschäftigung und eine wichtige Quelle für Gesundheits- und fitnessbasierte Informationen Jugendlicher ist (Jong & Drummond, 2016). Insbesondere Fitspiration bezeichnet einen beliebten Trend in sozialen Medien. Individuen posten oder greifen auf bestehende Inhalte zurück, die Bilder, Zitate oder Hinweise zum Thema Fitness und Ernährung bereitstellen und zur Inspiration für das eigene Verhalten dienen sollen (Ragatt et al., 2018). Wissenschaftliche Studien, v.a. aus dem englischsprachigen Raum zeigen die in diesem Trend verankerten strengen geschlechtsspezifischen Körpernormen, die auch mit dem Phänomen der Körperunzufriedenheit einhergehen können (u.a. Prichard et al., 2020).

        Für den deutschsprachigen Raum ist das Phänomen Fitspiration und die sich ggf. daraus ergebenden psychosozialen Entwicklungsrisiken kaum untersucht. Daher greift dieser Beitrag die Fragen auf, wie und welche fitness- und gesundheitsbezogenen Inhalte Kinder und Jugendliche im Rahmen sozialer Medien nutzen, wie sie Fitness und Gesundheit im Kontext sozialer Medien verhandeln und ob und wie Jugendliche fitnessbezogene soziale Medien für das eigene Sporttreiben nutzen. Der Beitrag stellt einen systematischen Überblick über die (inter)nationale Forschungslage dar. Im Anschluss daran werden sportpädagogische Konsequenzen – auch vor dem Hintergrund eines Wissenstransfers – diskutiert. Im Sinne einer kritisch-reflexiven Medienerziehung gilt es, Risiken und Chancen digitaler (sozialer) Medien für die jugendliche Entwicklung zu verstehen und zu diskutieren. Insbesondere eine im Sportunterricht anvisierte medienbezogene Gesundheitskompetenz, die an Körpererfahrungen, Körperlichkeit und sozial konstruierten Körpernormen ansetzen kann, wird als eine bedeutsame Facette, auch in der Sportlehrer:innenbildung diskutiert.

        Literatur
        Jong, S. T. & Drummond, M. J. N. (2016). Exploring online fitness culture and young females. Leisure Studies, 35, 758–770. https://doi.org/10.1080/02614367.2016.1182202
        Prichard, I., et al. (2020). The effect of Instagram #fitspiration images on young women’s mood, body image, and exercise behaviour, Body image, 33, 1-6.
        Raggatt, M., et al. (2018). "I aspire to look and feel healthy like the posts convey": engagement with fitness inspiration on social media and perceptions of its influence on health and wellbeing. BMC public health, 18, 1002; 1-11. https://doi.org/10.1186/s12889-018-5930-7.

        Sprecher: Johanna Korte (dvs Mitgliedschaft), Prof. Elke Grimminger-Seidensticker (Universität Paderborn)
      • 15
        Gesundheitsförderung und digitale Medien im Sportunterricht

        Einleitung
        Kinder und Jugendliche wachsen in einer Welt mit digitalen Medien und vielfältigen digitalen Angeboten auf (Schlotter, 2016). Der Einsatz digitaler Medien im Sportunterricht offeriert vor dem Hintergrund einer bislang geringen gesundheitsförderlichen Wirkung des Sportunterrichts auf Schüler:innen (Hanssen-Doose et al., 2018) neue Potenziale, um Lehr- und Lernprozesse hinsichtlich der Gesundheitsförderung von Schüler:innen zu optimieren (Gómez-García et al., 2020; Schlotter, 2016).

        Methodik
        Um der Forschungsfrage nachzugehen, welche Untersuchungen zur Gesundheitsförde-rung mithilfe digitaler Medien im Sportunterricht bereits vorliegen, wurde ein Scoping Review deutschsprachiger Studien erstellt. Die Literaturrecherche wurde von Oktober 2021 bis Januar 2022 in den Datenbanken EBSCOhost, Fachportal Pädagogik und BISP-Surf durchgeführt. Bei der Erstellung wurden die erweiterten PRISMA-Richtlinien für Scoping Reviews beachtet. Eine Stichprobengröße von N=2311 Literaturquellen wurde zu Beginn in die Analyse aufgenommen.

        Ergebnisse
        Nach Titel-, Abstract- und Volltextscreening konnten 9 Studien in das Scoping Review aufgenommen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich der gezielte Einsatz von digitalen Medien im (Sport-) Unterricht sowie die Verwendung der Tracking- und Videofunktionen bereits als sinnvolle Unterstützung erwiesen haben. Als problematisch werden Ablenkungs- und Ausgrenzungsmechanismen von Schüler:innen, Datenschutzaspekte von Bildmaterial und der nicht-transparente Zugang zu gesundheitsförderlichen Apps für Kinder und Jugendliche berichtet.

        Diskussion
        Ein Einsatz digitaler Medien im (Sport-) Unterricht findet teilweise zwar bereits statt, um jedoch digitale Anwendungen mit dem Ziel der Gesundheitsförderung im Sportunterricht zielgerichtet einsetzen zu können, sind weitere Untersuchungen in diesem Unterrichtsfach nötig, sodass Lehrkräften Informationen zur Implementierung digitalbasierter gesundheitsfördernden Maßnahmen bereitgestellt werden können.

        Literatur
        Gómez-García, G., Marín-Marín, J.A., Romero-Rodríguez, J.-M., Ramos Navas-Parejo, M. & Rodríguez Jiménez, C. (2020). Effect of the Flipped Classroom and Gamification Methods in the Development of a Didactic Unit on Healthy Habits and Diet in Primary Education. Nutrients, 12(8), 2210. doi: 10.3390/nu12082210
        Hanssen-Doose, A., Albrecht, C., Schmidt, S.C.E., Woll, A. & Worth, A. (2018). Quantitative und qualitative Merkmale des Schulsports in Deutschland im Zusammenhang mit der Gesundheit der Schülerinnen und Schüler. German Journal of Exercise and Sport Research, 48, 530–543. doi: 10.1007/s12662-018-0542-z
        Schlotter, R. (2016). Tablet und Co. – Einsatz neuer Medien im Sportunterricht. Sportunterricht, 65(2), Lehrhilfen, 5-7.

        Sprecher: Carolin Knoke (Karlsruher Institut für Technologie), Claudia Niessner (Karlsruher Institut für Technologie), Prof. Alexander Woll (Karlsruher Institut für Technologie), Prof. Ingo Wagner (Karlsruher Institut für Technologie)
      • 16
        Ganzheitliche Erfassung sportbezogener Gesundheitskompetenz jugendlicher Schüler:innen – Analyse der Dimensionen des Könnens und Wollens

        Einleitung
        In der Sportpädagogik liegen verschiedene Modellierungen sport- bzw. bewegungsbezogener Gesundheitskompetenz vor. Mit der Dimensionierung in Wissen, Können und Wollen knüpfen Töpfer und Sygusch (2014) hierbei an Kompetenzmodelle der empirischen Bildungsforschung an. In Bezug auf die Erfassung gesundheitsbezogener Kompetenzen von Schüler:innen im Sportunterricht ist aktuell jedoch eine starke Fokussierung des Wissens zu verzeichnen (z.B. Töpfer & Sygusch, 2022). Folgende Forschungsfrage wird bearbeitet: Wie können die Dimensionen des Könnens und Wollens ergänzend zum Wissen erfasst werden, um eine ganzheitliche Untersuchung sportbezogener Gesundheitskompetenz von Schüler:innen mit direktem Bezug zum Sportunterricht zu ermöglichen?

        Methode
        Über einen Scoping Review (von Elm et al., 2019) wurden die Dimensionen sport- bzw. bewegungsbezogener Gesundheitskompetenz und deren Erfassung systematisch in den Blick genommen. Die Recherche erfolgte in 13 nationalen sowie internationalen Datenbanken (u.a. Bisp-Surf & Web of Science). Nach dem Volltext-Screening mit spezifischen Einschlusskriterien (z.B. Bezug zum Sportunterricht und zur Kompetenzdiskussion) verbleiben N=30 Publikationen für die abschließende Analyse. Die Ergebnisse des Reviews bilden die Grundlage für qualitative Expert:inneninterviews (mit Wissenschaftler:innen), in denen eine mögliche Operationalisierung der Dimensionen Können und Wollen diskutiert wird.

        Ergebnisse & Ausblick
        Der Scoping Review verdeutlicht, dass für kognitive, motorische sowie motivational-volitionale Teildimensionen sport- bzw. bewegungsbezogener Gesundheitskompetenz teils kontrastierende Modellierungen vorliegen. Im Rahmen der qualitativen Expert:inneninterviews wird ein adaptiertes Modell sportbezogener Gesundheitskompetenz (angelehnt an Töpfer & Sygusch, 2014 sowie Blömeke et al., 2015) zur Diskussion gestellt, welches für die Entwicklung einer ganzheitlichen Erhebungsmethode genutzt werden soll. Im Vortrag werden die Ergebnisse des Reviews präsentiert sowie Verknüpfungen zu den Interviews hergestellt.

        Literatur
        Blömeke, S., Gustafsson, J.-E., & Shavelson, R. J. (2015). Beyond Dichotomies. Zeitschrift für Psychologie, 223(1), 3-13.
        Töpfer, C., & Sygusch, R. (2014). Gesundheitskompetenz im Sportunterricht. In S. Becker (Hrsg.), Aktiv und Gesund? Interdisziplinäre Perspektiven auf den Zusammenhang zwischen Sport und Gesundheit (S. 153-179). Springer VS.
        Töpfer, C. & Sygusch, R. (2022). Messung von Gesundheitskompetenz im mehrperspektivischen Sportunterricht. In E. Balz & P. Neumann (Hrsg.), Mehrperspektivischer Sportunterricht. Evaluation und Innovation (Beiträge zur Lehre und Forschung im Sport, Band 3, S.196-210). Hofmann.
        Von Elm, E., Schreiber, G., & Haupt, C. C. (2019). Methodische Anleitung für Scoping Reviews (JBI-Methodologie). Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, 143, 1-7.

        Sprecher: Sina Hinternesch
      • 17
        Berufliches Beanspruchungserleben und Professionelle Kompetenz – Gesundheitsrelevante Potenziale für (Sport-)Lehrkräfte der Grundschule

        Einleitung
        Als Teil der professionellen Handlungskompetenz (Baumert & Kunter, 2006) kann eine effiziente Klassenführung vor erhöhtem Beanspruchungserleben schützen und somit die psychische Gesundheit von Lehrkräften positiv beeinflussen (König & Rothland, 2016). In der Sportpädagogik liegen vergleichbare Befunde bislang nicht vor. Hier setzt der Vortrag an und klärt zunächst die Frage, ob sich positive Zusammenhänge auch für Sportlehrkräfte der Grundschule ergeben. Ferner wird angenommen, dass Unterschiede zu Lehrkräften anderer Fächer bestehen, da der Sportunterricht erhöhte Anforderungen an die Klassenführung stellt (z.B. Gewährleistung von Sicherheit; Herrmann, 2019).

        Methodik
        Das berufliche Beanspruchungserleben wurde über das Instrument „Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster“ (AVEM-44, 5 Skalen, je 4 Items, Schaarschmidt & Fischer, 2010) und die Klassenführung als Unterrichtsprozessmerkmal über „Qualität des Lehrens und Lernens im Sport“ (QUALLIS 2.0, 5 Skalen, je 3-5 Items; Herrmann, 2019) aus der Perspektive von Lehrkräften erhoben. Die Stichprobe umfasste 778 Lehrkräfte der Grundschule (Durchschnittsalter: 44.2 Jahre (SD=10.1), 37% Sportlehrkräfte, 92% weiblich). Es wurden Korrelationen zwischen dem Beanspruchungserleben und der Klassenführung berechnet sowie Mann-Whitney-U-Tests durchgeführt.

        Ergebnisse
        Für beide Gruppen ist der signifikant positive Zusammenhang zwischen geringem Beanspruchungserleben, festgemacht an hohen Werten in der Bedeutsamkeit der Arbeit und der Offensiven Problembewältigung, und der Klassenführung, festgemacht an hohen Werten im Umgang mit Störungen, Zeitnutzung, Regel- und Zielklarheit (r=.10-.22, p=.01-.05) hervorzuheben. Bedeutsame Unterschiede zeigten sich im Vergleich der Mittelwerte: Sportlehrkräfte weisen signifikant höhere Werte in der Distanzierungsfähigkeit und Lebenszufriedenheit aus (z=-3.956, p=.000, r=.14; z=-3.862, p=.000, r=.14) während Lehrkräfte anderer Fächer klarer in den Zielvorstellungen ihres Unterrichts sind (z=-2.784, p=.005, r=.10).

        Diskussion
        Die Befunde verdeutlichen das Potenzial einer effizienten Klassenführung für die psychi-sche Gesundheit und gleichermaßen die Notwendigkeit angehende (Sport-)Lehrkräfte früh im Aufbau ihrer professionellen Handlungskompetenzen zu fördern. Im Vortrag werden die Ergebnisse vor dem Hintergrund methodischer Limitationen und der Relevanz für die universitäre Ausbildungsphase diskutiert.

        Literatur
        Baumert, J.; Kunter, M. (2006): Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 9 (4), S. 469-520.
        Herrmann, C. (2019). Evaluation der Unterrichtsqualität im Sportunterricht mit dem QUALLIS-Instrument. Bewegung und Sport, 73(2), 12-17.
        König, J.; Rothland, M. (2016). Klassenführungswissen als Ressource der Burnout-Prävention? Unterrichtswissenschaft, 44(4), 425-441.
        Schaarschmidt, U.; Fischer, A. (2010). AVEM Arbeitsbezogenes Verhaltens -und Erlebensmuster. Manual. 3. Auflage. Pearson.

        Sprecher: Mats Egerer
      • 18
        Lernende Netzwerke - Wissensmanagement als Steuerungselement im Netzwerk von Schule und Spitzensport

        Einleitung
        Schulen und Spitzensportorganisationen bilden ein Netzwerk mit dem Ziel der Vereinbarkeit schulischer Bildung und sportlicher Spitzenleistungen (Körner et al., 2017). Folglich müssen Maßnahmen flexibel koordiniert, Informationen aus unterschiedlichen Kontexten eingeholt, Wert- und Zielvorstellungen abgestimmt und auf ihr Erreichen hin überprüft werden. Richtungsentscheidungen erfolgen dabei auf verschiedenen Ebenen: Etwa durch die Politik in der Formulierung von Rahmenvorgaben (Makroebene), in der Zusammenarbeit von Schule und Spitzensportorganisationen (Mesoebene) sowie bei der Berücksichtigung übergreifender Zielsetzungen im Handeln der Trainer:innen und Lehrkräfte (Mikroebene). Die geschilderte Komplexität produziert die Frage, wie in diesem Netzwerk - mit schuleigenen Organisationslogiken und politischen Absichten - eine zielgerichtete Steuerung erfolgen kann.

        Methode
        Zur Beantwortung werden Annahmen des ‚Wissensmanagements‘ (Willke, 1998) herangezogen. Dabei ist das Ideal eines systemischen Umgangs mit Wissen und Verfahrensweisen als Wechselspiel von personalem und personenübergreifendem Wissen sowie einem auf Organisations- und Netzwerkebene erfolgenden Lernen leitend (Bonn et al., 2022). Der Theoriebeitrag zieht empirische Erkenntnisse der „Evaluation der NRW-Sportschulen“ zur Diskussion der Forschungsfrage heran. Das Projekt forschte in einem Mixed-Methods-Design u. a. mit Dokumenten, leitfadengestützten Interviews und standardisierten Fragebögen sowie teilnehmenden Beobachtungen (Körner et al., 2017). Die Evaluation gerät dabei selbst in den Blick, da sie als Wissensproduzent agiert und einen Steuerungsanspruch formuliert.

        Ergebnisse & Diskussion
        Im Ergebnis zeigt sich wie erwartet, dass in den Schulverbünden der NRW-Sportschulen an entscheidenden Stellen (z. B. Trainer:innen) ein spezifisches personales Wissen vorhanden ist (etwa über die schulische Leistung) und dieses zur Steuerung der Kontexte (Teilnahme am Training) eingesetzt wird. Bei der Organisation personenübergreifenden Wissens (z. B. in der Beobachtung von Talenten, etwa in einer Datenbank) lassen sich jedoch Potenziale ausmachen. Eine Möglichkeit für die Verbünde im Sinne lernender Netzwerke kann es daher sein, dieses Lernen reflexiv zu thematisieren und zielgerichtet zu gestalten.

        Literatur
        Bonn, B., Symanzik, T. & Körner, S. (2022). Steuerung im Netzwerk Schule und Spitzensport. Zwischen schulischer Eigenlogik und politischer Programmatik. Sport und Gesellschaft. https://doi.org/10.1515/sug-2022-0003
        Körner, S., Bonn, B., Grajczak, G., Segets, M., Steinmann, A. & Symanzik, T. (2017). Evaluation der NRW-Sportschulen. Abschlussbericht. Meyer & Meyer.
        Willke, H. (1998). Organisierte Wissensarbeit. Zeitschrift für Soziologie, 27(3), 161-177.

        Sprecher: Tino Symanzik, Benjamin Bonn (Deutsche Sporthochschule Köln), Prof. Swen Körner (Deutsche Sporthochschule Köln)
    • AK 1.2: Schulsport S4

      S4

      Sitzungsleiter: Hans Peter Brandl-Bredenbeck (Universität Augsburg)
      • 19
        Wissensaustausch durch kooperative Planung in den Settings Sport-unterricht und Sportlehrer:innenbildung

        Hintergrund
        Empirische Befunde zeigen, dass Sportunterricht und Sportlehrer:innenbildung nicht unbedingt gemäß aktueller fachdidaktischer Konzepte umgesetzt werden (Hapke, 2016; Sygusch et al., 2020). Partizipative Ansätze wie die kooperative Planung (Rütten et al., 2017) können dazu beitragen, Differenzen zwischen „der Wissenschaft“ und „der Praxis“ zu verringern. Gerade in komplexen Kontexten wie Bildung und Gesundheit scheinen partizipative Ansätze, an denen wissenschaftliche und nicht-wissenschaftliche Akteure beteiligt sind, besonders geeignet, langfristige Veränderungen anzustoßen und professionelles Lernen zu unterstützen. Ziel dieses Beitrags ist es, Gelingensbedingungen für kooperative Planung in den Settings Sportunterricht und Sportlehrer:innenbildung anhand empirischer Befunde aus dem health.edu Projekt (gefördert durch BMBF ) zu skizzieren.

        Methode
        Es wurden insgesamt sieben kooperative Planungsgruppen eingerichtet, an denen Schüler:innen, Sportlehrer:innen, Seminarlehrkräfte und Wissenschaftler:innen beteiligt waren. Ziel war die Entwicklung kompetenzorientierter gesundheitsthematischer Unterrichtskonzepte für Sportunterricht und Sportlehrer:innenbildung. Die N = 22 Sportlehrer:innen und Seminarlehrkräfte wurden mit leitfadengestützten Interviews zur kooperativen Planung befragt, u.a. zu Zielen, Prozessen, Partizipation, Theorie-Praxis-Verhältnis, individuellen und settingbezogenen Voraussetzungen.

        Ergebnisse
        Der Prozess wurde in allen Gruppen als gut strukturiert und moderiert empfunden. Zudem wurde die diverse Gruppenzusammensetzung wertgeschätzt und eine Arbeitsatmosphäre auf Augenhöhe beschrieben. Die Gruppen unterschieden sich jedoch hinsichtlich des empfundenen Theorie-Praxis-Verhältnisses, der Zielklarheit, der Partizipation einzelner Akteure und der wahrgenommenen Unterstützung aus dem Umfeld.

        Diskussion
        Aus den Ergebnissen werden Empfehlungen für den Wissensaustausch in den Settings Sportunterricht und Sportlehrer:innenbildung abgeleitet. Ein Fokus wird auf das Theorie-Praxis-Verhältnis gelegt, da ein zentrales Anliegen des Projekts die Verringerung von Differenzen zwischen fachdidaktischem Kenntnistand und Unterrichtspraxis war.

        Literatur
        Hapke, J. (2016). Erziehender Sportunterricht zwischen Anspruch und Wirklichkeit - eine differenzanalytische Untersuchung zur Umsetzung pädagogischer Perspektiven [Dissertation]. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen.
        Rütten, A., Frahsa, A., Abel, T., Bergmann, M., Leeuw, E. de, Hunter, D., Jansen, M., King, A., & Potvin, L. (2017). Co-producing active lifestyles as whole-system-approach: Theory, intervention and knowledge-to-action implications. Health Promotion International, 34(1), 47–59. https://doi.org/10.1093/heapro/dax053
        Sygusch, R., Brandl-Bredenbeck, H. P., Tittlbach, S., Ptack, K., & Töpfer, C. (Eds.). (2020). Gesundheit in Sportunterricht und Sportlehrerbildung: Bestandsaufnahme, Intervention und Evaluation im Projekt 'Health.edu'. Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27141-1

        Sprecher: Julia Lohmann, Prof. Hans Peter Brandl-Bredenbeck (Universität Augsburg), Prof. Ralf Sygusch (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
      • 20
        Theorie- und Praxisanteile im Sportunterricht – in Präsenz und auf Distanz

        Einleitung
        ‚Theorie‘ ist im alltäglichen Sportunterricht ebenso wie auch im sportpädagogischen Diskurs ohnehin ein kontrovers diskutiertes Thema. Bereits für die Sekundarstufe I als Teil des schulischen Erziehungs- und Bildungsauftrags, aber spätestens für die Sekundarstufe II als Grundstein für die Abiturfähigkeit (vgl. Kurz & Schulz, 2010) werden Theorieanteile auch für das Fach Sport eingefordert. In einer von Streben nach körperlicher Aktivität geprägten Unterrichtspraxis spielen sie jedoch vielfach eine untergeordnete Rolle. Insbesondere m Rahmen der Schulschließungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und dem daraus resultierenden Distanzunterricht stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von Theorie und Praxis im Fach aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen. Im Vortrag werden anhand erster empirischer Einblicke mögliche Einflussfaktoren auf die Gestaltung von Theorie- und Praxisanteilen im Sportunterricht im Vergleich zwischen Präsenz- und Distanzunterricht aus der Sicht von Sportlehrkräften vorgestellt und aus professionstheoretischer Perspektive diskutiert.

        Methode
        Die Datengrundlage des Vortrags bildet eine explorative Interviewstudie, in der Sportlehrkräfte (n = 66) aus der Primarstufe und den Sekundarstufen I und II in NRW im Mai und Juni 2021 zur Bedeutsamkeit von Praxis- und Theorieanteilen im Präsenzsportunterricht sowie im Sportunterricht auf Distanz befragt wurden. In einem ersten Auswertungsschritt werden im Vortrag ausgewählte Ergebnisse einer inhaltsanalytischen Auswertung nach Gläser und Laudel (2010) vorgestellt. Darüber hinaus wird die Bedeutung von Praxis und Theorie sowohl im Präsenz- als auch im Distanzunterricht aus Sicht der Sportlehrkräfte anhand erster Einzelfallanalysen mittels dokumentarischer Methode (vgl. Bohnsack, 2021) rekonstruiert.

        Ergebnisse und Diskussion
        Die inhaltsanalytische Auswertung identifiziert Faktoren wie z.B. die bildungspolitischen, organisatorischen und medialen Rahmenvorgaben als Einflussfaktoren auf die Gestaltung von Theorie- und Praxisphasen im Sportunterricht auf Distanz. Für den Sportunterricht in Präsenz erscheinen die individuellen Denk- und Wahrnehmungsmuster der Lehrkräfte hinsichtlich der Bedeutung von insbesondere Theoriephasen im Fach Sport als deutlich relevanter. Diese bilden das zentrale Erkenntnissinteresse des zweiten rekonstruktiven Auswertungsschrittes, bei dem das implizite Wissen der Sportlehrkräfte zum Thema interessiert. Abschließend wird entsprechend des Tagungsthemas die Frage nach einem möglichen Transfer des Studienergebnisse diskutiert.

        Literatur
        Bohnsack, R. (2021). Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. (10. Auflage). utb.
        Gläser, J. & Laudel, G. (2010). Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse als Instrumente rekonstruierender Untersuchungen (Lehrbuch, 4. Auflage). VS Verlag.
        Kurz, D. & Schulz, N. (Hrsg.). (2010). Sport im Abitur. Ein Schulfach auf dem Prüfstand (Edition Schulsport, Bd. 13). Meyer & Meyer.

        Sprecher: Anne-Christin Roth (Pädagogische Hochschule Freiburg), Lara Stamm (Universität Duisburg Essen)
      • 21
        Das Identifizieren von Problemen als Ausgangspunkt für Reflexionsprozesse in Gesprächen des Sportunterrichts – Erste Ergebnisse einer Videografischen Untersuchung von Reflexionsgesprächen in der Sekundarstufe I

        Einleitung
        Obwohl Reflexionen auf Seiten der Schüler:innen als wichtiger Bestandteil erziehenden Sportunterrichts gelten, zeigt eine Analyse des empirischen Forschungsstands, dass Reflexionsgespräche den an sie gestellten Ansprüchen oft nicht gerecht werden (vgl. Hapke, 2018) und nur unzureichend erforscht sind (vgl. Serwe-Pandrick et al., 2019). Vor diesem Hintergrund wird im Dissertationsprojekt untersucht, wie Reflexionsprozesse durch Lehrkräfte und Schüler:innen in Gesprächen des Sportunterrichts der Sekundarstufe I gestaltet werden.

        Theoretischer Rahmen
        Als Reflexionsgespräche werden Konversationen gefasst, in denen Erlebnisse verbal-interaktiv verarbeitet werden, um diese z.B. kritisch zu prüfen oder deren Bedeutungen zu strukturieren. Zu Beginn dieser Verarbeitung erfolgt entsprechend des EDAMA-Reflexionsrahmenmodells (vgl. Aeppli & Lötscher, 2016) die Darstellung des Erlebnisses. Lehrkräfte können dabei z.B. durch diverse Gesprächshandlungen zur kognitiven Aktivität in Form des Mitdenkens auf Seiten der Schüler:innen anregen (vgl. Balz, 2019).

        Methodik
        Im Rahmen des Projekts werden 23 videografierte Unterrichtsstunden aus dem QIS-Datenkorpus (vgl. Erhorn & Langer, 2022) - erhoben in sechs Schulklassen (fünfter bis zehnter Jahrgang) an drei Hamburger Schulen - analysiert. Diese wurden mit einer Lehrkräftekamera mit Funkmikrofon sowie einer auf die Lerngruppe gerichteten Kamera aufgezeichnet. Mittels Verfahrenstechniken der Grounded Theory (vgl. Strauss & Corbin, 1996) konnten unterschiedliche Gesprächshandlungen von Lehrkräften in Beziehung mit verschiedenen Reflexionsprozessphasen ermittelt werden.

        Ergebnisse
        Als wichtiges Moment zu Beginn eines Reflexionsgespräches konnte die Kategorie „Probleme Identifizieren“ herausgearbeitet werden. Im Beitrag sollen einerseits Eigenschaften der Kategorie kontextuell erläutert und andererseits ihre Bedeutung für den Gesprächsverlauf vor dem Hintergrund des EDAMA-Reflexionsrahmenmodells diskutiert werden.

        Literatur
        Aeppli, J. & Lötscher, H. (2016). EDAMA - Ein Rahmenmodell für Reflexion. Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung, 34 (1), 78-97.
        Balz, E. (2019). Perspektivierung und Aktivierung im Sportunterricht. In J. Wibowo et al. (Hrgs.), Aktivierung im Sportunterricht (S. 11-19). Hamburg: Universität Hamburg.
        Erhorn, J. & Langer, W. (2022). Qualifizierung angehender Sportlehrkräfte für einen inklusiven Sportunterricht. In D. Lutz et al. (Hrsg.), Qualifizierung für Inklusion. Sekundarstufe (S. 101-114). Münster: Waxmann.
        Hapke, J. (2018). Pädagogische Perspektiven im Handeln von Sportlehrenden – eine zentrale Fachdidaktische Idee zwischen Anspruch und Wirklichkeit. ZSF, 6 (1), 29-48.
        Serwe-Pandrick, E., Wolff, D. & Frei, P. (2019). (Inter-)aktion in der Sporthalle – Empirie zur Praxis der Reflexion. In K. Varrière & L. Schäfer (Hrsg.), Interaktion im Klassenzimmer (S. 165-187). Wiesbaden: Springer VS.
        Strauss, A. & Corbin, J. (1996). Grounded Theory: Grundlagen Qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.

        Sprecher: André Meister
      • 22
        App-basierte Hausaufgaben im Sportunterricht – eine Übersicht und das SportZens ,Workout of the Week‘ als Beispiel

        Einleitung
        Hausaufgaben fristen im Sportunterricht bisher meist ein Nischendasein (Wagner, 2016). Die steigende Zahl zur Verfügung stehender digitaler Anwendungen kann Lehrkräften jedoch helfen, die Bewegungszeit und den Wissenszuwachs der Schüler*innen durch geeignete Hausaufgaben zu optimieren. Dafür sind Unterstützungen in Form von Übersichten und ausgewählten Beispielen notwendig (Thom & Yun, 2012).

        Methode
        Um Sportlehrkräften einen detaillierten und mehrwertbildenden Überblick über die vielfältigen digitalen Angebote geben zu können, wurden die Systematisierungsdimensionen Datenschutz, Plattformunabhängigkeit, Kostenloser Zugang, Akzeptanz, Sprache, Anwendungsfreundlichkeit und Kommunikation erarbeitet. Für die Eingliederung der digitalen An-gebote wurden daraufhin nach Kuckartz (2014) folgende Kategorien induktiv konstituiert: Videofeedback, Workouts, Bewegungs-Wissens-Verbindung, Sport-Video-Angebote und Wissensaufgaben. Für jede Kategorie wurden mehrere Anwendungen exemplarisch auf ihre Vor- und Nachteile hinsichtlich der Systematisierungsdimensionen untersucht.

        Ergebnisse
        Eine Systematisierung für Sportlehrkräfte wurde erarbeitet, die zukünftig die sorgfältige Auswahl digitaler Anwendungen erleichtert. Diese enthält digitale Angebote, um Hausaufgaben sowohl zur Verlängerung der Bewegungszeit als auch zur Wissenserweiterung im Sportunterricht einzusetzen. Exemplarisch verdeutlicht dies das SportZens ,Workout of the Week‘.

        Diskussion
        Die Auswahl an digitalen Angeboten wird voraussichtlich weiter steigen und somit auch die Notwendigkeit für Lehrkräfte bestehen, Potenziale für den eigenen Unterricht abzuwägen. Bisher gibt es keine Allzweckanwendung, die alle Bereiche des Sportunterrichts abdeckt, sodass eine Einschätzung der zur Verfügung stehenden Angebote für den jeweiligen Einsatzbereich nötig bleibt. Die erarbeitete Systematisierung bietet dafür eine Orientierung.

        Literatur
        Kuckartz, U. (2014).Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Weinheim: Beltz Juventa.
        Schittkowski, B., Woll, A. & Wagner, I. (2022). Hausaufgaben im Sportunterricht – neue Potenziale durch Apps und digitale Angebote? Sportunterricht, 71(1), 14-22. doi:10.30426/SU-2022-01-3.
        Thom, S.C., & Yun, J. (2012). Factors affecting physical educators’ assigning physical education home-work. Research Quarterly for Exercise and Sport, 83 (Suppl. 1), A65–A66.
        Wagner, I. (2016). Wissen im Sportunterricht. Aachen: Meyer & Meyer.

        Sprecher: Bastian Schittkowski (Karlsruher Institut für Technologie), Prof. Alexander Woll (Karlsruher Institut für Technologie), Prof. Ingo Wagner (Karlsruher Institut für Technologie)
      • 23
        Von Wissen zu Performanz am Beispiel der Klassenführung im Sportunterricht (WiPe-Sport): Teilprojekt WIE-Test

        Einleitung
        Zur Erfassung der Kompetenzfacette der situativen Wahrnehmungs-, Interpretations- und Entscheidungsprozesse (W-I-E) von angehenden Lehrkräften im Fachbereich Bewegung und Sport wird, im Rahmen des hier vorgestellten SNF-Projekts, ein videobasierter Test entwickelt. Professionelle Kompetenz wird dabei als ein Kontinuum betrachtet, bei dem individuelle, erlern- und veränderbare Dispositionen in konkreten Unterrichtssituationen aktiviert und über die vermittelnde Ebene situativer kognitiver Wahrnehmungs-, Interpretations- und Entscheidungsfähigkeiten (situation-specific skills) in konkrete (Sport-)Unterrichtshandlungen respektive Performanzen überführt werden (Blömeke et al., 2015). Im SNF-Projekt werden, in Form einer Interventionsstudie, die modellbasierten Wirkungs- und Entwicklungszusammenhänge zwischen den genannten Kompetenzfacetten am Beispiel der Klassenführung im Sport (vgl. Baumgartner et al., 2020) untersucht.

        Methode
        Für den videobasierten Test wurden zehn Videovignetten zur Klassenführung im Sport entwickelt. Sie basieren auf einem Datenkorpus von 60 videografierten Sportunterrichtsstunden angehender Lehrkräfte auf der Kindergarten- und Primarschulstufe. Bei der Genese der Videovignetten wurde darauf geachtet, alle neun Basisdimensionen klassenführungsbezogener Performanz (Baumgartner et al., 2020) im Unterrichtsgeschehen abzubilden. Geschlossene Testfragen im Anschluss an die Betrachtung der Unterrichtssequenzen dienen dazu, die situationsbezogenen W-I-E-Fähigkeiten zu messen. Zur inhaltlichen und strukturellen Test-Validierung wurden eine dreistufige Delphi-Befragung (Häder, 2014) mit drei Expertinnen und fünf Experten durchgeführt (Alter: m = 47; SD = 7,9) sowie eine Pretest-Erhebung mit 80 Lehramts-Studierenden durchgeführt. Zur empirischen Konstruktvalidierung läuft aktuell eine Pilotierungsstudie (N=1006).

        Ergebnisse
        Aus dem dargelegten Prozess resultiert ein inhaltlich und empirisch validierter, videobasierter Test zur Messung der klassenführungsbezogenen WIE-Fähigkeiten (angehender) Sportlehrkräfte. Der Test besteht voraussichtlich aus 10 Videovignetten und 180 manifesten Variablen. Im Rahmen des Tagungsbeitrags werden die qualitativen und quantitativen Rückmeldungen der Delphi-Befragung und der Prä-Pilotierung berichtet sowie erste Ergebnisse der Pilotierungsstudie präsentiert.

        Literatur
        Baumgartner, M., Oesterhelt, V. & Reuker, S. (2020). Konstruktion und Validierung eines multidimensionalen Beobachtungsinstruments zur Erfassung der klassenführungsbezogenen Performanzen von sportunterrichtenden Lehrkräften (KlaPe-Sport). German Journal of Exercise and Sport Research, 50(4), 511-522. doi:10.1007/s12662-020-00675-6
        Blömeke, S., Gustafsson, J.-E., & Shavelson, R. J. (2015). Beyond Dichotomies. Zeitschrift für Psychologie, 223(1), 3-13. doi:10.1027/2151-2604/a000194
        Häder, M. (2014). Delphi-Befragungen. Ein Arbeitsbuch (3. Auflage). Wiesbaden: Springer VS.

        Sprecher: Eric Jeisy, Matthias Baumgartner (DVS), Clemens Berthold (Pädagogische Hochschule St.Gallen), Dominik Zulian (Pädagogische Hochschule St.Gallen)
      • 24
        Professionswissen angehender Sportlehrkräfte für den außerunterrichtli-chen Schulsport

        Einleitung
        Bisherige Forschungsarbeiten zum Professionswissen von Sportlehrkräften beschränken sich selten auf den außerunterrichtliche Schulsport (u. a. Valkanover, Oswald, Blum & Conzelman, 2014). Der Fokus des vorliegenden Beitrags liegt auf dem Professionswissen von angehenden Sportlehrkräften zur Gestaltung eines bewegungsorientierten Schulalltags. Den Überlegungen liegt als theoretische Rahmung das fächerübergreifende etablierte Kompetenzmodell von Baumert und Kunter (2011) zugrunde.

        Methode
        Die empirische Studie basiert auf einem Vorgehen in zwei Schritten. Im Rahmen von fünf Fokusgruppeninterviews mit Expert:innen der Schulpraxis (N=6 pro Interview), wurden zunächst die aus Praxissicht relevanten Wissensfacetten des Professionswissens zur Gestaltung eines bewegungsorientierten Schulalltags erhoben. Die Auswertung erfolgten anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) und die ermittelten Wissensfacetten wurden inhaltlich geclustert. Darauf aufbauend wurden die Facetten in einer Fragebogenerhebung von Expert:innen aus der Wissenschaft (N=11) und der Praxis (N=12) hinsichtlich ihrer jeweiligen Relevanz bewertet und ggf. ergänzt.

        Ergebnisse
        Inhaltlich ließen sich 11 übergreifende Kategorien mit 46 Wissensfacetten des Professionswissens ermitteln (27 Facetten: Organisations- und Beratungswissen; 19 Facetten: Fach-, Fachdidaktischen und Pädagogischen Wissen). Alle Facetten wurden von den Expert:innen der Wissenschaft und Praxis als wichtig bzw. als sehr wichtig beurteilt.

        Diskussion
        Für den Transfer in die universitäre Sportlehrerausbildung wurden die Ergebnisse dem Kompetenzmodell zugeordnet. Anschließend wurden aus den gewonnenen Erkenntnissen Handlungsempfehlungen (z.B. Möglichkeiten der Rhythmisierung) erarbeitet. Insbesondere ein fundiertes Professionswissen im Bereich Organisation und Beratung scheint relevant zur Gestaltung eines bewegungsorientierten Schulalltags zu sein.

        Literatur
        Baumert, J. & Kunter, M. (2011): Das Kompetenzmodell von COACTIV. In: M. Kunter; J. Baumert; W. Blum; U. Klusmann; S. Kraus & M. Neubrand (Hrsg.), Professionelle Kompetenzen von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV (S. 29-53). Münster: Waxmann.
        Heemsoth, T. & Wibowo, J. (2020). Fachdidaktisches Wissen von angehenden Sportlehrkräften messen. German Journal of Exercise and Sport Research, 50, 308–319.
        Mayring, P. (2015). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (12. überarb. Aufl.). Weinheim: Beltz.
        Valkanover, S., Oswald, E., Blum, M. & Conzelman, A. (2014). Projektschlussbericht. Kompetenzprofile von Sport unterrichtenden Lehrpersonen der Vorschul- und Primarschulstufe (KopS) [Adobe Digital Editions version]. doi: 10.7892/boris.6915

        Sprecher: Nicole Satzinger, Elisabeth Von Plettenberg, Prof. Miriam Kehne
    • AK 1.3: Heterogenität und Diversität im Sportunterricht Ho 62.16

      Ho 62.16

      Sitzungsleiter: Jessica Süßenbach
      • 25
        Diversitätssensibel? Erkenntnisse aus einem partizipativen Unterrichtsentwicklungsprozess

        Mit zunehmender Diversität in schulischen Kontexten und einer wachsenden Anerkennung von Diversität in pädagogischen Diskussionszusammenhängen (u.a. Walgenbach, 2017) wird der grundlegende pädagogische Anspruch bestärkt, eine „‘intersubjektive Anerkennung‘ jeder einzelnen Person in ihrer je einmaligen Lebenslage“ (Prengel, 2019, S. 56) zu befördern. Dies trifft zweifellos auch für den schulischen Sportunterricht zu. Befunde aus der Professionsforschung legen dabei jedoch offen, dass sich Sportlehrkräfte auf ein Unterrichten im Kontext von Diversität und Inklusion vielfach nicht adäquat vorbereitet fühlen (Hutzler et al., 2019). Zudem wird eine gleichberechtigte Anerkennung aller Lernenden im Sportunterricht zwar vielfach gefordert, zugleich aber auch irritiert durch medial, curricular und fachdidaktisch verbreitete körper- und bewegungsbezogene Fitness-, Gesundheits- und Leistungsideale, die keinesfalls für alle gleichermaßen erreichbar sind (Ruin, 2020).
        Um zu ergründen, wie mit diesen spannungsreichen Bezügen im Unterricht konstruktiv umgegangen und ein diversitätssensibler Sportunterricht angebahnt werden kann, wird in diesem Beitrag ein partizipativer Forschungsansatz verfolgt. In dem vorgestellten Forschungsprojekt entwickeln, erproben und evaluieren Lehrkräfte, Schüler:innen und universitäre Fachdidaktiker:innen an drei exemplarisch ausgewählten, weiterführenden Schulen diversitätssensiblen Unterricht. Im Sinne einer partizipativen Praxisforschung, bei der – in Anlehnung an eine Aktionsforschung – Verbesserungen und Weiterentwicklungen päda-gogischer Arbeit in kooperativer Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler:innen und Akteur:innen aus der pädagogischen Praxis entwickelt, erprobt und evaluiert werden (Mo-ser, 1995, S. 88 ff.), wird so eine diversitätssensible Sportunterrichtsentwicklung vorangetrieben. Im Vortrag wird auf Grundlage erster Forschungsergebnisse diskutiert, wessen Perspektiven in diesem Projekt auf welche Weise Geltung erlangen können und wie sich dabei bestimmte Handlungs- und Beteiligungsmöglichkeiten für den Unterrichtsentwicklungsprozess eröffnen bzw. andere möglicherweise auch verschlossen bleiben.

        Literatur
        Hutzler, Y., Meier, S., Reuker, S., & Zitomer, M.R. (2019). Attitudes and self-efficacy of physical education teachers toward inclusion of children with disabilities: a narrative review of international literature.Physical Education and Sport Pedagogy, 24, 249-266.
        Moser, H. (1995). Grundlagen der Praxisforschung. Lambertus.
        Prengel, A. (2019). Pädagogik der Vielfalt. Verschiedenheit und Gleichberechtigung in interkultureller, feministischer und integrativer Pädagogik. VS.
        Ruin, S. (2022). Diversität und Körperlichkeit als Thema der Sportpädagogik. Theoretische Überlegungen, empirische Befunde und fachdidaktische Annäherungen. Meyer & Meyer.
        Walgenbach, K. (2017).Heterogenität - Intersektionalität - Diversity in der Erziehungswissenschaft. Budrich.

        Sprecher: Jana Baumgärtner, Christoph Kreinbucher-Bekerle (dvs), Sebastian Ruin (ja)
      • 26
        Verknüpfung pädagogischer Diagnosen mit didaktischen Handlungen als eine Voraussetzung für individuelles Lernen

        Einleitung
        Eine der zentralen Herausforderungen für Grundschullehrkräfte ist der Umgang mit heterogenen Lernvoraussetzungen von Kindern. Dafür bedarf es der Wahrnehmung und Beurteilung individueller Unterschiede - einer pädagogischen Diagnose. Die zugrundeliegende Fähigkeit wird als diagnostische Kompetenz bezeichnet (Schrader, 2011). Um Sportunterricht angemessen und lernförderlich an die Lernvoraussetzungen von Kindern anzupassen, ist eine enge Verknüpfung diagnostischer und didaktischer Handlungen erforderlich aber bisher kaum erforscht. Hier setzt der Vortrag an und geht der Frage nach, inwiefern sich diese Verknüpfung bei Sportlehrkräften mit unterschiedlicher diagnostischer Kompetenz unterscheidet. Das Wissen darüber ermöglicht es, Aspekte einer guten Diagnose als Voraussetzung für eine individuelle Förderung zu identifizieren.

        Methode
        Mit zehn Grundschulsportlehrkräfte mit unterschiedlicher diagnostischer Kompetenz wurden Leitfadeninterviews zu ihrem diagnostischen und didaktischen Handeln im Sportunterricht geführt. Damit sind die Interviewaussagen vergleichbar. Die diagnostische Kompetenz wurde mittels Rangkomponente berechnet (Schrader, 2011) und drei Gruppen (hohe, mittlere, niedrige diagnostische Kompetenz) gebildet. Die Auswertung erfolgte mit einem qualitativen Gruppenvergleich (Rädiker & Kuckartz, 2019) zu der Kategorien „Verknüpfung von Diagnose und Didaktik“, wobei die Art und Weise der Verknüpfung untersucht wurde.

        **Ergebnisse **
        Der qualitative Gruppenvergleich ergibt, dass überwiegend Sportlehrkräfte mit hoher diagnostischer Kompetenz versuchen, jedes Kind individuell zu beurteilen. Zudem schaffen sie sich durch ihre didaktischen Handlungen Zeit zum Diagnostizieren. Hingegen schätzen Sportlehrkräfte mit mittlerer und niedriger diagnostischer Kompetenz die Lernvoraussetzungen von Gruppen oder der gesamten Klasse ein. Bei ihnen überlagern sich oft diagnostische und didaktische Handlungen, wodurch Beurteilungsverzerrungen entstehen können. Neben der Diagnosegenauigkeit können für ein lernförderliches didaktisches Setting auch andere Kriterien bedeutend sein, wie z.B. eine leichte Überschätzung im Sinne von Vygotsky’s zone of proximal development. Einschränkend ist bei den Ergebnissen u.a. eine Überforderungsfalle von Lehrkräften zu beachten. Im Vortrag werden neben der Diagnosegenauigkeit weitere Aspekte für ein lernförderliches didaktisches Setting ebenso diskutiert wie das methodische Vorgehen und die Limitationen der Studie.

        Literatur
        Rädiker, S., & Kuckartz, U. (2019). Analyse qualitativer Daten mit MAXQDA: Text, Audio und Video. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22095-2
        Schrader, F.‑W. (2011). Lehrer als Diagnostiker. In E. Terhart, H. Bennewitz & M. Rothland (Hrsg.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf (S. 683-698). Waxmann.

        Sprecher: Anneke Langer (DVS)
      • 27
        „Wer von Ihnen würde sich filmen lassen?“ – Eine Untersuchung zum Einsatz von Unterrichtsvideos in der Lerneinheit „Fachdidaktische Perspektiven auf Inklusion“

        Die Basis für den angebotenen Beitrag stellt eine quantitativ und qualitativ evaluierte digitale Lerneinheit dar, die auf die reflexive Auseinandersetzung von Lehramtsstudierenden mit Teilhabe bzw. Teilhabebarrieren im Kontext der Fächer Sport, Englisch, Naturwissenschaften, Mathematik, Geographie, Deutsch und Sport abzielt (Adl-Amini et al., 2020). Darin werden Studierende angeleitet, videografierten Unterricht in Bezug auf Teilhabebarrieren sowie Strategien ihrer Überwindung fächerübergreifend zu analysieren und zu beurteilen. Anknüpfend an das Tagungsthema wird im vorliegenden Beitrag der Frage nach der Möglichkeit und den damit verbundenen Barrieren des (Wissens-)transfers der Lerneinheit in weitere Lehrkräftebildungsphasen nachgegangen. Bereits existierende Forschungsbefunde zur affektiven Wirkung von Analysen fremder Unterrichtsvideos auf angehende und praktizierende Lehrkräfte (z.B. Kleinknecht & Schneider 2013) zeigen, dass die Bewertungen von videografiertem Unterricht sowie die Konfrontation mit kritischen Formen von Unterricht u.a. bei erfahrenen Lehrkräften Unsicherheiten bzw. Irritationen erzeugen könnten (vgl. Trautmann & Sacher 2010). Die Studie zielt daher auf die Untersuchung möglicher Bedenken von Lehrpersonen bei der Bearbeitung authentischer (evtl. krisenhafter) Unterrichtsvideos. In der formativen Evaluation werden die bereits erprobten Instrumente zur Beurteilung der Lerneinheit mit leitfadengestützten Interviews praktizierender Lehrkräfte angereichert. Dadurch sollen Erkenntnisse hinsichtlich a) möglicher phasen- und/oder fachspezifischer Adaptionen der Lerneinheit zu den eingesetzten Videos gewonnen werden und b) die Ergebnisse trianguliert werden. Im Beitrag sollen erste Ergebnisse präsentiert werden. Aus der Studie gewonnene Erkenntnisse könnten Rückschlüsse zu den Herausforderungen bezüglich der Transfermöglichkeiten bzw. -grenzen innerhalb einer videobasierten Lehrkräftebildung zulassen und adressieren insofern die Qualität von Disseminationsaktivitäten wie Lehrkräftefortbildungen – auch hinsichtlich der Fächerspezifität.

        Literatur
        Adl-Amini, K., Burgwald, C., Haas, S., Beck, M., Chihab, L., Fetzer, M., Lorenzen, M., Niesen, H., Sührig, L. & Hardy, I. (2020). Fachdidaktische Perspektiven auf Inklusion. Entwicklung und Evaluation einer digitalen Lerneinheit zur Inklusion als Querschnittsaufgabe im Lehramtsstudium. k:ON - Kölner Online Journal für Lehrer:innenbildung, 2(2), 108-133. DOI: [https://doi.org/10.18716/ojs/kON/2020.2.06][1]
        Kleinknecht, M. & Schneider, J. (2013). What do teachers think and feel when analyzing videos of themselves and other teachers teaching? Teaching and Teacher Education 33, 13-23.
        Trautmann, M. & Sacher, J. (2010). Videofeedback als Instrument zur Unterrichtsentwicklung – Begründungen, Konzepte, offene Fragen. In M. Trautmann & J. Sacher (Hg.). Unterrichtsentwicklung durch Videofeedback. Besser kommunizieren lernen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 11-24.

        Sprecher: Silke Haas (Goethe-Universität Frankfurt a.M.), Caroline Burgwald (Goethe-Universität Frankfurt a.M.)
      • 28
        ‘Aber immer wär auch krass‘ – Perspektiven von SchülerInnen auf Rollstuhlbasketball

        Einleitung
        Die inklusive Schule stellt Sportlehrkräften die Aufgabe, einer sehr heterogenen Gruppe ein förderndes und forderndes Lernsetting anzubieten. Dies gilt ebenso für den Schulsport an speziellen Sonderschulen, an denen eine sehr heterogene Schülerschaft beschult wird. Damit ist ein Ziel des vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderten Forschungsprojekts RoBaTaS – Rollstuhlbasketball vermitteln und Talente in der Schule spielend finden (Aktenzeichen: 070402/19-22) umrissen: Die Entwicklung und Evaluation eines Vermittlungskonzepts für Rollstuhlbasketball im Schulsport von Regel- und Förderschule, welches den Anforderungen eines äußerst heterogenen Lernsettings entspricht.

        Methode
        Dazu wurde von WissenschaftlerInnen, TrainerInnen des Deutschen Rollstuhlsportverbandes und Sportehrkräften gemeinsam ein Unterrichtskonzept entwickelt und in sieben Lerngruppen (vier Lerngruppen an speziellen Sonderschulen, drei Regelschulklassen) der Stufen acht bis 10 umgesetzt. Hierbei wurden Spiel- und Übungsformen entwickelt und miteinander kombiniert, bei denen RollstuhlnutzerInnen und FußgängerInnen gemeinsam spielen und üben können.
        Die Evaluation erfolgte über die Rekonstruktion der Perspektiven der SchülerInnen mithilfe von Leitfaden gestützten Interviews. Die Auswertung der Interviewdaten erfolgte mithilfe der Kodierverfahren der Grouded Theory (Strauss & Corbin, 1996). Nach einem ersten Durchlauf in drei Klassen bzw. Lerngruppen, erfolgte eine erste, vorläufige Auswertung und die Entwicklung eines vorläufigen Kategoriensystems. Im Anschluss wurde nach einem ausführlichen Reflexionsprozess zwischen ForscherInnen, LehrerInnen und TrainerInnen eine weitere Erhebungsphase in vier Klassen bzw. Lerngruppen durchgeführt. Anschließend wurden auch diese Daten offen und axial kodiert und ein finales Kategirensystem entwickelt.

        Ergebnisse & Diskussion
        Die SchülerInnen-Interviews aus der Regelschule zeigen die Betonung des Miteinanders, sowie die Neugierde und Begeisterung, welche das Fahren im Rollstuhl ausübt. Das Sporttreiben im Rollstuhl und das Spiel Rollstuhlbasketball hat einen hohen Aufforderungscharakter und das Unbekannt scheint hier reizvoll.
        Ebenso werden defizitorientierte Sichtweisen auf das Phänomen der (Körper-)Behinderung sichtbar. Das Fahren im Rollstuhl wird als deutliche Abweichung von der Normalität gekennzeichnet, und für Kinder und Jugendliche, die immer auf einen Rollstuhl angewiesen sind, wird Mitleid zum Ausdruck gebracht. Diese Phänomene zeigen sich in Regel- und Sonderschule zugleich.
        In den Sonderschulklassen ist Rollstuhlbasketball hingegen ‚normal‘, und die SchülerInnen schätzen den Wettkampfcharakter in den Spielen, der für sie sonst nicht existent ist. Ebenso wird in diesem Setting deutlich, dass die Jugendlichen eine sehr große Akzeptanz für die Verschiedenheiten ihrer MitschülerInnen haben.

        Literatur
        Strauss, A. & Corbin, J. (1996). Grounded Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.

        Sprecher: Steffen Greve, Prof. Jessica Süßenbach (Leuphana Universität Lüneburg), Prof. Stephan Schiemann (Leuphana Universität Lüneburg), Kira Elena Weber (IPN Kiel)
      • 29
        Digitale Medien in der Sportlehrkräfteausbildung – zur Professionalisierung angehender Sportlehrkräfte für den inklusiven Sportunterricht

        Einleitung
        Um die Lücke zwischen Kompetenzbedarf und dem Qualifikationsangebot für angehende Sportlehrkräfte zur Vorbereitung auf einen inklusiven Sportunterricht zu schließen, wurden in den letzten Jahren verstärkt Ausbildungskonzepte und Modulbausteine konzipiert. Ein Forschungsdesiderat existiert allerdings bezüglich Seminarkonzeptionen, die von einem weiten Inklusionsverständnis ausgehen und Kompetenzen zur Realisierung eines inklusiven Sportunterrichts analysieren. Dementsprechend steht im Zentrum des Beitrags die Gestaltung und Evaluation eines Lehrveranstaltungskonzepts zur Vorbereitung von angehenden Sportlehrkräfte auf einen inklusiven Sportunterricht. Dabei steht besonders die Anbahnung der Reflexionskompetenz von Studierenden im Fokus der Analyse. Ein Weg der reflexiven Auseinandersetzung stellt dabei das Arbeiten mit einem authentisch videografierten Sportunterricht dar. Dabei kommt die Methode „Analytical Short Film“ (ASF) sowie das E-Learning-Tool H5P zum Einsatz.

        Methode
        Gerahmt durch den Design-Based-Research-Ansatz wurde ein Theorie-Praxis-Seminar gestaltet, welches auf der theoretischen Grundlage der Empfehlungen des Projekts „TE4I“ (Watkins, 2012) sowie dem Modell „Sportunterricht inklusiv“ basiert (Tiemann, 2016). Dies Seminarkonzept wurde an der Universität Leipzig durchgeführt und pilotiert. In diesem Rahmen wurden mit vier Teilnehmenden problemzentrierte Interviews durchgeführt. Mittels der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) erfolgt die Auswertung.

        **Vorläufige Ergebnisse **
        Erste Ergebnisse zeigen, dass positive Einstellungsveränderungen gegenüber einem inklusiven Sportunterricht dem Seminar zugeschrieben werden können. Während der Blick von Studierenden auf Herausforderungen auf institutioneller Ebene durch das Seminar relativ unverändert bleibt, fühlen sie sich bezüglich der zukünftigen Umsetzung inklusiven Sportunterrichts gut vorbereitet. Besonders der Reflexion wird im Umgang mit Vielfalt eine große Bedeutung zugewiesen. Das regelmäßige Kommentieren der Unterrichtsvideos sowie das Erstellen und Verteidigen eines ASFs wird als besonders hilfreich für den Reflexionsprozess wahrgenommen.

        Literatur
        Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (Grundlagentexte Methoden, 4. Auflage). Weinheim: Beltz Juventa.
        Tiemann, H. (2016). Konzepte, Modelle und Strategien für den inklusiven Sportunterricht – internationale und nationale Entwicklungen und Zusammenhänge. Zeitschrift Für Inklusion (3). Zugriff am 18. Mai 2021 unter https://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/382
        Watkins, A. (2012). Inklusionsorientierte Lehrerbildung. Ein Profil für inklusive Lehrerinnen und Lehrer. Odense: European Agency for Development in Special Needs Education.

        Sprecher: Sebastian Spillner
      • 30
        Erfahrungen von Transpersonen im Sportunterricht – zwischen Beschämung und Ausgrenzung

        Einleitung und Forschungsfrage
        Die Thematisierung von Transpersonen im Sport hat in den letzten Jahren sowohl in den Medien als auch in den sportwissenschaftlichen Diskursen zunehmend an Beachtung gewonnen. Hierbei standen und stehen jedoch im Wesentlichen leistungssportliche Bezüge im Zentrum der Beachtung (z. B. Heckemeyer, 2020). Die Erfahrungswelt von Transpersonen im schulischen Sportunterricht hat bisher kaum Beachtung gefunden. Diese steht in der hier zugrunde gelegten sehr offen explorierenden Studie im Zentrum und wird differenziert nach unterschiedlichen Handlungsräumen des Sportunterrichts untersucht.

        Theoretische Fundierung und Methode
        Die Studie rekurriert auf eine sozial-konstruktivistischen Perspektive (Lorber, 2003) und ist gerahmt vom Konzept der Heteronormativität (Hartmann & Klesse, 2007). Als Methode der Datengewinnung steht das problemzentrierte Interview (Witzel & Reiter, 2012) im Vordergrund, die Auswertung der transkribierten Interviews orientiert sich an der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015). Befragt wurden 5 Personen im Alter von 16 und 30 Jahren, die sich selbst als trans* bezeichnen.

        Ausgewählte Ergebnisse
        Die Erfahrungswelt der Befragten im Kontext des Sportunterrichts ist stark geprägt von Ausgrenzungserlebnissen, die in den Interviews konkret beschrieben werden. Der Sportunterricht wird als bloßstellend und beschämend wahrgenommen. Als besonders schwierig wird die Situation in den Umkleideräumen dargestellt. Verständnis von Seiten der Lehrkräfte wird kaum erfahren.

        Literatur
        Hartmann, J. & Klesse, C. (2007). Heteronormativität. Empirische Studien zu Geschlecht, Sexualität und Macht – eine Einführung. In J. Hartmann, C. Kleese, P. Wagenknecht, B. Fritzsche & K. Hackmann (Hrsg.), Heteronormativität (S. 9-15). Wiesbaden: VS Verlag.
        Heckemeyer, K. (2020). Inter und trans Athletinnen im Wettkampfsport. In: GenderStudies – Zeitschrift des Interdisziplinären Zentrums für Geschlechterforschung (IZFG), Nr. 36, S. 8-10.
        Lorber, J. (2003). Gender-Paradoxien. Opladen: Leske & Budrich.
        Mayring, P. (2015). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim: Beltz.
        Witzel, A. & Reiter, H. (2012). The Problem-Centred Interview. London: Sage Publications.

        Sprecher: Julia Barta, Prof. Heike Tiemann
    • AK 1.4: Vertiefte Auseinandersetzung mit sportunterrichtlichen Fachgegenständen – "Aktivierung im Sportunterricht" revisited Leo 21

      Leo 21

      Hintergrund
      In den Fachdidaktiken besteht Konsens darüber, dass die vertiefte, elaborierte Auseinandersetzung mit Fachgegenständen Lern- und Bildungsprozesse von Schüler:innen maßgeblich beeinflusst. Das Schlagwort Aktivierung ist in diesem Zusammenhang mittlerweile als „heiliger Gral“ in die Unterrichtsforschung eingegangen. In jüngerer Vergangenheit ist so auch die Sportdidaktik zunehmend darum bemüht, die zu Grunde liegenden Prozesse und Bedingungen stärker fachbezogen zu beschreiben und dem heiligen Gral ein fachliches Gesicht zu verleihen. In den letzten Jahren sind nun weitere, v. a. empirische Arbeiten entstanden, die unterschiedliche Fragen aufgreifen: Wie wird heute ein aktivierender Sportunterricht verstanden und umgesetzt? Welche potenziell aktivierenden Handlungsweisen lassen sich in der Praxis identifizieren? Welche Unterscheidungen von (kognitiven?) Aktivierungsformen erscheinen im Fach Sport relevant? Inwieweit gelingt es einen auf Aktivierung angelegten Unterricht in die Praxis zu übertragen? Eben solche Fragen werden im AK zusammengefasst. Auch wenn der AK nicht final wird klären können, wie genau der heilige Gral nun aussieht, so erhoffen wir uns doch einige wesentliche Facetten der aktuellen Diskussion aufzeigen zu können, die dazu einladen, den gemeinsamen Kern in zukünftiger Forschung weiter zu verfolgen.

      Zu den Beiträgen
      Im Beitrag von Töpfer, Engelhardt und Hapke werden auf Basis eines internationalen Reviews aktuelle theoretische Konzeptualisierungen und praktische Umsetzungen von Merkmalen eines kognitiv aktivierenden Sportunterrichts festgestellt und diskutiert.
      Im Beitrag von Herrmann wird eine Konzeption vorgeschlagen, die zwischen einer kognitiv-reflexiven sowie kognitiv-motorischen Aktivierung im Fach Sport unterscheidet; darüber hinaus wird aufgezeigt, wie dazugehörige Merkmale über Beobachtungen und Befragungen erfasst werden können.
      Im Beitrag von Heemsoth wird auf der Basis von Unterrichtsbeobachtungen das potenziell aktivierende Handeln von Masterstudierenden in studienbegleitenden Praktika in Bezug auf die Bereiche Unterrichtseinstieg, Aufgaben und Unterrichtsgespräch beschrieben.
      Im Beitrag von Stabick, Heemsoth, Krieger und Bähr werden schließlich auf der Basis leitfadengestützter Interviews mit Sportlehrkräften subjektive Interpretationen eines aktivierenden Sportunterrichts präsentiert.
      Der Beitrag von Stabick, Bähr und Krieger zeigt auf der Basis eines an Transferforschung orientierten Vorgehens, wie ungewissheitsfreundliche Unterrichtsentwürfe, denen ein besonderes Aktivierungspotenzial zugeschreiben wird, in Ko-Konstruktion von Lehrkräften und Sportdidaktikern adaptiert und umgesetzt werden.
      Im abschließenden Beitrag von Simon und Lex wird auf der Basis eines Quasi-Experimentes untersucht, inwieweit verschiedene Stundenanfänge, die ein unterschiedliches emotionales Erleben der Schüler:innen zu aktivieren beanspruchen, das nachgelagerte Erlernen der 3-Ball-Jonglage unterschiedlich begünstigen.

      Vorsitzende der Sitzung: Ole Stabick, Tim Heemsoth
      • 31
        Merkmale kognitiv-reflexiver und kognitiv-motorischer Aktivierung im Fach Sport und deren formative Evaluation

        Problemstellung
        In der deutschsprachigen Unterrichtsforschung konnten sich die drei Unterrichtsdimensionen Klassenführung, Unterrichtsklima sowie kognitive Aktivierung etablieren. Im systematischen Review (Herrmann & Gerlach, 2020) wurde deutlich, dass sich auch Fachdidaktiker:innen des Faches Sport zunehmend an dieser Dimensionierung orientieren, wobei die Dimensionen und die zugehörigen Merkmale fachspezifisch akzentuiert werden. Während die sportspezifischen Ansätze eine gute Passung zu den Dimensionen Klassenführung und Unterrichtsklima aufwiesen, zeigte sich, dass die kognitive Aktivierung für das Fach Sport ausdifferenziert werden muss.
        Was jedoch eine gelingende kognitive Aktivierung ausmacht, wird in den Fachdidaktiken und auch in den Sportwissenschaften kontrovers diskutiert. In Abhängigkeit der didaktischen und lerntheoretischen Modellierung des Faches werden für den Sportunterricht unterschiedliche Kognitionen als bedeutsam erachtet, um fachbezogene Lernprozesse zu unterstützen.

        Methodisches Vorgehen
        Im Beitrag werden ausgehend von fachübergreifenden Konzeptionen der kognitiven Aktivität und Aktivierung Besonderheiten des Faches Sport herausgearbeitet, indem zu Grunde liegende Lernprozesse aus sportwissenschaftlicher Perspektive herangezogen werden. Es werden zum einem Konzeptionen aus der Sportdidaktik (u. a. Niederkofler & Amesberger, 2016) in den Blick genommen, welche vornehmlich durch ein verständnisbezogenes Lernen den Erwerb von expliziten Handlungswissen anzielen. Darüber hinaus werden Konzeptionen aus der Sportmotorik (u. a. Künzell, 2021) herangezogen, welche beim Bewegungslernen vornehmlich das implizite Bewegungskönnen anzielen.

        Befunde
        Um dem breiten Erziehungsanspruch des Faches Sport nachzukommen wird neben der kognitiv-reflexiven Aktivierung auch eine kognitiv-motorische Aktivierung vorgeschlagen. Während die Merkmale der kognitiv-motorischen Aktivierung (u. a. Differenzierung, konstruktive Rückmeldung) der Erreichung der qualifikationsbezogenen Handlungsfähigkeit ([Bewegungs-] Können im Sport) dienen, zielen die Merkmale der kognitiv-reflexiven Aktivierung (u. a. Verarbeitung, Fokussierung) auf die Erreichung der reflexiven Handlungsfähigkeit ([Handlungs-] Wissen im Sport).

        Diskussion
        Da die Aktivierung nur vor dem Hintergrund der Ziele und Inhalte bewertet werden kann, wird im QUALLIS-Rahmenkonzept die kognitiv-reflexive und kognitiv-motorische Aktivierung um die Dimension der Ziel- und Inhaltsauswahl ergänzt.

        Literatur
        Herrmann, C. & Gerlach, E. (2020). Unterrichtsqualität im Fach Sport – Ein Überblicksbeitrag zum Forschungsstand in Theorie und Empirie. Unterrichtswissenschaft, 48, 361–384.
        Künzell, S. (2021). Aktuelle Motoriktheorien. In A. Güllich & M. Krüger (Hrsg.), Bewegung, Training, Leistung und Gesundheit (S. 1–17). Springer.
        Niederkofler, B. & Amesberger, G. (2016). Kognitive Handlungsrepräsentationen als Strukturgrundlage zur Definition von kognitiver Aktivierung im Sportunterricht. Sportwissenschaft, 46, 188–200.

        Sprecher: Christian Herrmann (Pädagogische Hochschule Zürich)
      • 32
        „Folge dem Plan und stell dich gut!“ - Beobachtbare Handlungsweisen von Sportlehramtsstudierenden im Praktikum zur Aktivierung von Lernenden im Sportunterricht

        Problemstellung
        Empirische Befunde zum professionellen Handeln von Sportlehramtsstudierenden in Praktika fehlen bis dato. Dies erscheint umso bedeutsamer, wenn man davon ausgeht, dass das Lernen angehender Lehrkräfte kumulativ erfolgt und eine Abstimmung von Lernvoraussetzungen über alle Ausbildungsphasen gewinnbringend ist (Hascher, 2012). Der vorliegende Beitrag greift dieses Desiderat auf. Dabei wird im Rahmen von Masterpraktika solches unterrichtliches Handeln fokussiert, das eine elaborierte Auseinandersetzung der Schüler:innen mit Lerninhalten anzustreben vermag, was in der Unterrichtsforschung vielfach mit dem Begriff der (kognitiven) Aktivierung umschrieben wird.

        Methodisches Vorgehen
        Es wurden teilnehmende Beobachtungen im eigenverantwortlich durchgeführten Unterricht von 25 Sportlehramtsstudierenden im Masterpraktikum durchgeführt (Alter: MW = 26,26 Jahre, 58 % weiblich). Einer theoretischen Folie folgend wurde besonderes Augenmerk auf den Unterrichtseinstieg, die gestellten Aufgaben sowie das Unterrichtsgespräch gelegt (Baer et al., 2015). Die Beobachtungsprotokolle wurden durch eine inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse ausgewertet.

        Befunde
        Die Befunde weisen darauf hin, dass sich das zur Aktivierung anregende Handeln der Sportlehramtsstudierenden durch eine hohe Orientierung an einer individuell begründeten Sachlogik nach dem Motto „im Plan voran“ kennzeichnet und die Studierenden zugleich darauf bedacht sind, Schüler:innen auf der Beziehungsebene zu aktivieren. Darüber hinaus ließen sich Handlungsweisen identifizieren, deren Aktivierungspotenzial hinterfragt werden kann, etwa das Abarbeiten von Aufgabenfolgen oder das Abfeuern von Fragenfeuerwerken. Die zur Aktivierung vermeintlich bedeutsame Anregung zu einer problemorientierten Auseinandersetzung mit Lerngegenständen konnte nur selten festgestellt werden. Im Vortrag werden ausgewählte Kategorien qualitativ und quantitativ ausdifferenziert.

        Diskussion
        Insgesamt liefert der Beitrag einen differenzierten Einblick in das professionelle Handeln von Sportlehramtsstudierenden in Praktika im Hinblick auf eine zentrale Basisdimension. Indem die Hochschullehre die hier identifizierten Handlungsweisen aufgreift, daran anknüpft und sie kritisch hinterfragt, könnte langfristig dazu beigetragen werden, dass Schüler:innen sich noch elaborierter mit Lerngegenstände im Fach Sport auseinandersetzen und so die Unterrichtsqualität im Fach Sport insgesamt profitiert.

        Literatur
        Baer, M., Kocher, M., Wyss, C., & Guldimann, T. (2015). Kognitive Aktivierung der Lernenden als (fach-)didaktisches Ziel Was zeigt der Blick in den Unterricht? In U. Riegel, S. Schubert, G. Siebert-Ott, & K. Macha (Hrsg.), Kompetenzmodellierung und Kompetenzmessung in den Fachdidaktiken (S. 177–196). Waxmann.
        Hascher, T. (2012). Lernfeld Praktikum – Evidenzbasierte Entwicklungen in der Lehrer/innenbildung. Zeitschrift für Bildungsforschung, 2, 109–129.

        Sprecher: Tim Heemsoth (Universität Flensburg)
      • 33
        Kriterien eines aktivierenden Sportunterrichts aus Sportlehrer:innensicht

        Problemstellung
        Für das Fach Sport sind die Basisdimensionen Klassenführung und konstruktive Unterstützung bereits gut empirisch untersucht, wohingegen die Dimension der kognitiven Aktivierung bisher nur vereinzelt empirische Erkenntnisse hervorgebracht hat (Praetorius et al., 2020). Das Ziel des explorativen Vorhabens ist es, Kriterien eines aktivierenden Sportunterrichts aus den Erlebens- und Deutungsweisen von Sportlehrkräften zu rekonstruieren und damit einen Beitrag zum Diskurs aus Expert:innensicht zu leisten.

        Methodisches Vorgehen
        Es wurden insgesamt zehn erfahrene Sportlehrer:innen interviewt (4 Grundschule, 6 Sekundarstufe). Die Interviews enthielten einen Leitfadenteil sowie einen kontrolliert-explorativ Teil, der auf relevante Situationen fokussierte (Miethling & Krieger, 2004). Die Auswertung des Datenmaterials fand in Anlehnung an die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) statt.

        Ergebnisse
        Die Ergebnisse verweisen auf zwei unterschiedliche Dimensionen: zum einen können aus den Erlebens- und Deutungsweisen der Sportlehrkräfte konkrete Kriterien für einen (kognitiv) aktivierendem Sportunterricht abgeleitet werden (z. B. herausfordernde Aufgaben, Reflexion im Vollzug, stimulierende Lernumgebung). Zum anderen finden sich Phänomene/Kategorien, die aus Sportlehrer:innensicht für Aktivierung relevant erscheinen, dabei aber starke Überschneidungen zu den anderen Basisdimensionen aufweisen (z. B. Diagnosekompetenz, soziale Aktivierung, Motivierung) und eher als übergreifende Gelingensbedingungen für einen aktivierenden Sportunterricht zu verstehen sind.

        Diskussion
        In Abgleich mit theoretischen fachlichen Positionen (Wibowo et al., 2021) sowie Argumentationslinien der aktuellen erziehungswissenschaftlichen Unterrichtsforschung können die identifizierten fachspezifischen Befunde aus Sportlehrer:innensicht einen Beitrag zur detaillierten Beschreibung eines „aktivierenden Sportunterrichts“ darstellen. In Folgestudien wären diesbezügliche Kriterien quantitativ-empirisch, insbesondere auch aus Schüler:innensicht und anhand von strukturierter Beobachtung zu prüfen.

        Literatur
        Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse Methoden, Praxis, Computerunterstützung (4. Auflage). Beltz Juventa.
        Miethling, W.-D., & Krieger, C. (2004). Schüler im Sportunterricht. Die Rekonstruktion relevanter Themen und Situationen des Sportunterrichts aus Schülersicht (RETHESIS). Hofmann.
        Praetorius, A.-K., Herrmann, C., Gerlach, E., Zülsdorf-Kersting, M., Heinitz, B., & Nehring, A. (2020). Unterrichtsqualität in den Fachdidaktiken im deutschsprachigen Raum – zwischen Generik und Fachspezifik. Unterrichtswissenschaft, 48, 409-446.
        Wibowo, J., Krieger, C., Gerlach, E., & Bükers, F. (Hrsg.). (2021). Aktivierung im Sportunterricht (2. Auflage). Universität Hamburg. https://doi.org/10.25592/AktivierungImSU

        Sprecher: Ole Stabick (Universität Hamburg), Tim Heemsoth (Universität Flensburg), Claus Krieger (Universität Hamburg), Ingrid Bähr (Universität Hamburg)
      • 34
        Merkmale zur Gestaltung eines kognitiv aktivierenden Sportunterrichts: Befunde eines Scoping Reviews

        Problemstellung
        Kognitive Aktivierung als bedeutsame Dimension der Unterrichtsqualität verlangt nach einer fachspezifischen Konkretisierung (Praetorius et al., 2018). Für das Fach Sport deuten sich national wie international vielfältige Konzeptionen an, die kognitive Aktivierung entweder begrifflich explizit aufgreifen oder inhaltlich implizit damit verknüpft sind. Derzeit liegt jedoch kein Überblick dazu vor, welche Merkmale einen kognitiv aktivierenden Sportunterricht konzeptionell charakterisieren und wie diese Anwendung und Akzeptanz finden. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, welche Merkmale zur Gestaltung eines kognitiv aktivierenden Sportunterrichts konzeptualisiert und wie diese umgesetzt werden.

        Methodisches Vorgehen
        Es wurde ein Scoping Review (Tricco et al., 2018) in nationalen wie internationalen Datenbanken (z. B. ERIC, Scopus, FIS-Bildung) durchgeführt. Dabei wurde mit deutsch- und englischsprachigen Suchbegriffen (z. B. kognitiv*, Unterrichtsqualität, higher-order thinking) für den Zeitraum 2000-2020 gesucht und insgesamt 4798 Treffer gefunden. Die Studienauswahl erfolgte anhand definierter Einschlusskriterien (z. B. empirische Arbeiten) auf Titel-, Abstract- und Volltextebene von zwei Wissenschaftler:innen. Schließlich wurden 52 empirische Studien eingeschlossen und inhaltsanalytisch ausgewertet.

        Ergebnisse
        Auf Ebene der Konzeption wurden insgesamt neun charakteristische Merkmale identifiziert. Offene Problemstellungen werden in den Studien besonders häufig als bedeutsames Merkmal der kognitiven Aktivierung gesehen. Weitere Merkmale liegen etwa in dem Bezug zum Vorwissen oder der sozialen Interaktion. Zu den weniger verbreiteten Merkmalen zählen zum Beispiel schriftliche Unterrichtsmaterialien.
        Auf Ebene der Umsetzung zeigt sich, dass diese methodischen Merkmale in den vorliegenden Studien im Sportunterricht beobachtbar sind, Sportlehrkräfte bei einzelnen Merkmalen aber mitunter Schwierigkeiten haben (z. B. bei der Gestaltung von Reflexionsphasen). Damit einher gehen ambivalente Haltungen sowohl von Sportlehrkräften als auch von Schüler:innen (Akzeptanz vs. wahrgenommener Konflikt zur Bewegungszeit).

        Diskussion
        Die vorliegenden Befunde lassen erkennen, dass die identifizierten Merkmale zur kognitiven Aktivierung in einem engen Verhältnis mit der Dimension der konstruktiven Unterstützung stehen und teils große Überschneidungen erkennbar sind. Ein Forschungsdesiderat zeigt sich bei der Umsetzung. Während Sportlehrkräfte recht häufig befragt werden, so liegen derzeit kaum Befunde aus Schüler:innenperspektive vor.

        Literatur
        Praetorius, A.-K., Klieme, E., Herbert, B. & Pinger, P. (2018). Generic dimensions of teaching quality: the German framework of Three Basic Dimensions. ZDM, 50, 407-426.
        Tricco, A. C., Lillie, E., Zarin, W., O'Brien, K. K., Colquhoun, H., Levac, D. et al. (2018). PRISMA Extension for Scoping Reviews (PRISMA-ScR): Checklist and Explanation. Annals of internal medicine, 169, 467-473.

        Sprecher: Clemens Töpfer (Friedrich-Schiller-Universität Jena), Sophie Engelhardt (Eberhard Karls Universität Tübingen), Julia Hapke (Eberhard Karls Universität Tübingen)
      • 35
        Ungewissheitsfreundlicher Sportunterricht – Das Transferprojekt „AUFTAKT“

        Einleitung
        Das hier vorgestellte Transferprojekt „Aufbruch ins Ungewisse – Lehrkräfte aktivieren Schüler:innen“ (AUFTAKT) bedient sich der theoretischen Basis eines aktivierenden Sportunterrichts (Wibowo et al., 2021). In einer bildungstheoretischen Auslegung dessen soll das Unterrichtskonzept eines ungewissheitsfreundlichen Fachunterrichts leittragend sein, bei dem offene, (teilweise) irritierende Settings im Sportunterricht als Chance gesehen werden, Schüler:innen zum eigenständigen, kreativen Sporttreiben anzuregen und so Beispiele für einen produktiven Umgang mit komplexen, herausfordernden Situationen und Ungewissheit erfahrbar werden zu lassen (Bähr et al., 2016; Bietz & Scherer, 2017; Koller, 2018).

        Ko-Kreativer Transfer
        Ziel von AUFTAKT ist es, mit Sportlehrkräften ko-kreativ bereits ausgearbeitete Unterrichtsvorhaben für die jeweiligen Schul- und Klassensituation zu adaptieren, die das Unterrichtskonzept eines ungewissheitsfreundlichen Fachunterrichts umsetzen. Die geschieht in gemeinsamen Workshops, Erprobungs- und Auswertungsphasen. Aus dem Projekt soll ein Praxisleitfaden sowie ein Fortbildungsformat für Lehrkräfte hervorgehen.

        Transferforschung
        Zur Rekonstruktion des Transferprozesses werden die ko-kreativen Arbeitsprozesse während der Durchführung des Kurz-Workshops audiographiert und im Anschluss an die gesamte Intervention alle beteiligten Akteur:innen mit Hilfe eines Leitfaden-Interviews (Krieger, 2008) interviewt. Die Datenauswertung erfolgt mithilfe der (offenen und axialen) Kodierverfahren der Grounded Theory, bei der die folgende Forschungsfrage leitend ist: „Wie Erleben die Akteur:innen den Transfer des Konzeptes eines ungewissheitsfreundlichen Fachunterrichts auf die sportunterrichtliche Praxis?“. Die Durchführung ist für Mitte März/April 2022 geplant, so dass auf der Tagung erste Ergebnisse präsentiert werden können.

        Literatur
        Bähr, I., Bechthold, A., & Krieger, C. (2016). Ungewissheit im bewegungsbezogenen Bildungsprozess. Zeitschrift für Sportpädagogische Forschung, 4(1), 25-40.
        Bietz, J., & Scherer, H.-G. (2017). Sportliches Bewegen zwischen Krisen des Handelns und ästhetischer Erfahrung - ein Beitrag zu einer sportpädagogischen Gegenstandsbestimmung. Zeitschrift für Sportpädagogische Forschung, 5(2), 67-86.
        Koller, H.-C. (2018). Bildung anders denken : Einführung in die Theorie transformatorischer Bildungsprozesse (2. Auflage). W. Kohlhammer Verlag.
        Krieger, C. (2008). Leitfaden-Interviews. In W.-D. Miethling (Hrsg.), Qualitative Forschungsmethoden in der Sportpädagogik. (S. 45-63). Hofmann.
        Wibowo, J., Krieger, C., Gerlach, E., & Bükers, F. (Hrsg.). (2021). Aktivierung im Sportunterricht (2. Auflage). Universität Hamburg. https://doi.org/10.25592/AktivierungImSU.

        Sprecher: Ole Stabick (Universität Hamburg), Ingrid Bähr (Universität Hamburg), Claus Krieger (Universität Hamburg)
      • 36
        Zum Einfluss verschiedener Aktivierungsformen auf das Erlernen einer motorischen Fertigkeit

        Einleitung
        Die Aktivierung ist elementarer Bestandteil des Sportunterrichts, wobei diskutiert wird, wie und wozu Schüler:innen überhaupt aktiviert werden. Oftmals werden emotionale Prozesse vernachlässigt, obwohl sich die Forschung der Bedeutung für das Lernen bewusst ist (Geßmann, 2014). Es wird vermehrt auf die emotionale Qualität sportlicher Aktivität sowie den übergeordneten Auftrag, Schüler:innen Bewegungsfreude zu ermöglichen, verwiesen (Brandl-Bredenbeck & Schulz, 2016). Umso wichtiger ist eine Berücksichtigung freudbetonter Sequenzen in konzeptionellen Überlegungen zu einer schüler:innengerechten Gestaltung der Vermittlung im Sport.

        Methode
        Die Studie wurde mit Schüler:innen der Klasse 5 (n = 50), der Klasse 10 (n = 38) und Sportstudierenden (n = 42) durchgeführt. Dabei wurden die Auswirkungen verschiedener Aktivierungsformen durch jeweils drei Gruppen (Interventionsgruppe (IV) I = standardisiertes Lauf-ABC, IV II = freudbetonte Bewegungsspiele, Kontrollgruppe (KG) = keine Aktivierung) auf das Erlernen der 3-Ball-Jonglage über einen Zeitraum von 16 Wochen erhoben. Im Anschluss an die Aktivierung von zehn Minuten startete eine zehnminütige Übungsphase. Zu drei Zeitpunkten (Pre, Post und Retention) wurde der Leistungsstand durch die maximale Anzahl erfolgreicher Würfe aus drei Versuchen ermittelt, wobei der zeitliche Abstand jeweils acht Wochen betrug und zwischen Post und Retention keine Intervention stattfand.

        Ergebnisse
        Die rmANOVA zeigte für die IV II einen hoch signifikanten Interaktionseffekt Zeit x Gruppe, F(1,28; 51,33) = 34,76, p < 0,001, η2 = 0,47. Der Leistungsstand konnte zum Zeitpunkt Post (M = 15,3 ± 15,4) im Vergleich zum Zeitpunkt Pre (M = 3,1 ± 0,8) gesteigert werden und unterschied sich zum Zeitpunkt Post von der IV I (M = 5,9 ± 4,3), p < 0,001. Dieses Ergebnis lässt sich separat für alle Alterskohorten bestätigen.

        Diskussion
        Die Befunde deuten an, dass Aktivierungsphasen im Sportunterricht von freudbetonten Bewegungsspielen profitieren können. Motivation und Emotionen gelten als treibende Kräfte von Lernprozessen und resultieren aus der als sinnvoll erachteten Aktivität der Schüler:innen (Dumont et al., 2010). Durch eine angemessene Auswahl an Aufgabenart und stellung können Sportlehrkräfte freudbetontes Agieren und gleichermaßen positive, vermittlungsrelevante Effekte initiieren sowie den Lernerfolg steigern.

        Literatur
        Brandl-Bredenbeck, H. P., & Schulz, N. (2016). Zum Auftrag des Schulsports – eine Nachlese. Sportunterricht, 65(3), 83–85.
        Dumont, H., Istance, D., Benavides, F., & Boekaerts, M. (2010). The nature of learning. OECD.
        Geßmann, R. (2014). Zum Auftrag des Schulsports: Sportunterricht - ohne Bewegungsfreude ist alles nichts! Sportunterricht, 63(7), 215–216.

        Sprecher: Malte Simon, Heiko Lex
    • Dialogforum: Transfer im Kinder- und Jugendsport Ho 101

      Ho 101

      Obwohl der Transfer eine wesentliche Aufgabe in der Wissenschaft darstellt, fehlen meist systematische Konzepte zum Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis des Kinder- und Jugendsports. Im Dialogforum sollen ausgehend von Wünschen und Bedürfnissen der verschiedenen Akteure aus Wissenschaft, Sportvereins- und Sportverbandspraxis verschiedene Transferformate entwickelt und diskutiert werden. Weiterhin werden die benötigten Rahmenbedingungen für einen gelungenen Transfer erörtert. Dazu werden auch Best-Practice Beispiele aus der Sichtweise verschiedener Akteure vorgestellt.

      Vorsitzende der Sitzung: Ahmet Derecik (Humboldt-Universität zu Berlin), Kathrin Kohake (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
    • Bildungspolitischer Abend zum Wissenstransfer (anschließend Foodtrucks und Musik) Ballsporthalle

      Ballsporthalle

      Eine zentrale Aufgabe des Wissenstransfers ist der Dialog zwischen Wissenschaft und Politik. In diesem Sinne diskutieren am Donnerstagabend Gäste aus Wissenschaft, Politik, Verlagswesen und Sportorganisationen in einem lockeren Talkformat über den Wissenstransfer im Sport. Dazu gehören Fragen von Forschungs- und Transferprojekten, Weiterbildung, Publikationkultur und Politikberatung.

      Folgende Gäste haben ihr Kommen zugesagt:

      Prof. Dr. Johannes Wessels (Rektor der WWU Münster)
      Jens Wortmann (Vorsitzender der Sportjugend NRW)
      Susanne Blasberg-Bense (Abteilungsleiterin Ministerium für Schule und Bildung NRW)
      Michael Fahlenbock (Präsident des Deutschen Sportlehrerverbands)
      Prof. Dr. Petra Gieß-Stüber (Universität Freiburg, Projektleiterin "kick für soziale Entwicklung")
      Stefanie Laux (Cheflektorin Springer VS, Wiesbaden)
      Prof. Dr. Erin Gerlach (Universität Hamburg, Sprecher der dvs-Sektion Sportpädagogik und Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Fachdidaktik)
      Lara Stamm (Universität Duisburg-Essen, Nachwuchssprecherin der dvs-Sektion Sportpädagogik)
      Prof. Dr. Miriam Seyda (TU Dortmund, geschäftsführende Herausgeberin der Zeitschrift für sportpädagogische Forschung)
      Prof. Dr. Jens Kleinert (Prorektor der DSHS Köln und geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift für Studium und Lehre in der Sportwissenschaft).

      Die Moderation hat Stephan Schulz-Algie (Löwenhof). Bewegungseinlagen kommen von Studierenden der WWU Münster unter Leitung von Karsten Hoppe (Bewegungstheater GANGART, Köln). Die musikalische Begleitung übernimmt das Duo Soul & Swing (Peter Asmuth und Jan Brüseke).

    • Forum Sportwissenschaft: Bildung braucht Bewegung (gemeinsam mit asp) Fürstenberghaus

      Fürstenberghaus

      Bildung braucht Bewegung – motorische Aktivität fördert Aufmerksamkeit und Lernen von Kindern & Jugendlichen

      Geschlossene Schulen, Spielplätze und Sporthallen – in der Corona-Pandemie mussten Kinder und Jugendliche auf vieles verzichten. Nun soll aufgeholt werden, was sie versäumt haben. Dabei geht es nicht nur um die Leistungen in schulischen Kernfächern, sondern auch um motorische Kompetenzen. Beide Aspekte hängen eng zusammen: Bewegungsaktivitäten fördern die kognitive Entwicklung und das schulische Lernen junger Menschen. In einem gemeinsamen Forum der Jahrestagungen der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) und der Sektion Sportpädagogik der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) diskutieren Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik, schulischer und außerschulischer Praxis über das Potenzial von Bewegung für die kognitive Entwicklung und das schulische Lernen im Kindes- und Jugendalter.

      Die Schirmherrschaft übernimmt Frau Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung.

      Folgende Gäste haben ihr Kommen zugesagt:

      Prof. Dr. Johannes Wessels (Rektor der WWU Münster)
      Prof. Dr. Bernd Strauss (WWU Münster, 2003-2009 Präsident der dvs und 2013-2021 Präsident der asp)
      Prof. Dr. Erin Gerlach (Universität Hamburg, Sprecher der dvs-Sektion Sportpädagogik und Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Fachdidaktik)
      Dr. Amika Singh (Mulier Institute - Centre for Research on Sports in Society, Utrecht, Senior Researcher)
      Dr. Karin Eckenbach (Universität Duisburg-Essen, Akademische Rätin)
      Christiane Piepenbrock (ehemalige Schulleiterin, Expertin für Schulentwicklungsprozesse)
      Christoph Herr (DFB, Koordinator Sportpsychologie und Betreuung der U21-Nationalmannschaft Herren)

      Moderieren wird die Veranstaltung Dr. Dennis Dreiskämper, Studiengangsleiter am Institut für Sportwissenschaft der WWU Münster.

    • 10:00
      Pause
    • AK 2.1: Von der Praxis in die Theorie und zurück: Tanz interdisziplinär erforschen, Tanz beforschen S5

      S5

      Rahmung des Arbeitskreises
      Forschungsgegenstände im Bewegungskontext machen domainspezifische Fragestellungen, vielfältige theoretische Perspektivierungen und multiple methodische Herangehensweisen notwendig. Am Beispiel der BMBF geförderten Projekte „KuBiTanz – Kulturelle Bildungsforschung im Tanz“ und „#vortanz – digitale Hochschulbildung im Tanz“ werden tänzerische Vermittlungssettings aus unterschiedlichen Perspektiven und mithilfe unterschiedlicher Methoden erforscht.
      In diesem Arbeitskreis werden die Forschungsstände sowie die im Rahmen der Forschungsverbünde entwickelten (domainspezifischen) Forschungsinstrumente vorgestellt: Selbstreflexiver Fragebogen für Tanzvermittelnde, domainspezifischer Selbstkonzept- und Kreativitätstest für Kinder sowie eine Forschungsheuristik zur Erforschung von Tanzvermittlung.

      Methodisches Setting
      Das Projekt KuBiTanz ist zweistufig gegliedert: 1) Standortübergreifend wurden tänzerische Vermittlungskontexte mithilfe einer praxeologischen Forschungsperspektive betrachtet, um aus der (Tanz-)Praxis heraus mittels qualitativer Interviews analytische Perspektivierungen zu entwickeln. 2) In vier Teilprojekten wurden darauf aufbauend qualitative und quantitative Forschungsinstrumente entwickelt, die in der Praxis Anwendung finden sollen.
      Im Zentrum des Projektes #vortanz steht die Frage, inwiefern der Einsatz digitaler und KI-basierter Tools Prozesse von Feedback und Reflexion in bewegt-gestalterischen Lehr- und Lernprozessen stützen kann. Dazu werden Methoden aus dem Bereich der Computer Vision und KI methodenkritisch genutzt, um in einem multiperspektivischen Forschungsfokus quantitativ erfassbares Bewegungsverhalten, qualitative Analysen aus dem Tanz und hochschuldidaktische Möglichkeiten zu erproben.

      Zielstellung und Ausblick
      Ziel des Arbeitskreises ist die Darstellung der zirkulären Transferprozesse zwischen Praxis und Theorie, auf deren Basis erste (domainspezifische) Erhebungsinstrumente entstanden sind. Die Erkenntnisse, die mithilfe dieser Instrumente gewonnen werden, können zur Qualität von Bewegungsangeboten beitragen, das Bewegungslernen im Tanz reflexiv unterstützen, aber auch einen Mehrwert multiperspektivischer Designs sportwissenschaftlicher interdisziplinärer Forschung hervorbringen.

      Sitzungsleiter: Esther Pürgstaller (Universität Potsdam)
      • 37
        Von der Praxis in die Theorie und zurück: Entwicklung eines Reflexionstools für Tanzvermittler*innen

        Einleitung
        So vielfältig und divers sich das Feld der Tanzvermittlung zeigt, reproduzieren Forschungsprojekte oft die Diskurse des Feldes, statt die Dimension des praktischen Vollzugs zum Gegenstand zu machen. Diesem Desiderat widmete sich das Projekt KuBiTanz mit einem zweistufigen methodischen Design, um sowohl die Vollzugswirklichkeiten als auch feldimmanenten Diskurse zueinander zu relationieren. In dem Vortrag wird das Tool „X-it“ vorgestellt, das sowohl Dimensionen der Prozessgestaltung und feldimmanente Bildungsansprüche einbezieht, vor allem jedoch die Körperlichkeit der Vermittler:innen in dreifacher Hinsicht in den Blick rückt: körper-leibliche Reflexion in situ, sinnlich-wahrnehmende Begleitung und Gestaltung von Bildungsprozessen sowie kritisch-reflexive Befragung von Feldstrukturen.

        Methode
        Mit einem ethnographisch-praxeologischen Zugang wurden zunächst teilnehmende Beobachtungen und narrativ-episodische Interviews durchgeführt (Breidenstein et al. 2015; Schmitt 2012). Auf dieser Basis wurde ein Analysemodell entwickelt, das das Feld der Tanzvermittlung analytisch durch acht bildungstheoretische Perspektivierungen aufschlüsselt. Der Reflexionsbogen „X-it“ baut darauf auf und wurde in einem mehrstufigen Entwicklungsprozess entwickelt, in den Vermittler:innen das Tool in Feedback-Workshops erproben und diskutieren konnten.

        Ergebnisse
        Tanzvermittlung ist ein komplexes und dynamisches Gefüge, welches sowohl biographisch-habituelle Muster der Teilnehmer:innen und Vermittler:innen, prozessgestaltende Herausforderungen ebenso wie strukturelle Spannungsfelder einschließt. Das Reflexionstool generiert damit Beispiele für multiperspektivische Reflexionsprozesse durch Fokuspunkte und praxisnahe Beispiele und dient zugleich als Professionalisierungsmedium für Vermittler:innen (Spahn & Stern, 2020, Stern & Spahn 2021). Entlang exemplarischer Auszüge aus dem Reflexionsbogen sowie empirischem Material sollen die Reflexionsebenen des Bogens vorgestellt und diskutiert werden. Im Zentrum steht die Dynamik zwischen Selbstadressierung und kritisch-analytischer Perspektivierung.

        Literatur
        Spahn, L., Stern, M. (2020): X-it. (Selbst-)Reflexion für Tanzvermittler:innen in der Kulturellen Bildung. Marburg: Philipps-Universität; URL: https://www.uni-marburg.de/de/fb21/sportwissenschaftmotologie/personenseiten/refbogen.pdf.
        Stern, M., Spahn, L. (2021): Tanzvermittlung reflektieren: Ein (Selbst-)Reflexionstool als Mittel der Professionalisierung. In: Eger, N.; Klinge, A. (Hrsg.) (2021): Wie viel Körper braucht die Kulturelle Bildung? kopaed.
        Stern, M., Hardt, Y., Leysner, M. & Spahn, L. (2020): Tanzvermittlung reflektieren und erforschen!? Forschungsheueristik und Selbstreflexionsbogen für die Diversität des Feldes. In: S. Timm, J. Cosat, C. Kühn und A. Scheupflug (Hrsg.): Kulturelle Bildung. Theoretische Perspektiven, methodologische Herausforderungen und empirische Befunde (S. 335-348). Waxmann.

        Sprecher: Lea Maria Spahn
      • 38
        Von der Praxis in die Theorie und zurück: Entwicklung des tänzerischen Selbstkonzepts bei Kindern

        Einleitung
        Die Persönlichkeitsforschung basiert auf einer facettenreichen und langjährigen Forschungskultur, die zur Operationalisierung das Selbstkonzept (SK) in Anlehnung an Shavelson et al. (1976) heranzieht und damit Wirkzusammenhänge einzelner Teilbereiche beleuchtet. Ein tänzerisches Selbstkonzept (tSK) konnte bisher allerdings nicht validiert werden. Aus der Praxis wissen wir, dass sich Tänzer:innen innerhalb der verorteten Teilbereiche (z.B. physisches SK) nicht ausreichend wiederfinden, da gestalterische oder musikalische Komponenten stets vernachlässigt werden. Der Beitrag soll ausgehend von transferbasiertem theoretischem und praktischem Wissen exemplarisch einer Theorie des tSK bei Kindern als Teilbereich eines ästhetisch-kulturellen Feldes vorstellen (Rudi, 2021). Darüber hinaus fokussiert er die Darstellung des sich hieraus ableitenden Fragebogens, der postulierte Transfereffekte bestimmter künstlerischer Tätigkeiten in den Blick nimmt.

        Methode
        Einem praxeologischen Ansatz folgend wurden Erkenntnisse aus der Praxis mithilfe von bundesweiten Beobachtungen vielfältiger Tanzvermittlungskontexte (N = 64), Expert:inneninterviews sowie narrativ-episodischer Interviews mit Akteur:innen des Feldes (N = 32) gewonnen, tanzspezifische Dimensionen tänzerischer Praxen mit Kodierverfahren der Grounded Theory (Strauß & Corbin, 1996) standortübergreifend herausgearbeitet und diese mit theoretischen Annahmen und empirischen Befunden kumuliert. Aus den das tSK bestimmenden Facetten tänzerischer Selbstzuschreibungen wurden unter Hinzunahme validierter Instrumente angrenzender Felder (u.a. Sport, Musik) Items generiert. Dieser Fragebogen (4-stufige Likert-Skala) wurde dann dem Exploratory-Sequential-Design folgend (Creswell & PlanoClark, 2018) in mehreren Messzeitpunkten Kindern der 3.-6. Klasse unterschiedlicher Schultypen vorgelegt (N1 = 527; N2Pre = 721; N2Post = 676; N3 = 315) und mit faktorenanalytischen Verfahren strukturell finalisiert.

        Ergebnisse
        Unter Berücksichtigung dieser Forschungsschritte kann das tSK bei Kindern mit fünf Facetten abgebildet werden (44 Items: Varianzaufklärung = 62,96%; MSAØ = .970; KMO = .975; p < .001; df = 946; h2Ø = .604): Relevante Personengruppen, Interesse am Tanz, Können/Vergleichsebene, Einstellung zu Tanz/Musik, Rezeption via digitaler Medien. Im Rahmen des Vortrags soll die Hinführung zu diesem Ergebnis vorgestellt und der Einsatz in der Praxis reflektiert werden.

        Sprecher: Helena Rudi (Johannes Gutenberg Universität Mainz)
      • 39
        Von der Praxis in die Theorie und zurück: Entwicklung eines Testverfahrens zur Erhebung tänzerischer Kreativität bei Kindern

        Einleitung
        Die Förderung von Kreativität als Fähigkeit eine Vielzahl von vielfältigen und einzigartigen Ideen zu generieren (Pürgstaller, 2020), ist ein zentrales Ziel der Tanzvermittlung (McCutchen, 2006). Zur Erfassung dieser werden im Tanz überwiegend psychometrische Testverfahren herangezogen, die rein kognitiv-kreative oder motorisch-kreative Aspekte erfassen, dabei allerdings keine tanzspezifische Ausrichtung aufweisen. Dem For-schungsfeld fehlt es an domänenspezifischen Instrumentarien, die tänzerisch-kreative Bildungsdimensionen von Heranwachsenden erfassen können. Im Beitrag soll daher die Entwicklung eines Testverfahrens zur tänzerischen Kreativität für 8-12-Jährige (CDT) vorgestellt werden, das sowohl in der Forschung als auch in der Vermittlungspraxis angewendet werden kann. Dabei wird auf Transferbezüge eingegangen.

        Methode
        Zur Testentwicklung des CDT konnten domänenspezifische Verständnisweisen und kreative Praktiken aus der Praxis generiert werden, indem in einer ersten Phase teilneh-mende Beobachtungen in Tanzsettings sowie Interviews mit Expert:innen und Tanzlehrkräften durchgeführt wurden. Zudem wurden theoretische Modelle und empirische Erkenntnisse aus vorangegangenen Studien sowie bestehende Testverfahren herangezogen. Das daraus entwickelte Testverfahren wurde anschließend empirisch überprüft (N = 223, M = 9.55 ±1.29 Jahre).

        Ergebnisse
        Mithilfe explorativer Faktorenanalysen (ML, Promax) (KMO = .731; Bartlett = .000; MSA > .50) konnte das Testinstrument auf vier Aufgaben und 12 Items, denen eine zwei-faktorielle Struktur zugrundliegt und auf die 51,8 % der Gesamtvarianz entfallen, entwi-ckelt werden: (1) "Flüssigkeit, Vielfalt und Originalität in der Gestaltung von Bewegungspatterns und Kompositionen" und (2) "Vielfalt und Originalität in der Fortbewegung und Einnehmen von Körperformen".

        Diskussion
        Die Ergebnisse liefern nicht nur einen Indikator für die Existenz einer domänenspezifischen Kreativität, sondern heben auch die Notwendigkeit eines multimethodischen, auf Praxis basierenden Vorgehens bei der Entwicklung von (domänenspezifischen) Testverfahren hervor.

        Literatur
        McCutchen, B. P. (2006). Teaching dance as art in education. Champaign, Ill.: Human Kinetics.
        Pürgstaller, E. (2020). Kulturelle Bildung im Tanz: Grundlagen und Befunde zur Wirkung eines Kreativen Tanzangebots auf die Kreativitätsentwicklung von Grundschulkindern. Bildung und Sport: Vol. 23. Wiesbaden: Springer VS.

        Sprecher: Esther Pürgstaller (UnIversität Potsdam), Prof. Nils Neuber (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
      • 40
        KI-basiertes Feedback im Tanz – eine systematische Literaturanalyse

        Der Einsatz und die Bedeutung von computerunterstützten Analysen hat nicht nur im Sportsektor sprunghaft zugenommen. Auch der Bildungsbereich ist zunehmend gefordert, Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Deep Learning und Mensch-Maschine Interaktion zu integrieren (u.a. Ackermann & Egger, 2021; Jörissen et al., 2019; Schmidt, 2020). Bewegungsbezogen geht es um die Lokalisierung und Identifikation von Körperteilen und Personen in Bildmaterial mittels Methoden der Computer Vision und des Maschinellen Lernens im Sinne ergänzender Lehr- und Lernwerkzeuge. Im Forschungsprojekt #vortanz (BMBF) soll daher eine KI-gestützte Software als Lernprozessunterstützung auf Hochschulniveau implementiert und in Bezug auf das motorische Lernen untersucht werden. Das Zusammenspiel von Lernenden, Lehrenden und Technologie als Reflektionsanlass wird zentraler Fokus des vorliegenden Beitrages sein. Konkret werden Möglichkeiten KI-gestützter Feedbackprozesse hinsichtlich der Bewegungsqualität im Bewegungsfeld Tanz analysiert. Ausgangspunkt des Vortrages ist eine systematische Literaturrecherche (PRISMA) in zwölf elektronischen Datenbanken. Die Suchkriterien beinhalten die Aspekte: KI-basiertes Feedback, Interventionsstudie, Tanz/Bewegung/Sport, deutsch- bzw. englischsprachig. Im weiteren Auswahlprozess wird die Suchanfrage weiter eingegrenzt und relevante Daten systematisch aufbereitet nach Studiendesign, Stichprobenbeschreibung, theoretischem Hintergrund, Operationalisierung, Studienziel, Beschreibung des Studieninhalts, Messinstrumenten und Auswertungsmethodik, Wirkdimensionen und Effekten. Die Analyse der Fachliteratur zeigt, dass das Zusammenspiel zwischen Pädagogik und Technologie entscheidend für den Lernerfolg von Teilnehmenden bei technologogestützten Lernsettings ist (Rallis et al., 2020). In der Ergebnisdiskussion werden Potentiale, Medien als Teil kultureller und pädagogischer Praxen, die Bedeutung des Wissenstransfers und die Möglichkeiten und Herausforderungen `digitaler Transformationen´ reflektiert.

        Literatur
        Ackermann, J. & Egger. B. (2021). Postdigitale Kulturelle Bildung: Zur Einführung. In J. Ackermann & B. Egger (Hrsg.), Transdisziplinäre Begegnungen zwischen postdigitaler Kunst und Kultureller Bildung (S. 1-14). Springer VS.
        Jörissen, B., Kröner, S., Unterberg, L. & Schmiedl, F. (2019). Forschung zur Digitalisierung in der Kulturellen Bildung. kopaed.
        Rallis, I., Voulodimos, A., Bakalos, N., Protopapadakis, E., Doulamis, N. & Doulamis, A. (2020). Machine Learning for Intangible Cultural Heritage: A Review of Techniques on Dance Analysis. In F. Liarokapis, A. Voulodimos & N. Doulamis (Hrsg.), Visual Computing for Cultural Heritage (S. 103-119). Springer.
        Schmidt, R. (2020). Post-digitale Bildung. In M. Demantowsky, G. Lauer, R. Schmidt & B. te Wildt (Hrsg.), Was macht die Digitalisierung mit den Hochschulen? Einwürfe und Provokationen (S. 57-70). DeGruyter.

        Sprecher: Kira Siewert, Helena Miko (Deutsche Sporthochschule Köln), Christian Büning (Deutsche Sporthochschule Köln), Prof. Claudia Steinberg (Deutsche Sporthochschule Köln)
    • AK 2.2: Coaching im Wettkampf – Sprachliches Handeln und Interaktion in Spielunterbrechungen im Leistungssport S4

      S4

      Leistungssportliche Wettbewerbe laufen in der Regel auf einen zentralen Fluchtpunkt zu, den es zu erreichen bzw. zu vermeiden gilt – Sieg/Niederlage. Aus dieser Drucksituation heraus ergeben sich für die Athlet_innen und Trainer_innen Anforderungen, die spielerisch-taktisch aber auch interaktiv auszuhandeln sind. Eine zentrale Gelenkstelle bilden spielrahmende (Vor- und Nachbesprechungen) und spielimmanente Unterbrechungen (Viertel-, Satz-, Halbzeitpausen sowie situative Time-outs). In Form und Realisation unterscheiden sich Spielunterbrechungen von Sportart zu Sportart in räumlich-zeitlicher und sozialer Hinsicht. Aber es gibt auch einen gemeinsamen Nenner: ihre Funktion. Mit diesen Unterbrechungen soll das weitere Spielgeschehen erfolgsorientiert ausgerichtet werden. In diesen Situationen offenbaren sich sprachlich-kommunikative und interaktive Handlungskoordinierungen, die bisher nur selten im Fokus sozialwissenschaftlicher Analysen gewesen sind (u.a. Cachay & Borggrefe, 2015; Meyer & Wedelstaedt, 2015). Eine vermehrt sozialwissenschaftliche Hinwendung verspricht jedoch ein großes Potenzial – gerade auch mit Blick auf das aktuelle DOSB-Kompetenzmodell (Sygusch et al., 2020) – für die Professionalisierung von Trainer_innen.
      Das von der Lotto-Sport-Stiftung Niedersachsen geförderte Forschungsprojekt greift dieses Desiderat auf und fragt u.a. danach, wie sich Situationen der Spielunterbrechungen zwischen Trainer_innen und Athlet_innen sprachlich-interaktiv gestalten und welche Ableitungen sich aus diesen Analysen für die Professionalisierung von Trainer_innen in der Aus- und Fortbildung ergeben?
      In dem Arbeitskreis ist zunächst eine ausführliche Projektvorstellung angedacht, die den theoretischen Hintergrund und das methodische Design erläutert (Dennis Wolff). Darauf aufbauend folgen zwei Vorträge, die empirisch-qualitative Einblicke in die Daten geben. Hier liegt der Fokus zum einen auf der sprachlich-kommunikativen Gestaltung (Peter Frei & Dennis Wolff) und zum anderen auf der sozialen Praxis der Positionierungen in den Time-outs (Chrisitian Hungerecker, Dennis Wolff & Peter Frei). Abschließend werden konkrete Überlegungen angestellt, inwiefern mögliche Modi des Wissenstransfers in Verbindung mit dem DOSB-Kompetenzmodel aussehen könnten (Lennart Wehking, Peter Frei & Ralf Sygusch).

      Literatur
      Borggrefe, C. & Cachay, K. (Hrsg.) (2015). Kommunikation als Herausforderung: eine theoretisch-empirische Studie zur Trainer-Athlet-Kommunikation im Spitzensport. Hofmann.
      Meyer, C. & Wedelstaedt, U. v. (2019). Multiparty Coordination Under Time Pressure: The Social Organization of Handball Team Time-Out Activities. In E. Reber und C. Gerhardt (Hrsg.), Embodied Activities in Face-to-face and Mediated Settings. Social Encounters in Time and Space, Bd. 18, S. 217-253. Springer International Publishing.
      Sygusch, R., Muche, M., Liebl, S., Fabinski, W. & Schwind-Gick, G. (2020). Das DOSB-Kompetenzmodell für die Trainerbildung. Teil 1. Leistungssport, 1, 41-47.

      Sitzungsleiter: Dennis Wolff
      • 41
        Coaching im Wettkampf – Theoretische Rahmung und methodisches Forschungsdesign

        Rahmung und Zielsetzung
        Im Forschungsprojekt Coaching im Wettkampf wird die sprachliche und interaktive Machart von Spielunterbrechungen im Leistungssport fokussiert. Die soziale Praxis solcher Unterbrechungen zeigt sich in vielfältigen Formaten, die stellenweise ad hoc (Time-outs) oder spielstrukturell angelegt sind (Spielabschnittspausen) sowie als Rahmung in Form von Vor- und Nachbesprechungen stattfinden. Durch die kurzen Zeitspannen kommt es zu interaktiv verdichteten Settings, die zur Besprechung von Trainer_innen und Athlet_innen genutzt werden. Die überschaubare Studienlage offenbart bisher eher quantitative Analysen bspw. über den Zeitpunkt von Time-outs oder sportpsychologische Arbeiten, in denen die Beweggründe und das retrospektiv wahrgenommene Pausenverhalten evaluiert wird (exempl. Kellmann, 1997). Empirisch-qualitative Studien zur sozialen, körperlichen und sprachlichen Organisation liegen bisher kaum vor (Meyer & Wedelstaedt, 2015), obwohl damit eine zentrale Handlungsanforderung für die agierenden Trainer_innen vorliegt, derer sich im Wettkampf nicht entzogen werden kann.
        Ziel des Forschungsprojektes ist die Analyse der sprachlich-kommunikativen sowie körperlich-interaktiven Machart von Spielunterbrechungen zwischen Trainer_innen und Athlet_innen zu beschreiben und daraus Transferüberlegungen für die Aus- und Fortbildung von Trainer_innen zu erschließen.

        Methodisches Design
        Das forschungsmethodische Design lässt sich als ein Mixed-Method-Design beschreiben, worunter sich sowohl die Anwendung unterschiedlicher methodischer Verfahren als auch die gezielte Kombination von qualitativen und quantitativen Vorgehensweisen fassen lässt (Kuckartz, 2014). So werden neben audio-visuellen Aufnahmen auch Leitfadeninterviews mit den beteiligten Akteur_innen durchgeführt, die mit einer computerlinguistischen Analyse vom Datenkorpus ergänzt werden. Das Erhebungssetting konzentriert sich auf den Spielbetrieb hochrangiger Ligen in den Sportarten Basketball, Tischtennis, Feldhockey und Eishockey. Die gewählte Sampling- und Auswertungsstrategie orientiert sich an der Grounded Theory und folgt einem zirkulären Forschungsverständnis (Strauss & Corbin, 1996).
        Im Vortrag wird die theoretische und methodologische Verortung des Forschungsprojektes veranschaulicht und zur Diskussion gestellt, um damit auch die nachfolgenden Beiträge entsprechend zu rahmen.

        Literatur
        Kellmann, M. (1997). Die Wettkampfpause als integraler Bestandteil der Leistungsoptimierung im Sport. Kovač.
        Kuckartz, U. (2014). Mixed Methods: Methodologie, Forschungsdesigns und Analyseverfahren. VS-Verlag.
        Meyer, C. & Wedelstaedt, U. v. (2015). Teamsubjekte: Rituelle Körpertechniken und Formen der Vergemeinschaftung im Spitzensport. In R. Gugutzer & M. Staack (Hrsg.), Körper und Ritual: sozial- und kulturwissenschaftliche Zugänge und Analysen, S. 97-124. Springer.
        Strauss, A. & Corbin, J. (1996). Grounded Theory. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. PVU.

        Sprecher: Dennis Wolff
      • 42
        Professionalisierung in der Aus- und Fortbildung von Trainer*innen

        Wettkampfcoaching in der Aus- und Fortbildung
        Der abschließende Beitrag beschäftigt sich mit der praxisnahen Implikation der Forschungserkenntnisse des Projekts Coaching im Wettkampf in Aus- und Fortbildungsmodule. Wesentliche Zielstellung ist die Kompetenzerweiterung von Trainer_innen und Athlet_innen auf der Handlungsebene in Wettkampfsituationen, da laut DOSB-Kompetenzmodell „[…] Wissen erst bedeutsam wird, wenn es im Handeln, also beim Gestalten von Training, beim Coachen im Wettkampf oder beim Analysieren von Training oder Wettkampf tatsächlich genutzt wird […]“ (Sygusch et al., 2020, S. 44 f.). Der Beitrag möchte Optionen aufzeigen, wie der Wissenstransfer auf dieser Grundlage in die bestehenden Ausbildungsstrukturen gelingen kann. Mit einer Skizzierung von bisherigen Inhalten zum Themenkomplex Wettkampfcoaching in den Ausbildungscurricula der am Projekt beteiligten Sportverbände wird zunächst der Ist-Zustand beleuchtet.

        Implikationen
        Die sozialkommunikative Kompetenzentwicklung von Athlet_innen und Trainer_innen in Wettkampfsituationen kann für die sportliche Leistungsfähigkeit extrem relevant sein – vor diesem Hintergrund sollen praxisorientierte Lehr- und Lernmethoden zur weiteren Ausdifferenzierung der zuvor dargestellten Ausbildungsmodule diskutiert werden. Dazu werden analysierte Fallbeispiele und daraus gewonnene Erkenntnisse über Interaktionssituationen unter Wettkampfdruck aufgegriffen und der Frage nachgegangen, wie die Koordinierung des Handlungsgeschehens in den stark verdichteten Interaktionsphasen während der Wettkampfpausen erfolgreich gelingen kann. Dieses erfordert die Sensibilisierung für die hohen Anforderungen an die sozialkommunikativen Kompetenzen der beteiligten Personen – Trainer_innen und Athlet_innen aus Individual- oder Mannschaftssportarten. Den Diskurs über die gewinnbringende Verzahnung von Digitaler Bildung und Kompetenzorientierung (Fabinski, Vohle & Nickel, 2018) und das Wissen über den Einfluss der Beziehung zwischen Athlet_innen und Trainier_innen (Jowett, 2017) berücksichtigend, sollen konkrete Vorschläge zur Verankerung dieser Kompetenzerweiterungen in die bestehenden Ausbildungsstrukturen in den Fokus des Vortrags rücken. Hierdurch soll das DOSB-Kompetenzmodell als theoretisches Gerüst präzisiert und konkretisiert werden.

        Literatur
        Fabinski, W., Vohle, F. & Nickel, H. (2018). Digitale Bildung im Sport. Wo stehen wir? Leistungssport, 48 (1), 5.
        Jowett, S. (2017). Coaching effectiveness: The coach–athlete relationship at its heart. Current Opinion in Psychology, 16, 154-158.
        Sygusch, R., Muche, M., Liebl, S., Fabinski, W. & Schwind-Gick, G. (2020). Das DOSB-Kompetenzmodell für die Trainerbildung. Teil 1. Leistungssport, 50 (1), 41-47.

        Sprecher: Lennart Wehking, Prof. Peter Frei (Stiftung Universität Hildesheim, Institut für Sportwissenschaft), Prof. Ralf Sygusch (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
      • 43
        Sprachliches Handeln in Team-Time-outs – Erste Analysen aus dem Spitzenhandball

        Im leistungssportlichen Wettkampf sind Spielunterbrechungen organisational vorgesehen. Und nur um diese Formen soll es in diesem Beitrag gehen, genauer: es interessieren die sprachlichen Gestaltungen von formal-strukturell vorgegebenen Team-Time-outs, hier jetzt im Spitzenhandball. Der Ausgangspunkt ist entwaffnend klar wie originell zugleich – Time-outs finden nicht nur immer und gleichfalls limitiert statt, sondern sie sind auch immer an Sprache (und Sprechen) gebunden. Es gibt zu beidem kein Gegenteil. Selbst dann nicht, wenn es aufgrund des Wettkampfverlaufes nichts zu sagen gibt. In Time-outs ist eingebunden, was zuvor im Wettkampf geschehen ist, und in und mit ihnen wird etwas vorrealisiert, was anschließend zu tun ist. Entweder um weiterhin erfolgreich zu sein oder erfolgreicher zu werden. Schon alleine diese Setzung lässt komplexe Bezeichnungsakte vermuten. Akte, die vor dem Hintergrund unterschiedlicher Akteure, die unter hoher Fristigkeit ein in der Regel bedeutendes Geschehen zu koordinieren haben, eine hohe interaktive Komplexität anzeigen. Die Akteure selbst gehen von einer hohen Relevanz von Time-outs für ein erfolgreiches Wettkampfhandeln aus. Sie gehören zum Repertoire ihrer leistungssportlichen Sozialisation. Über Formen der Gestaltung selbst ist indes wenig bekannt (ausgen.: Cachay & Borggrefe, 2015; Meyer & Wedelstaedt, 2019), obwohl die sportmedialen Inszenierungen seit einigen Jahren mit zunehmender Hingabe die Time-outs in doppelter Bedeutung des Wortes minutiös festhalten. Somit soll der Beitrag schließlich einen tieferen Einblick in die Komplexität von Time-outs gewähren, indem erste Analysen zu Time-outs der Deutschen Handballnationalmannschaft der Herren vorgestellt werden. In den Fokus rücken die Fragen, welche Adressierungen in Time-outs beobachtbar und unterscheidbar sind, wie sprachliche Vorabrealisierungen von anschließenden Wettkampfhandlungen gestaltet sind und wie diese Akte in einem engen Zeitkorsett von max. 60 Sekunden interpunktiert werden. Nach bisherigen Kodierungen von 79 Time-outs (audio-visuell und komplett verschriftet vorliegend) der Jahre 2018 und 2019 lässt sich bereits ein sprachliches Handeln von Trainern und Spielern unterscheiden, das sich verschiedenen Rationalitätsprinzipien verdankt – und das gar innerhalb derselben 60 Sekunden: Kommunikation und Strategie.

        Literatur
        Cachay, K. & Borggrefe, C. (2015). Kommunikation unter Druck: Anforderungen und Strategien wettkampfbezogener Trainer-Athlet-Kommunikation. In C. Borggrefe & K. Cachay (Hrsg.), Kommunikation als Herausforderung: eine theoretisch-empirische Studie zur Trainer-Athlet-Kommunikation im Spitzensport, S. 287-383. Hofmann. Meyer, C. & Wedelstaedt, U. v. (2019). Multiparty Coordination Under Time Pressure: The Social Organization of Handball Team Time-Out Activities. In E. Reber und C. Gerhardt (Hrsg.), Embodied Activities in Face-to-face and Mediated Settings. Social Encounters in Time and Space, Bd. 18, S. 217-253. Springer.

        Sprecher: Prof. Peter Frei (Stiftung Universität Hildesheim, Institut für Sportwissenschaft), Dennis Wolff
      • 44
        Körperliche Positionierungen in Time-out-Situationen

        Um die kommunikativen Akte und sozialen Interaktionen in Auszeiten zu beschreiben und zu interpretieren, bedarf es ergänzend zur Beobachtung des sprachlichen Handelns ebenso einer Beschreibung konkreter Positionierungen der Akteure, die bislang allerdings noch unbeachtet blieb. So finden sich in der Literatur bisher keine Deskriptionen oder gar normative Vorschläge oder Vorstellungen zu sinnvoll erscheinenden Positionierungen, wohl aber geschehen sie in jedem Wettspiel und kein Trainer, gleich welcher Leistungsklasse, kann sich ihrer Durchführung entziehen.
        Auch dieser Beitrag verfolgt nicht das Ziel, optimale Positionierungen – sofern von solchen überhaupt die Rede sein kann – herauszuarbeiten, sondern möchte eine Bewusstheit über vollzogene Positionierungen in den Mittelpunkt zu rücken. Wir verstehen Positionierung(en) und das Positionieren des Körpers im Raum als soziale Praktik, mittels derer Menschen sich selbst und andere in Interaktionen auf einander bezogen als Personen her- und darstellen und auf ihre Identität verweisen und diese in gewisser Weise zum Ausdruck bringen (Goffman, 1991).
        Die Umsetzung dieser Strategie bedarf neben paraverbalem Verhalten, auch nonverbaler Kommunikationsmedien, wie Körperkontakt, Körperhaltung und insbesondere räumliches Verhalten (Ophard & Thiel, 2013). Als nonverbale Technik des impression managements ist die hier beschriebene Praktik an den Körpern der Akteure ablesbar.

        Positionierung im Kontext der Time-out-Situation im Handball
        In unseren Beobachtungen steht das Spielfeld als der Raum im Fokus, in dem sich klassischerweise die sozialen Praktiken des Time-outs vollziehen. Diese Situationen werden mit Beispielpositionierungen aus dem Spitzenhandball veranschaulicht.
        Das Positionieren – in dem Fall der Trainer und der Spieler – ist als vielschichtige und komplexe Praktik zu verstehen, die sich aus mehreren anderen Praktiken zusammensetzt. Der spezifische Handlungsraum Spielfeld bringt ganz eigene Eigenschaften mit sich, die sich auch auf die Positionierungen der handelnden Akteure auswirken. Die relative Bewegungsfreiheit führt iterativ zu einer ständigen Herstellung, Umformung und Auflösung von akustischen und haptischen Räumen (Wolff, 2017).
        In diesem Beitrag soll abschließend nach der Wirkung dieser Positionierungen auf die Akteure gefragt werden. Die Interpretation wird durch videographische Daten des fortlaufenden Spielgeschehens untermauert.

        Literatur
        Goffman, E. (1991): Wir alle spielen Theater. (orig. The presentation of self in everyday life). 7. Aufl. Piper.
        Ophardt, D. & Thiel, F. (2013). Klassenmanagement – Ein Handbuch für Studium und Praxis.Kohlhammer.
        Wolff, D. (2017). Soziale Ordnung im Sportunterricht. Eine Praxeographie.Transcript.

        Sprecher: Christian Hungerecker, Dennis Wolff, Prof. Peter Frei (Stiftung Universität Hildesheim, Institut für Sportwissenschaft)
    • AK 2.3: Vermittlung situationsspezifischer Fähigkeiten und Kompetenzen für den Sportunterricht in hochschuldidaktischen Lehrveranstaltungen Leo 21

      Leo 21

      In der universitären Lehrkräftebildung sollen nicht nur Wissen und Einstellungen, sondern auch die Fähigkeit zur Anwendung dieser kognitiven und affektiven Kompetenzfacetten auf konkrete berufliche Anforderungen vermittelt werden (van Es & Sherin, 2002). Dabei kommt der selektiven Aufmerksamkeitslenkung auf relevante unterrichtliche Situationen und dem theoriegeleiteten Deuten dieser eine hohe Bedeutung zu, da diese Prozesse bereits einen zentralen Teil der Anforderungsbewältigung und damit letztlich eine Voraussetzung für professionelles Handeln darstellen (Blömeke, Gustafsson & Shavelson, 2015; van Es & Sherin, 2002). Da sich der Sportunterricht in vielen Belangen von anderen Schulfächern unterscheidet (spezifische Fachräume und Inhalte, Fokussierung auf Bewegung sowie damit verknüpfte motorische und soziale Prozesse) ergeben sich fachspezifische Anforderungen an die situationsspezifischen Fähigkeiten von Sportlehrkräften. Allerdings liegen erst wenige evaluierte Lehrkonzepte vor, welche systematisch die Vermittlung von situationsspezifischen Fähigkeiten in der universitären Sportlehrkräftebildung anstreben.
      Ziel dieses Arbeitskreises ist es daher den aktuellen Forschungsstand zu bündeln und Perspektiven für die weitere Forschung zu entwerfen.
      • Der Beitrag von Reuker fokussiert die Bedeutung des professionellen Blicks im Kontext eines diversitätssensiblen Sportunterrichts, indem eine qualitative Re-Analyse von Interviewdaten im Hinblick auf die Wahrnehmung und Deutung von Heterogenitätsdimensionen im Kontext des Sportunterrichts präsentiert und diskutiert wird.
      • Der Beitrag von Jürgens und Neuber präsentiert die Entwicklung und Evaluation eines Seminars zur Förderung der professionellen Wahrnehmungskompetenz von Studierenden im Hinblick auf die gleichberechtigte Teilhabe an Sportspielen im inklusiven Sportunterricht.
      • Der Beitrag von Erhorn und Langer stellt die Entwicklung und Evaluation eines Lehrkonzepts zur Vermittlung professioneller Kompetenzen mit dem Fokus Noticing für die Anspruchsdimensionen Anerkennung, Teilhabe und individuelle Förderung im inklusiven Sportunterricht vor.
      • Der Beitrag von Hendricks fokussiert die diagnostische Kompetenz von Sportlehrkräften, indem eine quantitative Studie zur Beurteilungsleistung kognitiver und motorischer Anforderungen in Aufgaben präsentiert und diskutiert wird.

      Literatur
      Blömeke, S., Gustafsson, J.-E. & Shavelson, R. J. (2015). Beyond Dichotomies. Competence Viewed as Continuum. Zeitschrift für Psychologie, 223 (1), 3-13.
      Van Es, E. A. & Sherin, M. G. (2002). Learning to Notice: Scaffolding New Teachers’ Interpretations of Classroom Interactions. Journal of Information Technology for Teacher Education, 10 (4), 571-596.

      Vorsitzende der Sitzung: Jan Erhorn (dvs), Wiebke Langer (dvs)
      • 45
        Der Professionelle Blick im Kontext diversitätssensiblen Unterrichtens

        Die im Arbeitskreis thematisierten situationsspezifischen Fähigkeiten werden auch unter dem Konzept des Professionellen Blicks zusammengefasst (Reuker, 2018), der zu spezifischen Qualitätsmerkmalen guten Unterrichts bereits vielfältig untersucht wurde. In jüngerer Zeit gewinnt diversitätssensibles Unterrichten als Qualitätsmerkmal an Bedeutung, was neben der Berücksichtigung lernrelevanter Unterschiede zum Umgang mit Heterogenität auch eine (selbst)reflexive Auseinandersetzung mit Diversität zur diskriminierungsfreien Förderung umfasst (Reuker & Rischke, im Dr.). Im Sinn des Professionellen Blicks geht es darum, welche Differenzen Lehrkräfte im Unterricht wahrnehmen, wie diese gedeutet und inwieweit diversitätssensible Handlungsentscheidungen getroffen werden. Der Frage, wie sich der Professionelle Blick für dieses Qualitätsmerkmal in Gruppen unterschiedlicher Expertise charakterisiert, geht dieser Beitrag nach.

        Zur Beantwortung wurden bereits erhobene Daten einer größer angelegten Untersuchung, in der der Professionelle Blick im Kontext des Sportunterrichts untersucht wurden (Reuker, 2018), neu ausgewertet. Im Fokus dieses Beitrags stehen die selektiv wahrgenommenen Heterogenitätsdimensionen und damit verbundene Deutungen. Die Daten wurden mittels strukturierender qualitativer Inhaltsanalyse durch zwei Personen unabhängig voneinander kategorial ausgewertet (Mayring, 2010). Im Sinn der deduktiven Kategorisierung wurde die selektive Aufmerksamkeit in Orientierung an die von Wagner et al. (2021) differenzierten fünf Heterogenitätsdimensionen ausgewertet. Die Deutungen wurden im Hinblick auf vorgenommenen Zuschreibungen induktiv kategorisiert.

        Die Ergebnisse zeigen eine verstärkte selektive Aufmerksamkeit auf körperzentrierte Heterogenitätsdimensionen und weichen damit von Erkenntnissen der Studie von Wagner et al. (2021) ab. Dabei finden sich in den Deutungen stereotype Verknüpfungen zwischen den Dimensionen Geschlecht und körperliche Leistungsfähigkeit, die auf stigmatisierende Differenzsetzungen hinweisen. Die Erkenntnisse werden im Hinblick hochschuldidaktischer Ausbildungskonsequenzen zur diversitätssensiblen Professionalisierung von Sportlehrkräften diskutiert.

        Literatur
        Mayring, P. (2010). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (11. Aufl.). Beltz.
        Reuker, S. (2018). „Ich unterrichte so, wie es die Ereignisse erfordern“ – Der Professionelle Blick von Sportlehrkräften und seine Bedeutung für adaptiven Unterricht. Zeitschrift für Sportpädagogische Forschung, 6(2), 31-52.
        Reuker, S., & Rischke, A. (im Dr.). Professionalisierung von Sportlehrkräften für den diversitätssensiblen Unterricht. In S. Ruin & G. Stibbe (Hrsg.), Sportdidaktik und Schulsport – Zentrale Themen einer diversitätssensiblen Fachdidaktik. Hofmann.
        Wagner, I., Bartsch, F., & Rulofs, B. (2021). Unterschiede zwischen Schüler:innen im Sportunterricht in der Wahrnehmung von Lehrkräften. German Journal of Excercies and Sport Research, 51, 277–289.

        Sprecher: Sabine Reuker (ja), Karin Schicklinski
      • 46
        Videobasierte Lehrveranstaltungen zur Förderung Professioneller Unterrichtswahrnehmung – Ein Seminarkonzept zur gleichberechtigten Teilhabe im Sportunterricht

        Ausgangspunkt eines inklusiven Sportunterrichts ist die gleichberechtigte Teilhabe aller Lernenden. Auf Seiten der Lehrkraft erfordert dies, den Blick auf die gesamte Klasse zu richten und die Teilhabeprozesse aller Lernenden zu reflektieren. Die entsprechende Fähigkeit, relevante Ereignisse im Unterricht zu erkennen und zu analysieren, wird als Professionelle Unterrichtswahrnehmung (PUW) bezeichnet (Sherin & van Es, 2009). Da es nur selten in der Universität gelingt, Unterricht in der Sporthalle anzusehen, stellt der Einsatz von Unterrichtsvideos eine wichtige Alternative dar.

        Im Rahmen einer Interventionsstudie im Prä-Post-Kontrollgruppendesign (N=83) wurde der Frage nachgegangen, inwiefern sich die PUW hinsichtlich der gleichberechtigten Teilhabe an Spielen im Sportunterricht durch ein videobasiertes Seminar in der universitären Sportlehrerbildung fördern lässt (Jürgens, 2021). Um die gleichberechtigte Teilhabe wahrnehmbar zu machen, wurde sie zunächst in die drei Aspekte Teilnahme, Teilgabe und Teilsein differenziert und operationalisiert (Heimlich, 2014). Dabei lag der Wahrnehmungsfokus auf den Handlungen einzelner Schülerinnen und Schüler in Sportspielen. Die Studierenden lernten, Handlungen zu erkennen und zu beschreiben, die Rückschlüsse auf die gleichberechtigte Teilhabe zuließen, die beschriebenen Situationen anhand von Indikatoren auf die Teilhabeaspekte zu interpretieren sowie zu beurteilen, inwiefern das unterrichtliche Angebot in der aktuellen Inszenierung eine gleichberechtigte Teilhabe ermöglichte. Um den Transfer in die Unterrichtspraxis anzuregen, sollten zudem mögliche Ansatzpunkte zur Veränderung des Angebotes abgeleitet werden.

        Für die Erhebung der PUW wurde ein eigenes Instrument entwickelt. Die Studierenden analysierten in Freitextantworten einen Videoclip in vier Analyseschritten. Die Antworten wurden standardisiert nach dem Verfahren der skalierenden Strukturierung nach Mayring (2008) kodiert und quantifiziert. Ein signifikanter Wechselwirkungseffekt konnte bei der Tiefe der Beschreibungen (F(1, 81) = 6.51, p = .013, η2partial = .074) und dem Niveau bei der Nennung der Bewertungen (F(1, 81) = 16.56, p< .000, η2partial = .185) nachgewiesen werden.

        Literatur:
        Heimlich, U. (2014). Teilhabe, Teilgabe oder Teilsein? Auf der Suche nach den Grundlagen inklusiver Bildung. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 83(1), 1–5
        Jürgens, M. (2021). Videobasierte Lehrveranstaltungen zur Förderung Professioneller Unterrichtswahrnehmung. Ein Seminarkonzept zur gleichberechtigten Teilhabe im Sportunterricht (Bd. 30). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35579-1
        Mayring, P. (2008). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken (10. Aufl.). Beltz Pädagogik. Beltz.
        Sherin, M. G., & van Es, E. A. (2009). Effects of Video Club Participation on Teachers' Professional Vision. Journal of Teacher Education, 60(1), 20–37. https://doi.org/10.1177/0022487108328155

        Sprecher: Markus Jürgens, Nils Neuber
        Zusatzmaterial Dissertation zum Vortrag
        Zusatzmaterial Videoportale
      • 47
        Qualifizierung von Sportlehrkräften für einen inklusiven Sportunterricht. Entwicklung und Evaluation einer hochschuldididaktischen Lehrsequenz

        Ziel des vom BMBF geförderten Projekts „Qualifizierung angehender Sportlehrkräfte für einen inklusiven Sportunterricht“ ist die Entwicklung und Evaluation eines hochschuldidaktischen Konzepts zur Vermittlung professioneller Kompetenzen für einen inklusiven Sportunterricht. So existiert bisher kein Konzept, welches systematisch auf die Entwicklung situationsspezifischer Fähigkeiten abzielt (Erhorn, Möller & Langer, 2020a).

        Zur Behebung dieses Desiderates wurden zunächst, auf der Folie eines weiten Inklusionsverständnisses und der zentralen Anspruchsdimensionen Anerkennung, Teilhabe und individuelle Förderung, von der Lehrkraft zu bewältigende Anforderungssituationen empirisch ermittelt. Zudem wurden die für deren Bewältigung notwendigen Handlungsweisen, situationsspezifischen Fähigkeiten und Dispositionen (Blömeke, Gustafsson & Shavelson, 2015) bestimmt und in ein Modell professioneller Kompetenzen überführt. Darauf aufbauend wurde eine aus einem Seminar und dem Praxissemester bestehende Lehrsequenz entwickelt, in welcher die ermittelten Anforderungssituationen in Form von Fall- und Portfolioarbeit erschlossen und darauf bezogene Kompetenzfacetten vermittelt werden (Erhorn, Langer & Möller, 2020b; Erhorn & Langer, 2022).

        Im Rahmen der Evaluation wurde die Wirksamkeit des Seminars mithilfe von drei selbst entwickelten Testskalen in Form eines Prä-Post und Interventions-Kontrollgruppen-Designs (N= 256) überprüft und es werden aktuell in deren Rahmen auftretende Lehr-Lern-Prozesse analysiert (work in progress). Studierende der Interventionsgruppe wiesen gegenüber Studierenden der Kontrollgruppe bedeutsame Zuwächse im Noticing in den Kompetenzbereichen Anerkennung (F = 117.902, df = 1, p < .001), Teilhabe (F = 23.293, df = 1, p < .001) und individuelle Förderung (F = 43.053, df = 1, p < .001) auf.

        Im Vortrag werden das Projektdesign vorgestellt und zentrale Ergebnisse der Evaluation des Seminars "Inklusion und Umgang mit heterogenität" präsentiert.

        Literatur
        Blömeke, S., Gustafsson, J.-E. & Shavelson, R. J. (2015). Beyond Dichotomies. Competence Viewed as Continuum. Zeitschrift für Psychologie, 223 (1), 3-13.
        Erhorn, J. & Langer, W. (i. Dr.). Qualifizierungs angehender Sportlehrkräfte für einen inklusiven Sportunterricht. In D. Lutz, J. Becker, F. Buchhaupt, D. Katzenbach, A. Strecker & M. Urban (Hrsg.), Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte für inklusive Bildung (15 Seiten). Münster: Waxmann.
        Erhorn, J., Langer, W., & Möller, L. (2020a). Vorbereitung angehender Sportlehrkräfte auf einen inklusiven Sportunterricht? Eine kritische Bestandsaufnahme hochschuldidaktischer Lehrformate. German Journal of Exercise and Sport Research, 50 (3), 1-14. doi: 10.1007/s12662-020-00668-5
        Erhorn, J., Langer, W., & Möller, L. (2020b). Förderung und Evaluation von situationsspezifischen Fähigkeiten für einen inklusiven Sportunterricht. QfI - Qualifizierung für Inklusion, 2 (1), doi: 10.21248/QfI.33

        Sprecher: Jan Erhorn (dvs), Wiebke Langer (dvs)
      • 48
        Aufgabenanalysefähigkeit von Sportlehrkräften – Eine quantitative Studie zur Beurteilungsleistung kognitiver und motorischer Anforderungen

        Einleitung
        Als Teil der diagnostischen Kompetenz ist die Aufgabenanalysefähigkeit eine fachspezifische kognitive Leistungsdisposition von Sportlehrkräften. Ihr kommt eine hohe unterrichtspraktische Bedeutung zu, da Aufgaben hinsichtlich ihrer Anforderungen und das individuelle Kompetenzniveau der Schüler:innen aufeinander abgestimmt werden. Im kompetenzförderlichen Sportunterricht sollen Lehrkräfte Aufgaben stellen, die das motorische Können sowie einen reflektierten Umgang mit dem eigenen sportlichen Handeln fördern (Gogoll, 2014). Dafür sollten Sportlehrkräfte die kognitiven und motorischen Anforderungen in Aufgaben angemessen beurteilen können. In der Sportdidaktik wurde die Aufgabenanalysefähigkeit bislang nicht untersucht. Hier setzt der Vortrag an und geht der Frage nach, wie gut Sportlehrkräfte das kognitive und motorische Anforderungsniveau in Aufgaben beurteilen können. Darüber hinaus werden mögliche Einflussfaktoren auf die Beurteilungsleistung untersucht.

        Methode
        Kompetenzförderliche Aufgaben wurden systematisch entwickelt und von N=18 Expert:innen (je n=6 Hochschullehrende, promovierte Sportdidaktiker:innen und Fachleiter:innen Sport aus NRW) in Bezug auf ihre kognitiven und motorischen Anforderungen beurteilt. Darauf aufbauend wurden acht Aufgabenpaare gebildet, die sich hinsichtlich ihres motorischen und kognitiven Anforderungsniveaus systematisch unterscheiden. In einem paarweisen Vergleich schätzten abschließend N=62 Sportlehrkräfte das jeweils höhere kognitive und motorische Anforderungsniveau der Aufgaben ein (angelehnt an Rieu et al., 2020).

        Ergebnisse & Ausblick
        Durch die paarweisen Aufgabenvergleiche können Aussagen über die aufgabenbezogenen diagnostischen Fähigkeiten von Sportlehrkräften getroffen werden. Insgesamt beurteilen Sportlehrkräfte kognitive Anforderungen (76,6% korrekte Urteile) etwas besser als motorische Anforderungen (67,6% korrekte Urteile). Zudem konnte kein Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zur Beurteilung der kognitiven und der motorischen Anforderungen festgestellt werden. Diese Ergebnisse könnten ein Hinweis darauf sein, dass beide Beurteilungen auf unterschiedlichen Fähigkeiten basieren. In der Studie wurde darüber hinaus der Einfluss verschiedener Merkmale (u.a. Berufserfahrung) auf die Beurteilungsleistung untersucht. Die Ergebnisse werden im Vortrag präsentiert und ihre Bedeutung für die Gestaltung kompetenzorientierten Sportunterrichts sowie für einen Transfer in die Sportlehrer:innenbildung diskutiert.

        Literatur
        Gogoll, A. (2014). Das Modell der sport- und bewegungskulturellen Kompetenz und seine Implikationen für die Aufgabenkultur im Sportunterricht. In M. Pfitzner (Hrsg.), Aufgabenkultur im Sportunterricht (S. 93-110). Springer VS.
        Rieu, A., Loibl, K., Leuders, T., & Herppich, S. (2020). Diagnostische Urteile als informationsverarbeitender Prozess – Wie nutzen Lehrkräfte ihr Wissen bei der Identifizierung und Gewichtung von Anforderungen in Aufgaben? Unterrichtswissenschaft, 48, 503-529.

        Sprecher: Carl Philipp Hendricks (dvs)
    • AK 2.4: Amplifying the Other(s) – decentralizing the Normal BSH 41

      BSH 41

      "I only realize that I have a different physical expression when I am being looked at from the outside." (Remark, 2019, p. 274)
      Knowledge is never neutral, but always entangled in power structures (Foucault, 2019). Although the idea of scientific objectivity and neutrality is still widely prevailing, there is broad consensus in international feminist, post-colonial and disability studies regarding the situatedness of knowledge: The question of who speaks, i.e., who has the opportunity to research, publish and teach, greatly influences the question of what is being researched, published or taught, and how. Depending on a researcher's positionality, certain experiences and perspectives become less or more likely in the process of scientific knowledge production (Mohseni et al., 2018, p. 22; e. i. o.). In sports pedagogical research and especially when it comes to diversity, participation and physicality, the question becomes urgent who is involved in processes of knowledge production in what ways, and who is not. Perspectives of students, particularly of those who are marked as the Others in any way, continue to be tacitly marginalized in sports education research in German-speaking countries (Giese, 2019; Ruin & Meier, 2018).
      The symposium follows the conference topic posing the question, whose knowledge is transferred "from practice to practice" (Meinberg, 1996). The contributions shed light on how the knowledge of Others can contribute to addressing diversity and enabling participation in Physical Education from several perspectives and on different levels: students and teachers, theory, curriculum and practice, national and international.

      Sources
      Foucault, M. (2019). Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses (17. Auflage). Suhrkamp.
      Giese, M. (2019). Konstruktionen des (Im-)Perfekten. Skizze einer inklusiven Fachdidaktik im Spiegel der Disability Studies. Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft, Bd. 281. Czwalina.
      Meinberg, E. (1996). Hauptprobleme der Sportpädagogik: Eine Einführung (3., unveränd. Aufl). Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
      Mohseni, M., Merl, T., & Mai, H. (2018). Wer Wissen schafft: Zur Positionierung von Wissenschaftlerinnen. In H. Mai, T. Merl, & M. Mohseni (Hrsg.), Pädagogik in Differenz- und Ungleichheitsverhältnissen: Aktuelle erziehungswissenschaftliche Perspektiven zur pädagogischen Praxis (S. 19–36). Springer VS.
      Remark, B. C. (2019). Wir sind immer auch die Anderen. Ein Essay über Körperlichkeit und Normativität im Mensch-Sein. In B. Wuttig & B. Wolf (Hrsg.), Körper Beratung (S. 273–280). transcript.
      Ruin, S., & Meier, S. (2018). Fragt doch mal uns! Potenziale und Herausforderungen im inklusiven Sportunterricht aus Schülerperspektive. Leipziger sportwissenschaftliche Beiträge, 59(1), 67–87.

      Sitzungsleiter: Brigitta Höger
      • 49
        Subjective Constructions of Social Hierarchy in Physical Education Classes among students with Visual Impairments in Germany

        Regardless of controversial educational policy debates around Article 24 (2a) of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD) on co-education or segregation of students with and without disabilities, there is widespread agreement that inclusion cannot be determined by whether someone is present in certain activities or spaces, but by whether feelings of appreciation, acceptance, and belonging occur (Haegele, 2019). In this sense, the conceptualization of inclusion as a subjective "feeling of being valued” is emphasized (Stainback&Stainback, 1996, Goodwin & Watkinson, 2000). Therefore the voices of students with disabilities need to be investigated to better understand subjective experiences in inclusive settings (Giese 2016).

        The aim of this study was to reconstruct subjective experiences in PE and feelings of being valued within PE classes in Germany by students with visual impairment (VI). 4 students (average age: 19,25 years) participated in the study from the upper level secondary school. For the reconstruction of experiences of feeling valued, episodic interviews with a semi-structured interview guide were used. Based on a qualitative oriented qualitative text analysis (Ruin, 2019) and in search of a deeper understanding of positive feelings of being valued and experiences of bullying, we identified social hierarchy as an underlying structure determining the students’ perceived positioning within the social context and thus directing their feelings of being (de-)valued. The analyses show how complexly social hierarchy manifests itself, integrated into social, (school) structural, location- and group-specific as well as personal circumstances. Within schools, there is always a social hierarchy, and the students interviewed felt they were at the bottom of that hierarchy. Hence, it is not the setting per se that determined social hierarchy, but it is more about the concrete and complex manifestation of social hierarchy.

        Literature:
        Giese M. (2016). Inklusive Fachdidaktik Sport–eine Candide im Spiegel der Disability Studies. Zeitschrift für Sportpädagogische Forschung, 4(2), 85–102.
        Goodwin D.L., Watkinson E.J. (2000) Inclusive Physical Education from the Perspective of Students with Physical Disabilities. Adapt. Phys. Act. Q., 17, 144–160.
        Haegele J. (2019) Inclusion Illusion: Questioning the Inclusiveness of Integrated Physical Education. Quest. 71(4), 387–397.
        Ruin, S. (2019). Categories as an Expression of an Identified Observer Perspective? A Constructive Proposal for a more Qualitative Qualitative Content Analysis. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 20(3).
        Stainback W., Stainback S. (1996). Collaboration, support network and community construction. In: Stainback S., Stainback W., editors. Inclusion: A Guide for Educators (223-232). 3rd ed. Paul, H. Brookes Publishing.

        Sprecher: Jana Baumgärtner, Martin Giese, Justin Haegele (Old Dominion University), Sebastian Ruin (ja)
      • 50
        Deviant Bodies – Discursive Othering in Physical Education

        In line with the symposium topic, the contribution approaches the fundamental question "Who become the Others in Physical Education (PE)?". Following Foucault (2019), discourses are complex formations of power-knowledge-structures which call the things they speak of into existence. Discourses bring forth social differences, which are intersectionally entangled and inscribed into subjects and their bodies (Riegel, 2016), through discursive practices of Othering (Spivak, 1994). Othering describes the identification and categorization of entities along hierarchically organized binary oppositions within societal power structures. Through Othering, discourses constitute and maintain normality and deviance in specific socio-historic contexts. How children and adolescents come to understand their own physicality largely depends on wider societal discourses on bodily norms and ideals, and while the body takes the center stage in sports and PE, research on how these discourses are negotiated in PE remains rather scarce in German-speaking contexts (Thiel et al., 2020).
        This contribution addresses the question, how discursive constructions of the normal and deviant body perpetuate in-/equality and mechanisms of in-/exclusion in PE. Data material from interviews with 25 PE teachers from the Vienna area was analyzed with discourse analysis in a four-dimensional intersectional framework of gender, race/ethnicity, class and body (Winker & Degele, 2009). Results show the actualization of deeply rooted hegemonial body discourses in PE, which sustain the marginalization of students whose bodies are marked as deviant from the male, white, slim and able-bodied norm. Norms of physical performance as an expression of acquired cultural and physical capital depend on these actualizations to maintain established power structures. Resistant discursive positions shed light on how to destabilize existing power relations and value all students in their individual physicality. Based on these results and in order to facilitate equality and participation in PE for everybody and all bodies, possible discursive shifts and opportunities for further research are discussed.

        References
        Foucault, M. (2019). Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses (17. Auflage). Suhrkamp.
        Riegel, C. (2016). Bildung-Intersektionalität-Othering: Pädagogisches Handeln in widersprüchlichen Verhältnissen. Transcript.
        Spivak, G. C. (1994). Can the Subaltern speak? In P. Williams & L. Chrisman (Eds.), Colonial discourse and post-colonial theory: A reader (p. 66-111). Longman.
        Thiel, A., John, J., & Gropper, H. (2020). Körpernormen und Körperdevianzen. In C. Breuer, C. Josten, & W. Schmidt (Hrsg.), Vierter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht Gesundheit, Leistung und Gesellschaft (S. 307-329). Hofmann.
        Winker, G., & Degele, N. (2009). Intersektionalität: Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Transcript.

        Sprecher: Brigitta Höger
      • 51
        Places of exclusion through the lens of the Excluded – an example of transfer?!

        Due to the expansion of the inclusive education movement around the world, diversity is (again) coming into the spotlight. Based on the notion of equitable education as a fundamental right, inclusion in education policy is triggered by discussions about immigration caused by political conflicts (IOM, 2019), and the demand for adapted education for children with disabilities within a general educational setting (UN, 2006). An inclusive education philosophy advocates for holistic development and enhances children’s opportunities to achieve educational goals. As with all other subjects taught in schools, physical education (PE) must also answer the question of how to address students’ diversity or in other words, how to be as inclusive as possible. However, recent research highlights tensions between the educative/inclusive and physical dimensions of PE (Mihajlovic, 2019; Giese & Ruin, 2018).
        Typically, these tensions appear in the conceptualization of performance and assessment. Addressing equitability and performance diversity marks one of the fundamental challenges of pedagogical practice and educational research and is controversially discussed in the context of education, inclusive PE (Giese & Meier, 2022) and sports pedagogy (Hay & Penney, 2012). Especially in the field of sports, so-called performance narratives are predominant and interwoven into basic assumptions of sports pedagogy. From an ableism-critical perspective, such basic assumptions can foster exclusion and systematically prevent the recognition of performance diversity. Adopting the perspective of Disability Studies and its critique of ableism, we unravel the ways in which performance and assessment emerge in two recently discussed approaches in sports pedagogy (cognitive activation, standardized curricula).

        References
        Giese, M., & Meier, S. (2022). Leistung und Inklusion. Ein Debattenbeitrag über „die Überflüssigen“ in der sportpädagogischen Theoriebildung. In N. Gissel & D. Wiesche (Hrsg.), Leistung aus sportpädagogischer Perspektive (in press). Springer VS.
        Giese, M., & Ruin, S. (2018). Forgotten bodies – an examination of physical education from the perspective of ableism. Sport in Society, 21(1), 152-165. https://doi.org/10.1080/17430437.2016.1225857
        Hay, P., & Penney, D. (2012). Assessment in Physical Education: A Sociocultural Perspective. Routledge. https://doi.org/10.4324/9780203133163
        IOM [International Organization for Migration] (2019) World Migration Report 2020. International Organization for Migration, Geneva. Available at: https://publications.iom.int/system/files/pdf/wmr_2020.pdf
        Mihajlovic, C. (2019). Perceptions of the Finnish National Curriculum and Inclusive Practices of Physical Education. Curriculum Studies in Health and Physical Education, 10(3), 247-261. http://dx.doi.org/10.1080/25742981.2019.1627670
        UN [United Nations] (2006) Convention on the Rights of Persons with Disabilities. New York, NY: United Nations.

        Sprecher: Stefan Meier, Prof. Martin Giese
      • 52
        Exploring Inclusion as a Subjective Experience in Physical Education

        Inclusion is typically conceptualized merely in terms of a disconnected and disembodied individual’s presence within a space or proximity to their peers (Haegele & Maher, 2021). This conceptualization is problematic, as it conflates negative experiences in physical education with positive-oriented ideals about inclusion, suggests students with disabilities should ‘fit in’ to existing curricula, and doesn’t take into consideration the subjective experiences of students with disabilities themselves (Haegele, 2019).
        The aim of this presentation is to provide a conceptual understanding of inclusion that extends beyond materiality and the physical existence and considers the subjective experiences of students with disabilities. With that, I will provide an overview of inclusion conceptualized as a subjective experience, and juxtapose this conversation against understandings of integration as a physical placement. Implications, including that inclusive experiences can be extended to non-integrated settings and conversations about the temporal and relational dimensions about inclusion will be introduced. Finally, the importance of co-constructing realities, and the voices of disabled students themselves in understanding the subjective experiences of inclusion, will be described.

        Literature
        Haegele, J. A. (2019). Inclusion illusion: Questioning the inclusiveness of integrated physical
        education. Quest, 71(4), 389-397. https://doi.org/10.1080/00336297.2019.1602547
        Haegele, J. A., & Maher, A. (2022). Autistic youth experiences of belonging in integrated physical education. Autism, 26(1), 51-61. https://doi.org/10.1177/13623613211018637

        Sprecher: Justin Haegele (Old Dominion University)
    • Dialogforum: Transfer im Praxissemester Ho 101

      Ho 101

      Das Praxissemester bietet mit der programmatischen Verknüpfung der Lernorte Hochschule, Schule und ZfL/Studienseminar besondere Potentiale aber auch Notwendigkeiten für Wissenstransfer. Im Zusammenspiel verschiedener Expertisefelder trifft Wissenschaftswissen, als theoretisch-empirisch gesichertes, verallgemeinerbares Wissen über prozessbezogene Zusammenhänge, auf differenziertes einzelfallbezogenes praktisches Erfahrungswissen. Eben diese Schnittstelle gilt es als dialektischen Bezug in das Zentrum (hochschul-)didaktischer Betrachtung zu rücken. Im Dialogforum soll unter Einbezug von Expert*innen der verschiedenen Felder (durchaus auch kritisch) diskutiert werden, wie der Wissenstransfer aktuell gelingt, welche Hemmnisse und Potentiale gesehen werden und welche Stellschrauben relevant scheinen, um einen wechselseitigen Wissenstransfer gehaltvoll werden zu lassen.

      Vorsitzende der Sitzung: Verena Oesterhelt, Nils Ukley
    • Postersession Ballsporthalle

      Ballsporthalle

      • 53
        Analyse des Wahlverhaltens von Schüler*innen in typischen sportunterrichtlichen Kontexten

        Schüler:innen sind in der Schulklasse nicht zuletzt vor dem Hintergrund fachunterrichtlicher Anforderungen in mehrere soziale Netzwerke eingebunden. Dabei spielen insbesondere affektive (z.B. Freundschaften) und kognitiv-instrumentelle Sozialbeziehungen (z.B. Arbeitsbeziehungen) eine Rolle (Zander, Kreutzmann & Hannover, 2017). Gleichzeitig bringen verschiedene Unterrichtsfächer und -situationen spezifische Anforderungen mit sich. Aufgrund dieser Einflüsse bilden sich soziale Netzwerke fach- und kontextspezifisch aus (Vortrag Anonyma B). Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Frage, welche Einflussfaktoren auf diese fachspezifischen Netzwerke wirken. Dabei kommen aus der Forschung bekannte Zusammenhänge von (sport)unterrichtlichen Sozialbeziehungen etwa mit der sportlichen Leistungsfähigkeit (Evans & Roberts, 1987), der Sympathie (Miethling & Krieger, 2004) oder der Motivation (Nelson & DeBacker, 2008) in Betracht.
        Die vorliegende Analyse untersucht das Wahlverhalten von 205 Schüler:innen aus 10 Klassen der 6. Klassenstufe in den sportunterrichtlichen Kontexten des Aufwärmens, der Gruppenarbeit und des Sportspiels. Mit Hilfe regressionsanalytischer Verfahren für Netzwerkdaten können Einflussfaktoren auf die kontextuellen Netzwerke identifiziert werden, wobei weitere Netzwerkdaten (z.B. Sympathiebeziehungen, wahrgenommene Leistungsfähigkeit aus Peersicht) als auch attributbasierte Daten (z.B. Geschlecht, Selbstkonzept) als Prädiktorvariablen in die Modelle einbezogen werden.
        Die Ergebnisse zeigen die Wichtigkeit der Sympathiebeziehungen, der wahrgenommenen Motivation und Leistungsfähigkeit in kognitiv-instrumentell geprägten Kontexten, während das Geschlecht und die Sportnote eine untergeordnete Rolle spielen.

        Literatur
        Evans, J., & Roberts, G. C. (1987). Physical Competence and the Development of Children’s Peer Relations. Quest, 39 (1), 23–35.
        Miethling, W.-D., & Krieger, C. (2004). Schüler im Sportunterricht: Die Rekonstruktion relevanter Themen und Situationen des Sportunterrichts aus Schülersicht (RETHESIS). Schorndorf: Hofmann.
        Nelson, R.M. & DeBacker, T.K. (2008). Achievement motivation in adolescents: The role of peer climate and best friends. Journal of Experimental Education, 76 (2), 170-189.
        Zander, L., Kreutzmann, M. & Hannover, B. (2017). Peerbeziehungen im Klassenzimmer. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 20, 353-386.

        Sprecher: Cornelius Holler
      • 54
        Anspruch und Wirklichkeit bewegter Hochschullehre

        Einleitung
        Das Potenzial einer aktiven und gesunden Hochschule ist allgemein bislang nur unzureichend ausgeschöpft. Dies zeigt u.a. die Zunahme der Sitzzeiten der Studierenden in den letzten 10 Jahren (Castro et al., 2020). Wenngleich aktives Lehren und Lernen diesem Trend effektiv entgegenwirken kann, ist dessen Etablierung in der Hochschullehre bisher kaum vorangeschritten. Zu oft findet Lernen noch ohne Körper- und Bewegungsbezug statt. Dies ist insbesondere verwunderlich, da der lernförderliche Charakter von Bewegung empirisch gut belegt ist (für eine Übersicht: Andrä & Macedonia, 2020). Gefragt sind daher konkrete Richtlinien und Gelingensbedingungen beim Einsatz bewegten Lernens an Hochschulen. Die zentrale Fragestellung ermittelte die Zufriedenheit der Studierenden mit Umfang und Qualität von Bewegung im Hochschulalltag.

        Methode
        An der Untersuchung der Studierendenperspektive haben über einen Online-Fragenbogen im Oktober 2020 insgesamt 784 Studierende der Universität Leipzig (mindestens im
        3. Semester) der Sport- und Erziehungswissenschaftlichen Fakultäten teilgenommen. Der Fragebogen beinhaltete 10 Themenblöcke mit 52 Einzelitems, zu den Aspekten Bewegung (allgemein), Lernen, körperliche Aktivität und Gesundheit.

        Ergebnisse
        95,8 % der Befragten geben an, dass sie sich gern in ihrem Alltag bewegen, wobei jedoch 38,7 % ihrem Bedürfnis nach Bewegung im Uni-Alltag nicht nachkommen können. Dem größten Teil sind die Folgen zu langer körperlicher Inaktivität voll (64,8 %) oder eher
        (29,2 %) bewusst. Die Antworten zum Sitzverhalten verdeutlichen eine hohe Unzufriedenheit, denn die Sitzzeiten in den Lehrveranstaltungen finden 48,2 % eher nicht bzw. 15,9 % gar nicht angemessen. Bei 90-minütiger Lehre beträgt die Wunsch-Sitzzeit aller Befragten 67,0 ± 13,0 Minuten. Insgesamt 86,1 % wünschen sich mehr Bewegungsaktivität in den Vorlesungen und Seminaren und nennen hierzu konkrete Vorschläge, die sie teilweise auch selbst in Lehrveranstaltungen erlebt haben.

        Diskussion
        Lehren und Lernen an Hochschulen ist generell noch eher inaktiv, verbunden mit langen Sitzzeiten. Der Wunsch der Studierenden nach mehr Aktivität ist hoch. Eine Doppelstrategie „Sitzreduktion und Bewegungsförderung“ sollte verfolgt werden, um die Hochschule zu einem gesundheitsförderlichen Setting zu machen. Hier sind Verbesserungen bezüglich des physischen Umfelds (z.B. Gebäudeausstattung) und des Arbeits- und Lernumfelds (z.B. Reflexion von Arbeits- und Lernabläufen) erforderlich (AGH, 2020).

        Literatur
        AGH – Arbeitskreis Gesundheitsfördernde Hochschulen (2020). Zehn Gütekriterien für eine gesundheitsfördernde Hochschule 2020. Unter: www.gesundheitsfoerdernde-hoch-schulen.de/Inhalte/O1Startseite/AGH-10 Guetekriterien.pdf (Zugriff am 24.01.2022)
        Andrä C & Macedonia M (2020). Bewegtes Lernen – Handbuch für Forschung und Praxis. Berlin: Lehmanns Media.
        Castro O, Bennie J, Vergeer I et al. (2020). How sedentary are university students? A systematic review and meta-analysis. PrevSci, 21(3):332–343.

        Sprecher: Christian Andrä, Prof. Markus Spreer (Humboldt Universität zu Berlin), Brian Mathias (University of Aberdeen)
      • 55
        Bildung, Migration und Schulsport – Zur Interpretation von schulischen und sportunterrichtlichen Anerkennungsprozessen und Zugehörigkeitsordnungen in Migrationsbiographien

        Einleitung
        Dieser Beitrag gibt Einblicke in ein Dissertationsprojekt im Kontext reflexiver Migrations- und Diversitätsforschung (Bührmann, 2020), das an zentrale, biografische Studien zur Erfassung von Ungleichheitserfahrungen ‘migrationsanderer‘ (Mecheril et al., 2010) Schüler:innen im allgemeinen Schulkontext anschließt (Bozay, 2016; Rose, 2014). Ausgehend von einem Bildungsverständnis, das neben der Wissens- und Fähigkeitsdimension auch die Genese des Selbst innerhalb der Gesellschaft impliziert, offenbaren sich Anerkennungsprozesse im schulischen Kontext als bedeutsame Faktoren von Bildungsprozessen (Ricken, 2015). Als Abkehr von einer defizit- und differenzorientierten Perspektive analysiert und vergleicht das Projekt Schul(sport)biografien migrationsanderer Schüler:innen, um zu rekonstruieren, wie Erfahrungen schulsportlicher Anerkennungsprozesse von Betroffenen bildungsbiografisch interpretiert und als Bildungsherausforderungen bearbeitet werden (Dausien et al., 2016). Unter Einnahme einer intersektionalen Perspektive werden dabei zugrundeliegende Zugehörigkeitsordnungen auf ihre Strukturen und Prozesse der Erzeugung untersucht.

        **Methoden **
        Im Rahmen des Projekts wurden 10 narrative Interviews mit Personen im Alter von 18 – 35 Jahren geführt, die nach Definition des statistischen Bundesamts einen ‘Migrationshintergrund‘ besitzen und mindestens einen Teil ihrer Schullaufbahn in Deutschland absolviert haben. Die Auswertung erfolgte anhand einer Triangulation aus Narrationsanalyse und Dokumentarischer Methode.

        Ergebnisse
        Erste Ergebnisse zeigen, dass der Schule zwar als Ort der Subjektbildung zum/zur Migrationsanderen eine hohe biografische Bedeutung beigemessen wird. Sie zeigen aber auch, dass die Interviewpartner:innen Anerkennungserfahrungen des Sportunterrichts im Vergleich zu denen anderer Schulfächer nur eine geringe Bedeutung für persönliche und kollektive migrationsgesellschaftlich relevante Subjektbildungsprozesse zuschreiben.

        Literatur
        Bozay, K. (2016). Die Reproduktion von sozialer Ungleichheit durch Ethnisierungsprozesse im Bildungsfeld. In E. Arslan & K. Bozay (Hrsg.), Symbolische Ordnung und Bildungsungleichheit in der Migrationsgesellschaft (S. 277-310). Springer.
        Bührmann, A. D. (2020).Reflexive Diversitätsforschung. utb.
        Dausien, B., Rothe, D., & Schwendowius, D. (2016). Bildungswege : Biographien zwischen Teilhabe und Ausgrenzung. Campus Verlag.
        Mecheril, P., Varela, M. d. M. C., Dirim, I., Kalpaka, A., & Melter, C. (2010). Migrationspädagogik. Beltz.
        Ricken, N. (2015). Was heißt „jemandem gerecht werden“? In V. Manitius, B. Hermstein, N. Berkemeyer, & W. Bos (Hrsg.), Zur Gerechtigkeit von Schule: Theorien, Konzepte, Analysen (S. 131 - 149). Waxmann.
        Rose, N. (2014). Migration als Bildungsherausforderung. transcript-Verlag.

        Sprecher: Marisa Jensen
      • 56
        Curriculumentwicklung zum Aufbau digitaler Kompetenzen in der Lehrer*innenbildung an der DSHS Köln

        Die Nutzung vernetzter digitaler Technologien nimmt in vielen Lebensbereichen einen wachsenden Stellenwert ein. Infolgedessen verändert sich das Informations- und Kommunikationsverhalten und es entstehen neue Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe. Wenngleich Kinder und Jugendliche in einer digitalen Welt aufwachsen, ist nicht zwangsläufig davon auszugehen, dass sie über einen mündigen Umgang mit digitalen Medien verfügen. In Verknüpfung mit dem Begriff der digitalen Mündigkeit werden zugleich Anforderungen an diesbezügliche Vermittlungskompetenzen seitens der Lehrkräfte deutlich. Veränderte bzw. neue Strukturen in den lehrer:innenbildenden Studiengängen sollen diesen Kompetenzaufbau angehender Lehrkräfte ermöglichen.
        Im Rahmen der Förderlinie Curriculum 4.0 NRW (MKW NRW, Stifterverband und DH NRW 2020) wurde an der DSHS Köln eine curriculare Weiterentwicklung der lehrer:innenbildenden Teilstudiengänge für das Fach Sport und die Bildungswissenschaften angestoßen. Theoretisch angelehnt ist dieser Prozess an den Orientierungsrahmen „Lehrkräfte in der digitalisierten Welt“ (Medienberatung NRW, 2020). Dieser gliedert die zu erwerbenden digitalen Kompetenzen für Lehrkräfte in die Entwicklungsbereiche Unterrichten, Erziehen, Lernen und Leisten fördern, Beraten und Schule entwickeln. Für eine präzise Erfassung der Entwicklungsbereiche wurde der Orientierungsrahmen um wissenschaftliche Modellierungen zu digitalen Kompetenzen bei Lehrer*innen ergänzt (u.a. Blömeke, 2000; Herzig & Martin, 2018; Tulodziecki, 2012). Ergänzend zur Analyse bestehender Curricula wurde zur umfassenden Identifikation von Entwicklungsbedarfen im Anschluss an das WS 2021/22 eine Vollerhebung unter den Lehrenden im Fach Sport und in den Bildungswissenschaften (N= 106) durchgeführt, welche den gegenwärtigen Stand der Förderung digitaler Kompetenzen in den Lehrveranstaltungen des Lehramtsstudiums an der DSHS Köln abbildet.
        Im Rahmen der Posterpräsentation sollen erste Ergebnisse dieser Befragung vorgestellt und kritisch hinterfragt sowie Implikationen für die curriculare Weiterentwicklung diskutiert werden.

        Literaturangaben
        Blömeke, S. (2000). Medienpädagogische Kompetenz. Theoretische und empirische Fundierung eines zentralen Elements der Lehrerausbildung. KoPäd.
        Herzig, B., & Martin, A. (2018). Lehrerbildung in der digitalen Welt. Konzeptionelle und empirische Aspekte. In S. Ladel, J. Knopf & A. Weinberger (Hrsg.), Digitalisierung und Bildung (S. 89-113). Springer VS.
        Medienberatung NRW (Hrsg.) (2020). Lehrkräfte in der digitalisierten Welt. Orientierungsrahmen für die Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung in NRW [elektronische Version].
        Tulodziecki, G. (2012). Medienpädagogische Kompetenz und Standards in der Lehrerbildung. In R. Schulz-Zander, B. Eickelmann, H. Moser, H. Niesyto & P. Grell (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 9 (S. 271-297). Springer VS.

        Sprecher: Berit Bremert, Antonia Dreiling, Petra Guardiera, Daniel Klein, Helga Leineweber (dvs), Till Stankewitz, Monika Thomas
      • 57
        Der Einfluss von Kinder-Yoga auf das physische Selbstkonzept – eine videobasierte Interventionsstudie mit Schüler*innen des 3. und 4. Jahrgangs

        Die Stärkung des physischen Selbstkonzeptes (PSK) durch körperliche Aktivität ist für das Kindes- und Jugendalter hinreichend belegt (u.a. Babic et al., 2014). Ersten Studien zufolge hat insbesondere Yoga bereits im Kindesalter einen positiven Effekt auf das PSK; Die Datenlage gestaltet sich im Hinblick auf die Stichprobengröße und Intervention jedoch sehr heterogen (u.a. Richter et al., 2016; Case-Smith et al., 2010). Vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Pandemie mit ihren social-distancing-Geboten stellt sich die Frage, wie die positiven Einstellungen zum eigenen Körper und das Vertrauen in die eigenen körperlichen Fähigkeiten in digital geprägten Lehr-Lernsettings weiterhin gefördert werden können. Innovative digitale Lernzugänge und -formate sollen junge Menschen darin unterstützen, bewegungsbezogene Kompetenzen zu erwerben. Die vorliegende Studie untersucht dahingehend den Einfluss einer in den Unterrichtsalltag integrierten videobasierten Kinder-Yoga-Intervention auf das PSK bei Grundschulkindern (n=103) in einem Prä-Post-Design. Das PSK wurde mittels des Fragebogens zur Erfassung des physischen Selbstkonzepts von Kindern im Grundschulalter (PSK-K) von Dreiskämper et al. (2015) ermittelt. Für die statistische Auswertung wurden Wilcoxon-Tests sowie die Rangkorrelationsanalyse nach Spearman durchgeführt. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich für Kinder mit einem zum ersten Messzeitpunkt unterdurchschnittlich entwickelten PSK der Gesamtscore (p=0,022) sowie die Subscores Allgemeine Sportlichkeit (p=0,003), Beweglichkeit (p=0,014), Koordination (p=0,044) und Kraft (p=0,022) signifikant verbesserten. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass eine videobasierte Yoga-Instruktion für Kinder eine Möglichkeit eröffnen kann, das PSK auch im Schulalltag, z.B. im Rahmen einer bewegten Pause, zu fördern. Eine individuelle Anleitung durch eine Versuchsleitung scheint nicht notwendig. Die digitale Umsetzung im Klassenverbund hat sich als wirksam erwiesen und ermöglicht eine niedrigschwellige Durchführung von Kinder-Yoga in der Schule.

        Literatur
        Babic, M., Morgan, P., Plotnikoff, R., Lonsdale. C., White, R. & Lubans, D. (2014). Physical Activity and Physical Self-Concept in Youth: Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Med 44(11), 1589–1601.
        Case-Smith, J., Shupe Sines, J., & Klatt, M. (2010). Perceptions of Children Who Participated in a School-Based Yoga Program. Journal of Occupational Therapy, Schools, & Early Intervention, 3(3), 226–238.
        Dreiskämper, D., Tietjens, M., Honemann, S., Naul, R. & Freund, P. A. (2015). PSK-Kinder – Ein Fragebogen
        zur Erfassung des physischen Selbstkonzepts von Kindern im Grundschulalter. Zeitschrift Für
        Sportpsychologie, 22
        (3), 97–111.
        Richter, S., Tietjens, M., Ziereis, S., Querfurth, S. & Jansen, P. (2016), Yoga training in junior primary school-aged children has an impact on physical self-perceptions and problem-related behavior. Frontiers in Psychology, Movement Science and Sport Psychology 7(203), 1-34.

        Sprecher: Kristof Grätz (Leibniz Universität Hannover, Institut für Sportwissenschaft), Kira Siewert (Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Tanz und Bewegungskultur), Fenja Geschonke (Leibniz Universität Hannover, Institut für Sportwissenschaft)
      • 58
        Digital Agency und TikTok ist toxic - die Sicht von Jugendlichen auf ästhetisch-kulturelle Praktiken postdigital

        Im Mittelpunkt des Posterbeitrages steht ein Tanzbildungsangebot, welches die digitalen Möglichkeiten von Social-Media-Apps in der Praxis erforscht. Ziel des vorliegenden Beitrages ist eine empirische Annäherung an unterschiedliche Rezeptionsweisen von Tanz auf webbasierten Videoplattformen und den damit einhergehenden Innenperspektiven der Jugendlichen.
        Die Analyse fokussiert die von den Jugendlichen beschriebenen Praktiken und konzentriert sich auf die folgende Forschungsfrage: Welche Perspektiven haben Jugendliche auf die Nutzung smartphonebasierter Apps im Kontext von Bewegungsangeboten im Tanz? Vor dem Hintergrund einer sozial- und kulturwissenschaftlich orientierten, medienpädagogischen Rahmung zum mobilen Lernen (Pachler et al., 2010) bilden Interviews mit Teilnehmenden eines außerschulischen Tanzangebotes (Tanz dein Leben) die Datengrundlage (insgesamt n=4 Interviews mit Jugendlichen zwischen 16 und 21 Jahren (w=2, m=2)). Weitere Datenerhebungen sind in Planung und bis Juni ausgewertet. Inhaltlich wurden die Interviews auf Aussagen bezüglich der Rezeption tänzerischer Inhalte über die Apps TikTok, YouTube und Instagram inhaltsanalytisch in einem iterativen Verfahren computergestützt mittels MAXQDA (2020) analysiert und codiert (vgl. Kuckartz 2018). Die Ergebnisdarstellung orientiert sich an den drei thematischen Hauptkonstrukten (1) kulturelle Praktiken, (2) Handlungskompetenzen und (3) soziokulturelle sowie technologische Strukturen (vgl. Steinberg et al., 2020); sie wird in einem Kategoriesystem präzise unterteilt. Die inhaltsanalytische Kategorie Agency/Handlungskompetenzen zeigt eine interessante Abbildung der zwei sich gegenüberstehenden Perspektiven auf die Nutzung der genannten Social-Media-Plattformen: der Aktivierung und/oder Einschränkung. Die Ergebnisse zeigen, dass die Jugendlichen den Umgang mit videobasierten Plattformen als ambivalent erleben. Instagram und Co. werden sowohl als toxisch als auch persönliches Wachstum fördernd beschrieben.

        Literatur
        Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Beltz.
        Pachler, N., Bachmair, B., & Cook, J. (2010). Mobile learning. Structures, agency, practices. Springer.
        Steinberg, C., Zühlke, M., Bindel, T. & Jenett, F. (2020). Aesthetic Education Revised – a Contribution to Mobile Learning in Physical Education. German Journal of Exercise and Sport Research, 50, 92-101. DOI: 10.1007/s12662-019-00627-9.

        Sprecher: Derya Kaptan (DSHS Köln), Kira Siewert, Stephani Howahl (dvs Mitglied), Prof. Claudia Steinberg (Deutsche Sporthochschule Köln)
      • 59
        Digitale Gesundheitskompetenzen im Fokus der neuen Realität des Sportunterrichts

        Das durch die Corona-Pandemie resultierende Homeschooling benötigte die Entwicklung innovativer digitaler Lehr-Lernkonzepte bei gleichzeitig mangelnder digitaler Infrastruktur und fehlenden digitalen Kompetenzen der Lehrenden und Lernenden (Dadacynski et al., 2020). Die Situation erforderte neben Veränderungen der Lehr-Lern-Prozesse auch die Vermittlung digitaler Gesundheitskompetenzen im Sportunterricht. Das Ziel dieser Studie besteht deshalb darin, die Voraussetzungen für die Vermittlung digitaler Gesundheitskompetenzen im Sportunterricht zu evaluieren, sowie unterschiedliche methodisch-didaktische Herangehensweisen zu diskutieren.

        Der explorativ sequentielle Mixed-Method-Ansatz im Schulsetting integrierte ein Online-Survey mit N=118 Lehrenden der Fächer Biologie und Sport sowie sechs virtuelle Fokusgruppeninterviews mit Lehrenden und Lernenden aus verschiedenen Jahrgangstufen (N= 34). Zur Erfassung der digitalen Gesundheitskompetenz wurde der eHLQ Fragebogen nach Kayser et al. (2018) genutzt. Die qualitative Analyse erfolgte durch inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) mit MAXQDA 2020. Die quantitative Auswertung erfolgte mit IBM SPSS Statistics 28.

        Die Ergebnisse zeigen fehlende digitale Kenntnisse und digitale Infrastruktur, wobei sowohl Lehrende als auch Lernende auf den eigenen Bedarf an Entwicklung digitaler Gesundheitskompetenzen hinwiesen. Sportlehrkräfte wiesen im Vergleich zu Lehrenden anderer Unterrichtsfächer eine geringere digitale Gesundheitskompetenz auf (F(2,99)=4,07, p=,020, Eta2=,107).

        Sportlehrkräfte sehen sich vermehrt mit Veränderungen im Lehr-Lern-Prozess konfrontiert, der digitale Gesundheitskompetenzen erfordert. Es zeigt sich, dass der pandemiebedingte Lockdown das System Schule und besonders den Sportunterricht an seine Grenzen geführt hat und dadurch Entwicklungspotentiale in den infrastrukturellen Voraussetzungen der Schulen, sowie den Kompetenzen der Lehrenden und Lernenden offenbarte. Durch die Notsituation entwickelten sich in kurzer Zeit eine Vielzahl an wegweisenden methodisch-didaktischen Herangehensweisen, die bisher lediglich praxiserprobt, aber nicht theoriebasiert sind. Durch die gezielte Förderung digitaler Gesundheitkompetenzen in Vorbereitungsdienst und Studium könnte ein Wissenstransfer gelingen und Sportlehrkräfte für erneute Distanzunterrichtsituationen handlungsfähig machen.

        Literatur **
        Dadaczynski, K. et al. (2020).
        Digitale Gesundheitskompetenz bei Jugendlichen: Eine mehrperspektivische Betrachtung aus Sicht von Schüler:innen, Lehrkräften und Schulleitungen weiterführender Schulen in Hessen.

        Kayser, L. et al. (2018). A Multidimensional Tool Based on the eHealth Literacy Framework: Development and Initial Validity Testing of the eHealth Literacy Questionnaire. Journal of Medical Internet Research, 20(2), e36.

        Sprecher: Hannes Baumann (Universität Hamburg), Charlotte Meixner (Universität Hamburg), Prof. Bettina Wollesen (Universität Hamburg)
      • 60
        Einführung einer zweijährigen Fachoberschule mit Schulzeitdehnung Modellprojekt zur Vereinbarkeit von Leistungssport und Fachoberschule

        Einleitung
        Die duale Karriere stellt ein Kernelement der sportlichen Nachwuchsförderung dar (DOSB, 2020). Mit besonderen Schulformen soll die zeitliche Doppelbelastung in den Lebensbereichen Sport und Schule gemindert werden (Körner et al., 2017). Für berufsbildende Schulen liegt aktuell ein geringer Erkenntnisstand vor. Das Modellprojekt mit zweijähriger Schulzeitdehnung schafft bundesweit erstmalig die Rahmenbedingungen an einer berufsbildenden Fachoberschule. Das Studienziel bestand darin, die spezifischen Rahmenbedingen hinsichtlich ihrer Konzeption und der Umsetzung im Schul- und Sportalltag zu evaluieren.

        Methode
        Insgesamt nahmen 109 Leistungssportler:innen und 120 reguläre Schüler:innen des Beruflichen Schulzentrums für Technik ,,Gustav Anton Zeuner" Dresden am Modellprojekt teil. Mittels Fragebogen wurden die zeitlichen Ressourcen, die Partizipation an Unterstützungsformen im Schul- und Sportsystem sowie die Zufriedenheit erfasst (Zschätzsch, 2014). Die Fragebogenitems wurden in Abhängigkeit der Klassenform mit (Leistungssport, gedehnt) und ohne Schulzeitdehnung (kein Leistungssport, ungedehnt) deskriptiv ausgewertet.

        Ergebnisse
        Neben der täglichen Lernzeit von 27,0 ± 9,5 min (gedehnt) und 38,7 ± 19,5 min (ungedehnt) besteht für Leistungssportler:innen zusätzlicher Zeitaufwand für das sportliche Training von 107,1 ± 30,9 min pro Tag. Insgesamt nutzen Leistungssportler:innen häufiger Lehrersprechzeiten (gedehnt = 4x/Jahr; ungedehnt = 2,4x/Jahr) und sind zufriedener mit dieser Unterstützung (gedehnt = 2,8; ungedehnt: = 4,6). In beiden Klassenformen wird die Zufriedenheit mit den schulischen Anforderungen ähnlich eingeschätzt (gedehnt = 2,8; ungedehnt = 2,9).

        Diskussion
        Trotz der Doppelbelastung besteht bei den Leistungssportler:innen eine hohe Gesamtzufriedenheit mit ihrer schulischen und sportlichen Entwicklung und kennzeichnet die Vereinbarkeit der Sport- und Bildungskarrieren. Unterstützungsformen im Sport- wie Schulsystem, die häufig genutzt und als bedeutsam eingeschätzt werden, können als Erfolgsindikatoren des Modellprojekts ausgewiesen werden. Perspektivisch ergeben sich Potentialanalysen für die Projekterweiterung auf andere Standorte.

        Literatur
        Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) (2020). NACHWUCHSLEISTUNGSSPORTKONZEPT - Unser Ziel: Dein Start für Deutschland. Frankfurt am Main: DOSB.
        Körner, S., Bonn, B., Grajczak, G., Segets, M., Steinmann, A. & Symanzik, T. (2017). Duale Karriere - Evaluation der NRW-Sportschulen. IMPULSE-Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln, 22 (2). S. 34-39.
        Zschätzsch, D. (2014). Duale Unterstützungsleistungen an den Berliner Eliteschulen des Sports. Eine athletenorientierte Evaluation. Dissertation. Leipzig: Universität Leipzig.

        Sprecher: Andreas Speer (Universität Leipzig), Livia Ratzlaff (Universität Leipzig), Antje Starruß (Berufliches Schulzentrum für Technik ,,Gustav Anton Zeuner" Dresden), Heike Streicher (Universität Leipzig), Hagen Wulff (Universität Potsdam)
      • 61
        Erfassung und Einflussgrößen der Bewegungsbeurteilungskompetenz angehender Sportlehrkräfte

        Einleitung
        Eine der häufigsten Tätigkeiten einer Sportlehrperson ist vermutlich das Beobachten und Beurteilen von Unterrichtssituationen. Dabei insbesondere von spezifischen Bewegungshandlungen, um in der Folge Schülerinnen und Schüler in ihrem Lernprozess optimal zu fördern. Obwohl solche Beurteilungen im Sinne einer fachspezifischen Diagnosekompetenz eine zentrale fachdidaktische Performanz einer Sportlehrperson darstellen, weiss man nur sehr wenig darüber. Die Fähigkeit rasch und adäquat Bewegungshandlungen wahrzunehmen, zu analysieren und daraus die relevanten Schlüsse zur Verbesserung eines (Bewegungs-)Lernprozesses zu ziehen, wird als zentrale Handlungskompetenz einer Sportlehrperson verstanden (Serino, 2020). Welches dabei die relevanten Einflussgrössen auf die Beurteilungsfähigkeit sind, wird in der Fachliteratur kontrovers diskutiert.

        Methode
        Mittels eines Mixed Methods Forschungsdesigns – mit fokussiert qualitativer Prägung – wurde die Beurteilungsfähigkeit von angehenden Sportlehrkräften (n=35) der Zielstufen Sekundar 1 und 2 untersucht. Zur Erfassung der Beurteilungsfähigkeit der Studierenden wurde ein theoretisch-konzeptionell entwickeltes Instrument nach Disler (2005) verwendet. Zur Eruierung relevanter Einflussgrössen wurden die Variablen Erfahrung und Bewegungsperformanz quantitativ ermittelt. Die Variablen Bewegungsvorstellung und Wissen wurden qualitativ in teilstandardisierten Interviews erfasst. Die Datenanalyse erfolgte für die quantitativen Bereiche mittels Korrelationsberechnungen und für die qualitativen Bereiche mittels qualitativer Datenanalyse.

        Ergebnisse
        Es konnte gezeigt werden, dass vor allem die Bewegungserfahrung von Beurteilenden positiv mit ihrer Beurteilungsfähigkeit korreliert. Je häufiger Personen eine Bewegungshandlung, die sie beurteilen sollen, selbst ausgeführt haben, desto adäquater sind ihre Beurteilungsleistungen. Diese sind zudem von der spezifisch zu beurteilenden Bewegungshandlung abhängig. Die Studienresultate legen nahe, dass es keine allgemeine Beurteilungsfähigkeit gibt. Des Weiteren kann kein direkt messbarer Zusammenhang zwischen der Güte der Beurteilung und der Qualität der Bewegungsperformanz in der zu beurteilenden Zielbewegung festgestellt werden. Die Analyse der Bewegungsvorstellung deutet auf die hohe Bedeutsamkeit der Bewegungserfahrung von Beurteilenden hin.

        Literatur
        Disler, P. (2005). Wie viel Abstraktion erträgt die Lernwirksamkeit? Diskussion der Vermittlung einer modellgeleiteten Ausbildungsbotschaft an Sporthochschulen in der Schweiz im Spannungsfeld zwischen Reduktion und Komplexität. Dissertation, Georg-August Universität Göttingen.
        Serino, F. (2020). Bewegungen verstehen als sportpädagogisches Problem: Eine Analyse der Bewegungsbeurteilungsfähigkeit von Sportstudierenden. Göttingen: Cuvillier.

        Sprecher: Flavio Serino (PH Luzern)
      • 62
        FALKE-e: Fachspezifische Lehrerkompetenzen im Erklären – Erklären im Sportunterricht

        Einleitung
        Gut erklären zu können wird als zentrale Professionskompetenz von Lehrkräften beschrieben (vgl. Shulman 1986, S. 9). Dennoch wurde es bislang weder theoretisch noch empirisch umfassend untersucht (vgl. Lindl et al. 2019). Das Projekt FALKE-e widmet sich der fachspezifischen Lehrkräftekompetenz im Erklären. Dadurch sollen Professionalisierungsprozesse bei Studierenden des Fachs Sport untersucht und vorangetrieben werden.

        Methode
        Studierende des Lehramts Sport werden zu Semesterbeginn den Gruppen TG1 (Erklärende), TG2 (Beobachtende) und KG (Kontrollgruppe) zugewiesen. TG1 und TG2 erwerben in einem fachdidaktischen Seminar spezifische, auf das Erklären bezogene Kompetenzen. Zu den Inhalten zählen unter anderem fächerübergreifende und fachspezifische Merkmale einer guten Erklärung. Diese Kriterien sollen in einer zu erarbeitenden 20minütigen Unterrichtsplanung zum Erlernen einer sportlichen Taktik- oder Technikform für die Sekundarstufe 1 speziell berücksichtigt werden. Dabei werden die Studierenden dazu ermutigt, immer wieder bewusst Erklärungen einzubauen. Während TG1 die geplante Unterrichtsminiatur selbst in der Schule durchführt und dabei videografiert wird, beobachtet TG2 themengleiche Einheiten, ohne selbst zu unterrichten. Die Unterrichtseinheiten werden von TG1 und von TG2 mittels der entstandenen Videos reflektiert und überarbeitet. Dieses Vorgehen wird anschließend mit anderen Schülern und Schülerinnen wiederholt. Die KG besucht ein sportdidaktisches Seminar, das keinen speziellen Fokus auf das Erklären legt. Mithilfe videografierter Kurzerklärungen zu Beginn und Ende des Semesters wird der Kompetenzzuwachs der drei Gruppen im Erklären gemessen. Die Videos werden anhand eines Kriterienkataloges, der auf den Merkmalen guten Erklärens basiert, analysiert und ausgewertet.

        Diskussion
        Im Rahmen dieser Studie erproben die Studierenden ihre Fähigkeiten in unterrichtlichem Erklären, entwickeln diese Kompetenzen unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse unmittelbar weiter und nehmen die Wirkung ihres Handelns auf den Unterricht direkt wahr. Die erhobenen Daten sollen zur Verbesserung der Lehrkräftebildung verwendet werden.

        Literatur
        Lindl, A., et al. (2019). “Eine ‘gute‘ Erklärung für alle?! Gruppenspezifische Unterschiede in der Beurteilung von Erklärqualität—erste Ergebnisse aus dem interdisziplinären Forschungsprojekt FALKE,” in Lehrer. Bildung. Gestalten. Beiträge zur empirischen Forschung in der Lehrerbildung. Hrsg: T. Ehmke, P. Kuhl, and M. Pietsch (Weinheim: Beltz), 128–141.
        Schulman, L. (1986). Those who understand: knowledge growth in teaching. Educational Researcher, 15(2), 4-14.

        Sprecher: Lukas Lemberger, Stefanie Pietsch (dvs ja)
      • 63
        Fitnesssport vor Ballsport – Neuere Erkenntnisse zur Entwicklung des Sportengagements von Mädchen im Jugendalter mit und ohne Migrationshintergrund

        Einleitung
        Bisherige Studien der sportbezogenen Migrationsforschung weisen auf eine geringere Sportpartizipation von Mädchen mit Migrationshintergrund (MHG) im Vergleich zu jenen ohne hin (vgl. u.a. Mutz & Burrmann, 2015). Da diese (durchaus heterogene) Gruppe inzwischen einen großen Teil der Mädchen in Deutschland ausmacht (ca. 35 %), ist für die sportpädagogische Forschung wie auch für den Transfer in die Praxis der Schulen und Vereine wichtig, die aktuellen Entwicklungen und Determinanten zu kennen. Theoretisch einordnen lässt sich der vorliegende Beitrag in die soziale Ungleichheitsforschung im Sport (Cachay & Hartmann-Tews, 1998).

        Methode
        Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine Sekundäranalyse von Daten des Jugendfragebogens des Sozio-Ökonomischen Panels (Britzke & Schupp, 2019), bei der Daten von insgesamt 954 Mädchen mit und 2616 ohne MHG im Alter von 16-17 Jahren aus zwei Zeiträumen (2000-2010 und 2011-2018) miteinander verglichen werden. Es wird zunächst deskriptiv dargestellt, wie sich der Anteil an Mädchen mit und ohne MHG am organisierten und nicht-organisierten Sporttreiben im Zeitverlauf verändert und welche Sportarten favorisiert werden. Danach wird mit Hilfe einer binär-logistischen Regression analysiert, ob und welche sozio-kulturellen Faktoren bei den verschiedenen Gruppen einen Einfluss auf das organisierte Sporttreiben haben.

        Ergebnisse
        In nahezu allen Gruppen zeigt sich im Zeitverlauf ein Anstieg des wöchentlichen Sporttreibens allgemein. Beim Vereinssport zeigen Mädchen mit MHG nach wie vor erheblich geringere Anteile. Besonders niedrig ist die Beteiligung türkeistämmiger Mädchen und jener aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Was die Präferenz bei den organisiert betriebenen Sportarten betrifft, so finden sich bei allen Mädchen Zuwächse im Bereich „Fitness-Sport“, während die Teilnahme an Ballsportarten sinkt. Schließlich zeigt die durchgeführte Regressionsanalyse, dass Mädchen mit MHG eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, organisiert Sport zu treiben, wenn sie ein Gymnasium besuchen, also einen höheren Bildungsabschluss anstreben.

        Diskussion
        Mit Blick auf den Wissenstransfer obliegt es der Sportpädagogik, diese Erkenntnisse für Praktiker*innen in Schule und Verein nachvollziehbar aufzubereiten und in geeigneter Form zu vermitteln. So sollte insbesondere auf das große Rekrutierungspotenzial bei jenen Mädchen mit und ohne MHG, die eine zu einem niedrigen Bildungsabschluss führende Schule besuchen, hingewiesen werden.

        Literatur
        Britzke, J., & Schupp, J. (2019). SOEP Wave Report 2018. Berlin: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
        Cachay, K. & Hartmann-Tews, I. (Hrsg.), (1998). Sport und soziale Ungleichheit. Stuttgart: Nagelschmid.
        Mutz, M., & Burrmann, U. (2015). Zur Beteiligung junger Migrantinnen und Migranten am Vereinssport. In U. Zender, U. Burrmann & M. Mutz (Hrsg.), Jugend, Migration und Sport: Kulturelle Unterschiede und die Sozialisation zum Vereinssport (S. 69-90). Wiesbaden: Springer VS.

        Sprecher: Sebastian Gehrmann (Universität Bielefeld), Christine-Irene Kraus (Universität Bielefeld), Natalia Fast (Universität Bielefeld), Prof. Christa Kleindienst-Cachay (Universität Bielefeld), Prof. Valerie Kastrup (Universität Bielefeld)
      • 64
        Freude im Schulsport

        Einleitung
        Regelmäßig ausgeübte sportliche Aktivität wirkt sich auf vielfältige Weise positiv auf die körperliche und geistige Gesundheit aus (Schmidt et al. 2020). Da in der Altersspanne von 11 bis 17 Jahren lediglich 10% der Mädchen und 17% der Jungen die Aktivitätsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erfüllen, ist es die Aufgabe des Sportunterrichts, intrinsische Motivation und Freude für das Ausüben sportlicher Aktivitäten bei Kindern und Jugendlichen zu fördern. Als positiver Affekt reflektiert der Begriff Freude generalisierte Empfindungen wie Spaß, Vergnügen, oder Gefallen und wird mit ähnlichen Grundbedürfnissen assoziiert, die auch Modellen der intrinsischen Motivation zugrunde liegen (Rheinberg 2006; Rodríguez Macías et al. 2021). Dennoch erfolgt terminologisch eine Abgrenzung zwischen beiden Konstrukten, die Deci und Ryan (1985) nach dem Grad erlebter Autonomie vornehmen. Erlebnisse der Freude erhöhen demnach die Wahrscheinlichkeit des selbstbestimmten Aufsuchens von Tätigkeiten. Welche Faktoren innerhalb des Sportunterrichts zu einer Steigerung von Freude bei Schüler*innen führen, ist bisher kaum erforscht. Untersucht wurde daher der Einfluss unabhängiger Faktoren auf das Erleben von Freude im Sportunterricht sowie der Einfluss der erlebten Freude auf die Gesamtaktivität der Schüler:innen.

        Methode
        Es wurden 545 Schüler*innen (11-18 Jahre) eines Gymnasiums in der Nähe von Stuttgart per Fragebogen (FEFS-J) zu der aus ihrer Sicht erlebten Freude im Sportunterricht befragt.
        Der Fragebogen ermittelt Freude anhand eines dreifaktoriellen Modells (Vergnügen, Flow-Erleben, Erholung) und beinhaltet sieben mögliche Einflussfaktoren (Kompetenzerleben, Soziale Eingebundenheit, Sozialer Umgang, Autonomie, Lehrkompetenz, Allgemeine Sportlichkeit, Elterliche Unterstützung). Die Ergebnisse wurden via Regressionsanalyse mit SPSS ausgewertet.

        Ergebnisse
        Die Ergebnisse zeigen einen Abfall der Freude am Sportunterricht, der Gesamtaktivität und der wahrgenommenen sportlichen Kompetenz mit zunehmendem Alter. Die allgemeine Freude am Sporttreiben sowie das Erleben von Kompetenz, Autonomie und sozialer Ein-gebundenheit haben den größten Einfluss auf die wahrgenommene Freude im Sportunterricht. Jungen schätzen sich dabei insgesamt kompetenter ein als Mädchen, erleben mehr Freude am Sportunterricht und weisen insgesamt eine höhere Gesamtaktivität auf. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Freude am Sportunterricht und der Gesamtaktivität der Schüler:innen konnte nicht bestätigt werden.

        Diskussion
        Die befragten Schüler*innen erleben oft Freude im Schulsport. Die Ergebnisse decken sich mit bisherigen Untersuchungen (Gerlach et al., 2006) und zum Erleben von Vergnügen, Erholung und „Flow“-Momenten (Engels und Freund 2018). Dennoch ließe sich die erlebte Freude durch eine Zunahme an Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit steigern. Der altersbedingten Abnahme an Freude im Schulsport sollte über entsprechende Interventionen entgegengewirkt werden.

        Literatur
        Deci, E.L., Ryan, R.M. (1985). Intrinsic motivation and self-determination in human behavior. Plenum.
        Engels, Eliane Stephanie; Freund, Philipp Alexander (2018): Welche Faktoren beeinflussen das Erleben von Freude am Schulsport im Jugendalter? In: Zeitschrift für Sport-psychologie 25 (2), S. 68–78. DOI: 10.1026/1612-5010/a000230.
        Gerlach, E., Kussin, U., Brandl-Bredenbeck, H.P., Brettschneider, W.D. (2006): Der Sport-unterricht aus Schülerperspektive. In: J. Becker (Hg.): DSB-Sprint-Studie: Eine Untersuchung zur Situation des Schulsports in Deutschland. Frankfurt: Meyer & Meyer, S. 115–152.
        Rheinberg, F. (2006): Intrinsische Motivation und Flow-Erleben. In: Jutta Heckhausen und Heinz Heckhausen † (Hg.): Motivation und Handeln. Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag, S. 2–50. Online verfügbar unter https://publishup.uni-potsdam.de/opus4-ubp/frontdoor/deliver/index/docId/1993/file/rheinberg2006.pdf, zuletzt geprüft am 26.11.2021.
        Rodríguez Macías, Manuel; Abad Robles, Manuel Tomás; Giménez Fuentes-Guerra, Francisco Javier (2021): Effects of Sport Teaching on Students' Enjoyment and Fun: A Systematic Review and Meta-Analysis. In: Frontiers in psychology 12, S. 708155. DOI: 10.3389/fpsyg.2021.708155.
        Schmidt, Steffen C. E.; Anedda, Bastian; Burchartz, Alexander; Eichsteller, Ana; Kolb, Simon; Nigg, Carina et al. (2020): Physical activity and screen time of children and adole-scents before and during the COVID-19 lockdown in Germany: a natural experiment. In: Scientific reports 10 (1), S. 21780. DOI: 10.1038/s41598-020-78438-4.

        Sprecher: Thomas Bossmann, Prof. Alexander Woll (Karlsruher Institut für Technologie), Prof. Ingo Wagner (Karlsruher Institut für Technologie)
      • 65
        Förderung motorischer und selbstregulatorischer Kompetenzen im Vorschulalter bei 4- bis 6-jährigen Kindern in einer spielbasierten Intervention

        Einleitung
        Die Entwicklung motorischer Kompetenzen ist im Vorschulalter eng mit dem Aufbau exekutiver Funktionen zur Selbstregulation verbunden (Kubesch & Walk, 2009). Insbesondere kognitiv herausfordernde Bewegungsaufgaben wirken sich positiv auf die Aufmerksamkeitsleistung sowie Gedächtnis- und Kontrollfunktionen aus (Chaddock-Heyman et al., 2013). Entsprechend des Motivationsniveaus und Feedbackbedarfs von Vorschulkindern sollten sie außerdem spielbasiert und angeleitet sein (Weisberg, Hirsh-Pasek & Golinkoff, 2013).

        Methode
        Dazu wurde eine Sammlung an Funktions-, Regel- und Rollenspielen zusammengestellt (Seeger, Bracht, Bohn & Holodynski, 2020) und zu einer Intervention kombiniert, die von einer geschulten Spielleitung durchgeführt und videographiert wurde. Es nahmen 68 Kinder aus vier Kindergärten à zwei Gruppen über 10 Wochen (20 Spielstunden à 45min) teil. Das kindliche Spielverhalten und das Feedback der Spielleitung wurden in acht Spielen anhand einer kategorienbasierten Beobachtung mit Mangold INTERACT (Version 18.1.4.4) erfasst. Das Spielverhalten wurde bzgl. der Motorik, Selbstregulation, Aufmerksamkeit, Kooperationsbereitschaft und Spielfreude auf je einer fünfstufigen Notenskala bewertet. Das Feedbackverhalten wurde jeweils für Motorik und Selbstregulation in den Kategorien kindspezifisches vs. gruppenorientiertes und qualifiziertes vs. allgemeines Feedback kodiert.

        Ergebnisse
        Die vorläufigen Regressionsanalysen zeigten überwiegend signifikante Lernzuwächse. Der Einfluss des Feedbacks erwies sich nicht durchgängig als erklärender Faktor.

        Diskussion
        Der bedingte Einfluss des Feedbacks sowie weitere Einflussfaktoren werden diskutiert.

        Literatur
        Chaddock-Heyman, L., Erickson, K. I., Voss, M., Knecht, A., Pontifex, M. B., Castelli, D., ... & Kramer, A. (2013). The effects of physical activity on functional MRI activation associated with cognitive control in children: a randomized controlled intervention. Frontiers in human neuroscience, 7, 72.
        Kubesch, S., & Walk, L. (2009). Körperliches und kognitives Training exekutiver Funktionen in Kindergarten und Schule. Sportwissenschaft, 39(4), 309-317.
        Seeger, D., Bracht, J., Bohn, C., & Holodynski, M. (2020). BIKO Motorik-Kiste Spielerische Kompetenzen fördern: in der KITA. Verlag Herder GmbH.
        Weisberg, D. S., Hirsh‐Pasek, K., & Golinkoff, R. M. (2013). Guided play: Where curricular goals meet a playful pedagogy. Mind, Brain, and Education, 7(2), 104-112.

        Sprecher: Julia Bracht (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Institut für Psychologie in Bildung und Erziehung, AE Holodynski), Dorothee Seeger (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Institut für Psychologie in Bildung und Erziehung, AE Holodynski), Prof. Manfred Holodynski (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Institut für Psychologie in Bildung und Erziehung)
      • 66
        Förderung von Kompetenzen von Lehrpersonen in der Umsetzung inklusiven Sportunterrichts- Analyse eines evidenzbasierten Weiterbildungsprojekts

        Einleitung
        Im Rahmen eines Dissertationsprojekts wurde ein evidenzbasiertes Konzept einer Fortbildung zum Thema «vielfältig kooperieren im inklusiven Sportunterricht» entwickelt. Anschliessend wurde die Fortbildung mit Lehrpersonen, welche alle ein Kind mit kognitiver Beeinträchtigung im Fach Sport inklusiv unterrichteten, durchgeführt. Diese zielte darauf ab, den Umgang mit heterogenen Sportklassen mittels Einstellungsveränderungen und praxisbezogenen Umsetzungsideen zu verbessern, um den integrierten Kindern mit kognitiver Beeinträchtigung eine verbesserte soziale Partizipation im inklusiven Sportunterricht zu ermöglichen. Dabei wurde vor Weiterbildungsbeginn die personell-situativen Voraussetzungen der einzelnen Lehrpersonen untersucht, um deren Herausforderungen zu verstehen und deren Entwicklung während der Weiterbildungs- und Umsetzungsphase schliesslich in Fallstudien darstellen zu können. Die einzelnen Fallstudien dienen dazu, die Wirksamkeit des Konzepts zu beurteilen, um dieses aufgrund der Befunde zu optimieren.

        Methode
        Der erste Messzeitpunkt (T1) erfolgte kurz vor dem Start der Weiterbildung. Dazu gehörten eine Lehrpersonenbefragung mittels Online-Fragebogen sowie ein Interview mit den Lehrpersonen. Der Einstieg ins Interview beinhaltete ein Stimulated Recall zu einer kritischen Szene aus dem eigenen Unterricht. Um die Umsetzungserfahrungen nach drei Monaten zu eruieren, erfolgte ein weiteres Interview (T2) und ein erneutes Ausfüllen des Online-Fragebogens in gekürzter Form. Nach der zweiten Treatmentphase wurde die Untersuchung mit einem ausführlichen Interview und einer Wiederholung des Stimulated Recalls zur selben Szene wie bei T1 abgeschlossen. Ebenfalls protokollierten die Lehrpersonen die Implementierung der Kursinhalte. Alle Interviews werden nun mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016) ausgewertet und miteinander verglichen und wo möglich mit den Daten der Onlinefragebögen von T1 und T2 trianguliert, um festzustellen, inwiefern sich bei den Lehrpersonen eine Entwicklung abzeichnen lässt. Ebenfalls erfolgt eine deskriptive Auswertung der ausgefüllten Fragebögen zur Implementierung der Kursinhalte.

        Ergebnisse und Diskussion
        An der Posterpräsentation werden die theoretische Fundierung des Weiterbildungskonzepts und die darauf basierenden Weiterbildungsbausteine dargestellt.

        Literatur
        Kuckartz, U. (Hrsg.). (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Beltz Juventa.

        Sprecher: Sonja Lienert
      • 67
        Förderung von motorischen Basiskompetenzen über das Können, Wissen und Wollen der Schulkinder

        Problemstellung
        Der Erwerb von motorischen Basiskompetenzen (MB) wird in der Grundschule als wichtiges Mindestziel angesehen (Herrmann, 2018). Demnach sollen Schulkinder solche MB aufbauen, mit denen sie an der Sport- und Bewegungskultur teilhaben können. Dieses Ziel findet sich als motorisches Können bereits seit Jahrzenten in den Grundschulcurricula wieder. Allerdings hat sich der Sportunterricht im kompetenzorientierten Paradigma unlängst über das motorische Können hinaus erweitert. So entfaltet sich kompetenzorientierter Sportunterricht vom bloßen motorischen Können hin zum (reflexivem) Wissen im Sinne einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand und Wollen im Sinne der Bereitschaft, das Können zu nutzen (Kurz, 2008). Gleichzeitig zeigen Studien, dass ein Teil der Kinder in der Grundschulzeit keine hinreichenden MB aufbaut (Wälti et al., accepted). Daher drängt sich die Frage auf, wie der Sportunterricht der Grundschule die MB gezielt fördern kann.

        Methode
        Für die zweite und vierte Schulstufe wurde eine 8-wöchige kompetenzorientierte Unterrichtsreihe entwickelt. Sie implementierte Maßnahmen zur aktiven (Können), kognitiv-reflexiven (Wissen) und selbstregulierten (Wollen) Auseinandersetzung mit den MB. Die unmittelbaren und überdauernden Effekte der Unterrichtsreihe auf die MB wurden in einer Interventionsstudie in der 2. (NIG=62, NKG=54) sowie der 4. Schulstufe (NIG=54, NKG=46) überprüft und über Regelunterricht-Gruppen kontrolliert. Getestet wurden die MB an drei Messzeitpunkten mit den MOBAK-1-2- bzw. MOBAK-3-4-Test (Herrmann, 2018). Berechnet wurden Varianzanalysen mit Messwiederholung für die MB Sich-Bewegen, Etwas-Bewegen und für eine übergreifende Gesamtkompetenz.

        Ergebnisse
        Es zeigten sich positive ZeitxGruppe Interaktionen in der 2. (Sich Bewegen: η²=.04, p=.03; Etwas-Bewegen: η²=.03, p=.08; Gesamtkompetenz: η²=.07, p<.01) und der 4. Schulstufe (Sich Bewegen: η²=.06, p=.02; Gesamtkompetenz: η²=.04, p=.04). Weiters wurden durchgängig Zeiteffekte gefunden.

        Diskussion
        Die Ergebnisse deuten die Möglichkeit hin, dass MB im Sportunterricht durch eine gezielte Unterrichtsreihe gefördert werden können. Dass diese Effekte nicht generell sind, zeigt der tendenzielle (p = .08; 2. Schulstufe) bzw. ausgebliebene (4. Schulstufe) Interaktionseffekt zu Etwas-Bewegen. Dies kann u.a. in allgemeine Lern- und Entwicklungseffekten begründen sein weist auf Limitierungen in der Standardisierbarkeit von schulischen Interventionen hin.

        Literatur
        Herrmann, C. (2018). MOBAK 1-4. Test zur Erfassung Motorischer Basiskompetenzen für die Klassen 1-4. Göttingen: Hogrefe.
        Kurz, D. (2008). Der Auftrag des Schulsports (1). Sportunterricht, 57(7), 211-218.
        Wälti, M., Sallen, J., Adamakis, M., Ennigkeit, F., Gerlach, E., Heim, C., Herrmann, C. (accepted). Basic motor competencies of 6-to 8-year-old primary school children in ten European countries: a cross-sectional study on associations with age, sex, BMI and physical activity. Frontiers in psychology.

        Sprecher: Benjamin Niederkofler (Pädagogische Hochschule Salzburg)
      • 68
        Individualisierte Dopingprävention: Zwischen Selbst- und Fremdbestimmung

        Abstract
        Ziel des vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderten Projekts (2020-2021) war es zu untersuchen, inwieweit eine Athlet:innen-Beteiligung in der internationalen Dopingprävention vorliegt, um daraufhin systematisch Handlungsempfehlungen und ein Best-Practice-Modell für die Dopingpräventionsarbeit der Nationalen Anti-Doping Agentur Deutschland zu konzipieren.
        Im Rahmen eines partizipatorischen Vorgehens (Unger, 2014) wurde eine theoriegeleitete Analyse nach systemtheoretischen (Luhmann, 1992), partizipatorischen (Arnstein, 1969; Roger, 1992; Coelen, 2019) und psychologischen Gesichtspunkte (Deci & Ryan, 1985) durchgeführt, das sich durch eine methodisch aufeinander bauende Trias auszeichnete: Dokumentenanalyse, leitfadengestützte Expert:innen-Interviews und Gruppen-Delphi.
        Prinzipiell bedarf es demnach in der Dopingprävention einer stärkeren Individualisierung entlang von Grundbedürfnissen (Deci & Ryan, 1985). Individualisierte Zugänge ermöglichen eine Mitbestimmung an den eigenen impliziten Motiven der Dopingprävention (Heckhausen & Heckhausen, 2010). Für das Best-Practice-Modell bedeutet das: Athlet:innen an einer für sie betreffenden Dopingprävention zu beteiligen und darüber zu befähigen, individuell dopingbegünstigende Situationen zu erkennen, verstehen und mit diesen umgehen zu können. Die Steigerung von Interaktivität sowie Transparenz sind dabei grundlegend, ermöglicht bspw. durch den Einsatz digitaler Instrumente (z.B. KI-Lösungen). Unter Berücksichtigung von Datensparsamkeit und kontextualen Bedingungen, lassen sich Athlet:innen-Informationen sammeln (Wer-Ebene), Inhalte (Was-Ebene) und präferierte Lernsettings (Wie-Ebene) für die Präventions-Praxis bestimmen. Die Umsetzung bedarf einer technischen Weiterentwicklung und fordert die Referent:innen methodisch-didaktisch.

        Literatur
        Arnstein, S. R. (1969). A ladder of citizen participation. Journal of the American Institute of planners, 35(4), 216-224.
        Coelen, T., W. (2019). Partizipation und Demokratiebildung in pädagogischen Institutionen. Zeitschrift für Pädagogik, 56(1), 37-52.
        Deci, E. L. & Ryan, R. M. (1985). Intrinsic motivation and self-determination in human behavior. Springer.
        Erner, M., & Böhm, F. (2019). Unternehmensführung 4.0. In M. Erner (Hrsg.), Management 4.0–Unternehmensführung im digitalen Zeitalter (S. 79-122). Springer Gabler.
        Heckhausen, J. & Heckhausen, H. (2010). Motivation und Entwicklung. In Motivation und Handeln (S. 427-488). Springer.
        Luhmann, N. (1992). Wissenschaft der Gesellschaft. Suhrkamp.
        Roger, H. A. (1992). Children’s Participation. From Tekenism to Citizenship, Unicef Innocent Essays No. 4.
        von Unger, H. (2014). Partizipative Forschung: Einführung in die Forschungspraxis. Springer.

        Sprecher: Marcel Scharf, Annika Steinmann, Timo Ziegler, Prof. Swen Körner (Deutsche Sporthochschule Köln)
      • 69
        Interkulturelle Lernanlässe im internationalen Freiwilligendienst im Sport am Beispiel der Organisation Play Handball

        Die internationale Freiwilligenarbeit erfährt in den vergangenen Jahren einen enormen Zuspruch, dies gilt auch für die Angebote in der sportbezogenen Entwicklungsarbeit. Für die jungen Erwachsenen bedeutet dies, sich in einer fremden Kultur einzufinden, und dort ihre sportbezogenen Kompetenzen einzubringen. Gleichzeitig bietet dieses Aufgabenfeld ver-schiedenste interkulturelle Lernanlässe. Daraus erwächst unmittelbar die Frage, wie solche Lernanlässe ausgestaltet und erlebt werden, und ob diese zum Erwerb interkultureller Kompe-tenzen führen bzw. vorhandene interkulturelle Kompetenzen beeinflussen.
        Dazu wurden acht junge Erwachsene zu ihrem Freiwilligendienst bei der Organisation Play Handball in Südafrika befragt. Die Analyse der Leitfaden gestützten Interviews erfolgte im Lichte des Prozessmodells interkultureller Kompetenzen nach Deardorff (2006) und stellt mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) die Sichtweisen der Interviewten in den Mittelpunkt.
        Die Ergebnisse zeigen verschiedene Lernanlässe im Rahmen des Freiwilligendienstes, die durch entsprechende Irritationen ausgelöst werden. Diese Ambivalenzen werden von den Freiwilligen kritisch reflektiert und mit ihren Erfahrungen und ihrem Leben in Deutschland verglichen. Neben der Lebenssituationen in Südafrika, die die Freiwilligen augenscheinlich nachhaltig beeindruckt hat, ist die sportbezogene Projektarbeit in der Organisation prägend. Hier betonen die Freiwilligen das ‚Potential des Sports‘, aber auch die Fremdheit der ‚weißen Sportart Handball‘. Diese Besonderheit führt ebenfalls zu interkulturellen Lernanlässen. Obgleich eine generelle Begeisterung der Kinder und Jugendlichen für das Training beobachtet wurde, nahmen die Freiwilligen teilweise Fremdzuschreibungen bis hin zur Diskriminierung wahr, da Handball mit den ‚Weißen‘ Freiwilligen verknüpft wird, die eine neue, unbekannte Sportart in das Land bringen. Da Sport generell in Südafrika eine spezielle Rolle während der Apartheid eingenommen hat (Chappell, 2005) und im Allgemeinen für seine eurozentrische Dominanz in Entwicklungsprogrammen kritisiert wird (Brand, 2020), könnten die Beobach-tungen der Freiwilligen zukünftig noch stärker als Reflexionsanlass für die Organisation ge-nutzt werden.

        Literatur
        Brand, A. (2020). Sport und globale Zusammenarbeit: Von Hoffnungen, Enttäuschungen und Erfolgen. In K. Petry (Hrsg.), Sport im Kontext von internationaler Zusammenarbeit und Entwicklung: Perspektiven und Herausforderungen im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Praxis (S. 103–117). Verlag Barbara Budrich.
        Chappell, R. (2005). Race, gender and sport in post-apartheid South Africa. The Sport Journal, 8(4), 1–12.
        Deardorff, D. K. (2006). Identification and Assessment of Intercultural Competence as a Student Outcome of Internationalization. Journal of Studies in International Education, 103), 241–266.
        Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Beltz Juventa.

        Sprecher: Steffen Greve (Leuphana Universität Lüneburg), Prof. Jessica Süßenbach (Leuphana Universität Lüneburg), David Storek (Leuphana Universität Lüneburg)
      • 70
        Leisten schulische Maßnahmen zur Förderung Dualer Karrieren einen Beitrag zur Aufrechterhaltung leistungssportlichen Engagements? Eine Dropout-Analyse am Beispiel des Additiven Abiturs

        Einleitung
        Eliteschulen des Sports (EdS) halten für sportlich talentierte Jugendliche vielfältige Unterstützungsangebote bereit, die das Erreichen individuell optimaler Schulabschlüsse bei gleichzeitigem Streben nach leistungssportlichen Erfolgen sicherstellen sollen. Der Forschungsstand lässt weitgehend offen, inwieweit der Besuch einer EdS und die Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten dazu beitragen, die Wahrscheinlichkeit für einen Abbruch der Leistungssportkarriere während der Schulzeit zu reduzieren (Sallen & Gerlach, 2020). Im Beitrag werden Fragen zum Ausmaß von und den Gründen für das vorzeitige Beenden leistungssportlichen Engagements bearbeitet, insbesondere in Verbindung mit dem Additiven Abitur (AA), einem bisher nur an der EdS Potsdam vorhandenen Unterstützungsangebot für Schülerathlet:innen in der gymnasialen Oberstufe (GOST). Das AA ermöglicht die Streckung der Schulzeit und die Verteilung der Abiturabschlussprüfungen auf mehrere Schuljahre.

        Methode
        Zur Beantwortung der Fragen wurden schriftliche Selbstauskünfte von Schülerathlet:innen verwendet, die im Zeitraum von 2016 bis 2021 an der EdS Potsdam und zwei weiteren EdS im Land Brandenburg die GOST durchlaufen haben. Die Daten wurden im jährlichen Rhythmus im Rahmen einer prospektiven Längsschnittstudie zur Evaluation des Additiven Abiturs erhoben (Sallen et al., 2019).

        Ergebnis
        Von den 54 Nutzer:innen des AA, zu denen vollständige Längsschnittdaten vorliegen, beendeten 11% den Leistungssport vor dem Ende des 13. Schuljahres. Im Vergleich dazu waren es unter den 75 Schülerathlet:innen ohne AA an der EdS Potsdam rund 48% und an den anderen beiden EdS ca. 42% bzw. 63% von 69 bzw. 24 Schülerathlet:innen. Als Gründe für den Abbruch leistungssportlicher Karrieren wurden vor allem gesundheitliche Probleme, Probleme mit den Trainer:innen, das Abhandenkommen von Freude an der leistungssportlichen Aktivität sowie mangelnde Aussichten auf sportlichen Erfolg angegeben. Probleme mit der Vereinbarkeit von Schule und Sport waren keine bedeutsamen Anlässe.

        Diskussion
        Vor dem Hintergrund dieser und weiterer Ergebnisse der Evaluation des AA erscheint das AA als besonders empfehlenswert. Es unterstützt die Schülerathlet:innen wirksam dabei, die Duale Karriere bis zum Abschluss des Abiturs aufrechtzuerhalten.

        Literatur
        Sallen, J., & Gerlach, E. (2020). Förderung Dualer Karrieren. In C. Breuer et al. (Hrsg.), Vierter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht (S. 249–276). Hofmann.
        Sallen, J., Zetzsche, R., Wendeborn, T., & Gerlach, E. (2019). Evaluation von Angeboten zur Förderung Dualer Karrieren an Schule-Leistungssport-Verbundsystemen unter besonderer Berücksichtigung des Modellversuchs Additives Abitur. In Bundesinstitut für Sportwissenschaft. (Hrsg.), BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2018/19 (S. 115–121). BISp.

        Sprecher: Jeffrey Sallen, Lucas Schole, Thomas Wendeborn, Prof. Erin Gerlach
      • 71
        Mit digitalen Medien zu mehr Teilhabe im Sportunterricht – Lehr-Lernszenarien zur Professionalisierung angehender Sportlehrkräfte

        Digitalisierung und Inklusion sind Themen die die Lehrkräfteausbildung aktuell vor neue Anforderungen stellt. Um den vielfältigen Bedürfnissen der Schüler:innen in vollem Umfang gerecht zu werden, bedarf es einen didaktisch und pädagogisch fundierten Einsatz digitaler Medien (Koekoek & van Hilvoorde, 2018). In diesem Zusammenhang ist die digital-inklusive Lehrkompetenz von (Sport-)Lehrkräften von entscheidender Bedeutung. Um diese zu fördern, muss es zu Professionalisierungsprozessen in Hinblick auf die Verknüpfung der Themengebiete Digitalisierung und Inklusion in der Sportlehrer:innenbildung kommen.
        Um angehende Sportlehrkräfte für einen kritisch-konstruktiven Einsatz digitaler Medien im inklusiven Sportunterricht zu befähigen, wurden Lehr-Lernszenarien unter der Anwendung des Design-Research-for-Education Ansatzes nach Bakker (2019) entwickelt. Diese wurden in einem Sportdidaktik-Seminar an der Universität Leipzig pilotiert. In diesem Rahmen wurden zwei Fokusgruppeninterviews mit insgesamt 13 Studierenden durchgeführt, die mit der inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) ausgewertet wurden.
        Die Ergebnisse zeigen, dass die Studierenden dem Einsatz digitaler Medien im inklusiven Sportunterricht eher positiv gegenüber eingestellt sind. Aufgrund der Lehr-Lernszenarien fühlen sich die Studierenden besser auf den Einsatz vorbereitet, sehen aber die Notwendigkeit weiterer praktischer Erfahrungen. In der Auswertung konnten verschiedene Aspekte der Lehr-Lernszenarien herausgearbeitet werden, die die Studierenden als lernförderlich bzw. lernhinderlich benannten. Zudem konnten verschiedene Änderungsvorschläge abgeleitet werden, die nun in die Weiterentwicklung der Lehr-Lernszenarien einfließen.

        Literatur:
        Bakker, A. (2019). Design research in education. A practical guide for early career researchers. London: Routledge Taylor & Francis Group.
        Koekoek, J. & van Hilvoorde, I. (Eds.). (2018). Digital Technology in Physical Education: Global perspectives (Routledge studies in physical education and youth sport). London: Routledge Taylor & Francis Group.
        Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (Grundlagentexte Methoden, 4. Auflage). Weinheim: Beltz Juventa

        Sprecher: Svenja Kehm
      • 72
        Sexualität im Sportunterricht. Entwicklung einer Handreichung für Sportlehrkräfte

        Wissenstransfer ist für die Sportpädagogik – sofern sie sich als anwendungsorientierte Wissenschaft begreift – keine neue, sondern eine Daueraufgabe. Diese bringt viele Herausforderungen mit sich, u. a., weil Innovationen in Schule und Unterricht ihren eigenen Logiken folgen und von Wissenschaft nur begrenzt beeinflussbar sind (vgl. Bormann, 2011). Die Herausforderungen potenzieren sich im Kontext von Themen, über die im Sportunterricht nicht ohne Weiteres gesprochen wird, z.B. da sie die Privatsphäre der Akteur:innen in der Praxis tangieren und somit auch die Frage nach den Grenzen schulischer bzw. sportpädagogischer Verantwortung aufwerfen.
        Ein solches Thema stellt die Sexualität von Schüler:innen dar: Erste Forschungen zum Thema (Böhlke & Zander, 2021) verweisen auf die Existenz von bislang in der Sportpädagogik wenig beachteten Handlungssituationen des Sportunterrichts, wie Möglichkeiten des Flirtens, der körperlichen Selbstinszenierung oder des Berührens des Körpers anderer. Liegen erste fächerübergreifende Ausführungen zum Umgang mit Sexualität in der Schule vor (u.a. Siemoneit, 2021), so fehlen bislang Handlungsmaßnahmen für den Sportunterricht, die den fachspezifischen Besonderheiten, wie einer erhöhten Körperfokussierung und Intimität, Rechnung tragen können.
        Im Posterbeitrag wird das Produkt eines vom Braunschweiger Netzwerk für Gender Studies geförderten Transferprojekts zum Thema Sexualität im Sportunterricht vorgestellt, welches sich in Form einer Handreichung an Sportlehrkräfte richtet. Zielperspektiven waren die Sensibilisierung von Sportlehrkräften für eine für Schüler:innen hochrelevante Thematik sowie die Vermittlung von (situationsbezogenen) Handlungsmaßnahmen im Kontext von Förderung sexueller Gesundheit, sexueller Bildung und Prävention sexueller Grenzüberschreitungen. Fachdidaktische Perspektiven wurden auf Basis eigener empirischer Erkenntnisse (Diskursanalyse zur Schüler:innensexualität im Sportunterricht; systematische Literaturrecherche zur Thematik) entwickelt.
        Anhand des Prozesses der Entwicklung des Produkts werden die „Enttabuisierung“ des Themas sowie die „Legitimierung“ einer pädagogischen Intervention als zwei zentrale Herausforderungen in der Umsetzung der Aufgabe des Wissenstransfer aufgezeigt.

        Literatur
        Bormann, I. (2011). Zwischenräume der Veränderung. Innovationen und ihr Transfer im Feld von Bildung und Erziehung. Springer VS.
        Böhlke, N. & Zander, B. (2021). Sexualität von Schüler:innen im Sportunterricht. Ergebnisse einer Diskursanalyse in Onlineforen. German Journal of Exercise and Sport Research. Zugriff unter https://doi.org/10.1007/s12662-021-00775-x
        Siemoneit, J. K. M. (2021). Schule und Sexualität. Pädagogische Beziehung, Schulalltag und sexualerzieherische Potenziale. transcript.

        Sprecher: Nicola Böhlke (TU Braunschweig), Elisa Maria Braun (TU Braunschweig), Benjamin Zander (Universität Göttingen)
      • 73
        Sport auf Papier: Evaluation eines praktikumsbegleitenden Portfolios in der Sportwissenschaft

        Einleitung und Methode
        Mit dem Schulfach Sport wird häufig eine Sonderstellung oder ein besonderes Verständnis der Fachkultur von Sportlehrer:innen verbunden (z. B. Ernst, 2014; Wolters, 2010). Dies wirkt auch in die universitäre Sportlehramtsausbildung sowie in die Begleitung von Praktikumsphasen im Rahmen des Studiums hinein. So äußern Sportlehramtsstudierende häufig einen Wunsch nach mehr Praxiserfahrungen (Schierz, 2019) oder sind bereits als Vertretungslehrkräfte tätig (Lobert & Pfitzner, 2021). Die Anfertigung eines Portfolios als wissenschaftsbasiertes Prüf- und Dokumentationsinstrument kann in diesem Kontext vielseitige Entwicklungsfortschritte festhalten. Der vorliegende Beitrag zielt auf einen Soll-Ist-Vergleich des wahrgenommenen Sinns eines praktikumsbegleitenden Portfolios mit den Bestandteilen ausführlicher Unterrichtsentwurf, Reflexion der eigenen Entwicklung sowie literaturbasierter Auseinandersetzung aus Studierendenperspektive ab. Der Einladung zur Teilnahme an der Online-Befragung nach Abschluss des 18-wöchigen Praktikum folgten 34 Studierende.

        Ergebnisse und Diskussion
        Der ausführliche Unterrichtsentwurf und somit die Aufgabenstellungen mit dem deutlichsten Bezug zum Sportunterricht und zum Referendariat wird von den Studierenden vergleichsweise am sinn- und wertvollsten für ihre Weiterentwicklung angesehen. Die beiden anderen Aufgabenstellungen werden vergleichsweise schwächer bewertet und teilen das Charakteristikum einer zugrundeliegenden, fundierten Einarbeitung in theoretische bzw. empirische Hintergründe, inklusive eines Abgleichs praktischer Erfahrungen. Gefragt nach eigenen Ideen für eine Formulierung von Portfolioaufgaben wird deutlich, dass ein Wunsch nach mehr Raum für die Darstellung praktischer Erfahrungen und weniger Literaturarbeit besteht. Dies knüpft an die Beschreibungen von Schierz (2019) an. Die Ergebnisse liefern Anhaltspunkte für die Weiterentwicklung des Gesamtkonzepts, um die Studierenden besser und nachvollziehbarer in ihrer Professionalisierung zu unterstützen.

        Literatur
        Ernst, C. (2014). Sportlehrkräfte als Sportler - Forschungsergebnisse zu fachkulturellen Aspekten im Sportlehrerberuf. Zeitschrift für sportpädagogische Forschung, 2(1), 63-76.
        Lobert, A.-K., & Pfitzner, M. (2021). Studierende als Vertretungslehrkräfte im Sport (SaViS). Universität Hildesheim. https://www.sportwissenschaft.de/fileadmin/pdf/Sektionen/Sportpaedagogik/2021_Abstractband_Volkmann_Frei_Kranz_Figurationen.pdf
        Schierz, M. (2019). Aus der Praxis durch die Praxis in die Praxis - Lehr-Lern-Labore als Entschleunigungsagenturen auf dem Schnellweg in die Schule. In M. Hartmann, R. Laging, & C. Scheinert (Hrsg.), Professionalisierung in der Sportlehrer:innenbildung (S. 60-69). Schneider Verlag Hohengehren.
        Wolters, P. (2010). Was Sportlehrer(innen) an ihrem Beruf gefällt. Spectrum der Sportwissenschaften, 22(1), 21-40.

        Sprecher: Katharina Pöppel (dvs)
      • 74
        Stakeholder- und Netzwerkanalyse eines schul- und familienbasierten Programms zur Prävention von Übergewicht

        Einleitung
        Die steigende Adipositasprävalenz bei Kindern und die gesundheitlichen Folgen stellen das Gesundheits-, Sozial- und Bildungssystem vor Herausforderungen. Gemeindebasierte, multi-setting Interventionen unter partizipativem Einbezug relevanter Stakeholder erweisen sich zur Bewältigung dieses mehrdimensionalen Phänomens als vielversprechend (Brown et al., 2019). Um Einblicke in die komplexen Struktur- und Prozessmerkmale von Stakeholdernetzwerken des Programms „Familie+ - Gesundes Zusammenleben in Familie und Schule“ zu gewinnen, wird eine Netzwerkanalyse (NA) in zwei ländlichen [N1/N2] und einer städtischen Modellregion [N3] durchgeführt.

        Methode
        Relevante Stakeholder wurden in den Jahren 2020-21 mittels Expert:inneninterviews und Recherchearbeiten identifiziert und unter Verwendung stakeholderspezifischer Fragebögen in Anlehnung an Schoen et al. (2014) telefonisch befragt, um Schlüsselvariablen wie Kontakthäufigkeit und Intensität der Zusammenarbeit zu ermitteln. Im Zuge der NA wurden Merkmale wie Dichte, Zentralität und Verbundenheit analysiert und grafisch dargestellt.

        Ergebnisse
        Die drei Netzwerke [N1/N2/N3] umfassten 20, 14 und 12 Stakeholder und wiesen eine ähnliche Dichte (N1=48%; N2=52%; N3=42%) auf. Die Gradzentralität von N2 war um ein Drittel größer (0,39) verglichen mit N1 (0,57) und N2 (0,58). Alle drei Netzwerke unterscheiden sich in der Verteilung der Stakeholder hinsichtlich des Fachgebiets und struktureller Ausrichtung. Die Stakeholder tauschen sich durchschnittlich vierteljährlich aus und sind auch auf informeller Ebene miteinander verbunden.

        Diskussion
        Ausgehend von den Ergebnissen der NA scheint es unabhängig von der regionalen Struktur sinnvoll, kommunale Gesundheitsmoderator:innen einzusetzen, um relevante Stakeholder aus dem Bildungs-, Sport- und Gesundheitssystem in Projekte einzubeziehen und das Ziel der nachhaltigen Gesundheitsförderung anzustreben. Schulen haben zudem herausragende Relevanz, z.B. bei der effektiven Verbreitung von Informationen und der Vernetzung der Stakeholder. Die NA ermöglicht weiterführend die Auseinandersetzung mit grundlegenden pädagogischen Fragestellungen, die z.B. die Abbildung der Vernetzungsstruktur sowie zugehörige (Netzwerk-)Prozesse der Veränderung und des Wissenstransfers betreffen (Rehrl & Gruber, 2007), um eine intensive Auseinandersetzung aller Akteur:innen mit Gesundheitsförderung – in und über Grundschulen hinaus – anzuregen. 

        Literatur
        Brown, T., Moore, T. H. M., Hooper, L. et al. (2019). Interventions for preventing obesity in children. Cochrane Database of Systematic Reviews(7).
        Rehrl, M., & Gruber, H. (2007). Netzwerkanalysen in der Pädagogik. Ein Überblick über Methode und Anwendung. Zeitschrift für Pädagogik, 53(2), 243-264.
        Schoen, M. W., Moreland-Russell, S., Prewitt, K., et al. (2014). Social network analysis of public health programs to measure partnership. Social Science & Medicine, 123, 90-95.

        Sprecher: Katharina Brauer, Hagen Wulff, Sabine Pawellek, Alexandra Ziegeldorf
      • 75
        Von Wissen zu Performanz am Beispiel der Klassenführung im Sportunterricht (WiPe-Sport): Teilprojekt Wissenstest

        Einleitung
        Es liegen aktuell kaum empirische Ergebnisse zu den möglichen Wirkungs- und Entwicklungszusammenhänge der drei Kompetenzfacetten im integrativen Kompetenzmodell (Blömeke et al. 2015) vor. Bisherige Untersuchungen dieses Modells stützen sich dabei auf bereits validierte Instrumente (z.B. Junker et al., 2021), welche jedoch die einzelnen Facetten nicht immer trennscharf abbilden.
        Im SNF-Forschungsprojekt WiPe-Sport sollen nun drei (facetten-)spezifische Instrumente zum Einsatz kommen, um den Kompetenzbereich der Klassenführung im Sportunterricht differenziert abzubilden. In diesem Beitrag werden die Generierung und die inhaltliche Validierung des Tests zur Erfassung des klassenführungsbezogenen Wissens bei Sportlehrkräften vorgestellt.

        Methode
        Basierend auf den neun Dimensionen einer guten Klassenführung im Sportunterricht (Baumgartner et al., 2020) wurde erstens durch das Projektteam ein Prototyp des Wissentests erstellt. Der Fokus wurde dabei auf das Wissen über evidenzbasierte Praktiken gelegt. Zweitens wurde eine dreistufige Delphi-Befragung (Häder, 2014) mit 7 Expert:innen aus dem Bereich der Sportdidaktik durchgeführt. In der ersten Delphi-Runde wurde der vorliegende Wissenstest durchgeführt. In der zweiten Delphi-Runde wurden auf der Grundlage der Ergebnisse in drei Expert:innengruppen Items gestrichen, umformuliert oder neu generiert. Die Ergebnisse wurden zusammengeführt. In der dritten Delphi-Runde wurde der überarbeitete Wissenstest den Expert:innen zur Konsensbildung zugestellt. In einer anschliessenden Prä-Pilotierung wurden Testergebnissen und qualitative Rückmeldungen von angehenden Sportlehrkräften (N=54) erhoben und auf der Grundlage der Ergebnisse weitere Anpassungen vorgenommen.

        Ergebnisse
        Das Poster soll einerseits die Rolle des Testinstruments für die Erfassung des klassenführungsbezogenen Wissens im Rahmen des Projekts verorten. Andererseits den qualitative Prozess der Itemüberarbeitung und –reduktion (170  110) beschreiben und mit Beispielen, unter den Gesichtspunkten der Sprache, Verständlichkeit und Eindeutigkeit, darstellen.

        Literatur
        Blömeke, S., Gustafsson, J., & Shavelson, R. (2015). Beyond dichotomies: Competence viewed as a continuum. Zeitschrift für Psychologie, 223(1), 3–13.
        Baumgartner, M., Oesterhelt, V. & Reuker, S. (2020). Konstruktion und Validierung eines multidimensionalen Beobachtungsinstruments zur Erfassung der klassenführungsbezogenen Performanzen von sportunterrichtenden Lehrkräften (KlaPe-Sport). German Journal of Exercise and Sport Research, 50(4), 511-522.
        Häder, M. (2014). Delphi-Befragungen. Springer Fachmedien Wiesbaden.
        Junker, R., Gold, B., & Holodynski, M. (2021). Classroom management of pre-service and beginning teachers: From dispositions to performance. International Journal of Modern Education Studies, 5(2), 339–363.

        Sprecher: Clemens Berthold (Pädagogische Hochschule St.Gallen), Matthias Baumgartner (DVS), Eric Jeisy, Dominik Zulian (Pädagogische Hochschule St.Gallen)
      • 76
        Was zählt für einen guten Sportunterricht? Bewegungsbezogene, fachdidaktische oder allgemein-didaktische Performanzen?

        Einleitung
        Für einen guten Sportunterricht benötigen Sportlehrkräfte verschiedene Performanzbereiche, namentlich sollten sie über 1) bewegungshandlungsbezogene (z. B. das give and go im Basketball können), 2) fachdidaktische (z. B. Mehrperspektivischer Sportunterricht umsetzen können) und 3) allgemein-didaktische Performanzen (z. B. eine gute Klassenführung realisieren) verfügen (Backman & Pearson, 2016). Obschon in der Ausbildung von Sportlehrkräften die Förderung von allen drei Performanzbereichen angesteuert wird (Backman & Larsson, 2016), ist kaum klar, wie bedeutsam die Bereiche für einen guten Sportunterricht zu deuten sind. Im Beitrag werden dementsprechend die Fragestellungen bearbeitet, 1) wie relevant angehende und tätige Sportlehrkräfte die drei Bereiche hinsichtlich eines guten Sportunterrichts einschätzen und 2) ob diesbezüglich zwischen den beiden Gruppen Unterschiede festzustellen sind.

        Methode
        Die Fragebogenstudie basiert auf einem zweistufigen Hauptfaktor Gruppe (tätige Sportlehrkräfte; angehende Sportlehrkräfte) und einem dreistufigen Hauptfaktor Performanzbereich. Die abhängige Variable (AV) stellt die eingeschätzte Bedeutsamkeit des jeweiligen Bereichs hinsichtlich eines guten Sportunterrichts dar. Als unabhängige Variablen (UV) gelten die Hauptfaktoren. Zur Erhebung der AV wurde ein Fragebogen entwickelt, der aus drei latenten Variablen (Performanzbereiche) sowie 22 Items bestand. Befragt wurden angehende (n=104) sowie tätige Sportlehrkräfte der Sek II (n=90). Zur Überprüfung der Qualität der Daten wurden Faktorenanalysen gerechnet. Zur inferenzstatistischen Analyse wurden zweifaktorielle Varianzanalysen durchgeführt.

        Ergebnisse
        Aus den inferenzstatistischen Analysen zeigen sich sowohl innerhalb (within-subjects) als auch zwischen den Gruppen (within-subjects) signifikante Unterschiede mit starken Effekten. Die Relevanz der Performanzbereiche werden folglich innerhalb und zwischen den Gruppen verschieden bewertet. Die spezifischen Ergebnisse sowie die praktischen Implikationen der Studie auf die Ausbildung von Sportlehrkräften werden anhand des Posters präsentiert.

        Literatur
        Backman, E. & Larsson, H. (2016). What should a physical education teacher know? An analysis of learning outcomes for future physical education teachers in Sweden. Physical Education and Sport Pedagogy, 21(2), 185–200.
        Backman, E. & Pearson, P. (2016). ‘We should assess the students in more authentic situations’: Swedish PE teacher educators’ views of the meaning of movement skills for future PE teachers. European Physical Education Review 22(1), 47–64.

        Sprecher: Matthias Baumgartner (DVS), Eric Jeisy, Flavio Serino (PH Luzern)
      • 77
        Wie interpretieren Prüfende die Anforderungen des Anfängerzeugnisses im Schwimmen?

        Einleitung
        Die Prüfungsabnahme der begehrten Schwimmabzeichen erfolgt u.a. in Badeanstalten, in Schwimmvereinen, in privaten Schwimmschulen und im Rahmen des schulischen Schwimmunterrichts. Dabei ist zu beobachten, dass Prüfende die gezeigten Leistungen höchst individuell einschätzen und Schwimmabzeichen offenbar anhand uneinheitlicher Kriterien vergeben. Obwohl z.B. das Anfängerzeugnis nicht zum „sicheren Schwimmen“ qualifiziert, sondern als Vorbereitung auf die Schwimmabzeichen dient (DLRG, 2020), ist das Bestehen des „Seepferdchens“ für Kinder und Eltern von großer Bedeutung. Entsprechend problematisch ist es, wenn eine Interrater-Reliabilität unter den Prüfenden nicht gegeben ist. Im Rahmen dieser Pilotstudie soll der Frage nachgegangen werden, wie und auf welcher Grundlage Prüfende unterschiedlicher Institutionen die Anforderungen der Schwimmabzeichen am Beispiel des Anfängerzeugnisses interpretieren und als bestanden werten.

        Methode
        In qualitativen, leitfadengestützten Interviews wurden Prüfende (n=12, 1/3 männlich, Alter 32.25 ±10) befragt, die sich gleichmäßig den vier Gruppierungen (1) Mitarbeiter:innen öffentlicher Badeanstalten, (2) Übungsleiter:innen privater Schwimmschulen, (3) Schwimmausbilder:innen der DLRG und (4) Schwimmlehrkräfte an Schulen zuordnen lassen. Die Interviews wurden transkribiert und werden nun mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) induktiv codiert und analysiert.

        Ergebnisse
        Aktuell erfolgt die Auswertung der transkribierten Gespräche. Es deutet sich an, dass es erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Interpretation der Anforderungen zum Bestehen gibt und die Abnahme des Anfängerzeugnisses stark individualisiert erfolgt. Es zeichnet sich darüber hinaus ab, dass voneinander abweichende Auffassungen über den Sinn und Zweck der Abzeichen-Abnahme einen Einfluss auf die Auslegung der zu erbringenden Prüfungsleistungen haben. Die Ergebnisse werden zunächst deskriptiv dargestellt, bevor Gruppenvergleiche angestellt werden.

        Diskussion
        Laut Prüfungsordnung sind Schwimmabzeichen das gesellschaftlich akzeptierte Instrument, einen Stand des Schwimmen-Könnens zu beschreiben. Die angedeuteten Ergebnisse lassen jedoch den Schluss zu, dass die Prüfenden die zu erbringenden Leistungen unterschiedlich interpretieren und für das (Nicht-)Bestehen individuelle Kriterien nutzen. Es muss angenommen werden, dass (wenigstens) die Ausgabe des Anfängerzeugnisses nicht einheitlich erfolgt und das schwimmerische Können der Abzeichen-Inhaber:innen daher kaum vergleichbar ist. Mögliche Gründe und Konsequenzen sollen auf der Jahrestagung der dvs-Sektion Sportpädagogik in Münster diskutiert werden.

        Literatur
        Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (2020). Prüfungsordnung Schwimmen / Rettungsschwimmen. DLRG-Materialstelle.
        Mayring, P. (2015). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Beltz.

        Sprecher: Inga Fokken, Carla Schiffer (Deutsche Sporthochschule Köln), Ilka Staub
      • 78
        Wissenstransfer zum Thema Barrierefreiheit mittels 360°-Video-Begehungen – das Projekt #playground360

        Einleitung
        Spielplätze und Schulhöfe sind wichtige Orte für Bewegung, gemeinsames Spielen und soziale Inklusion; jedoch muss festgestellt werden, dass diese größtenteils nicht barrierefrei sind, ein Missstand, der umso mehr überrascht, wenn man bedenkt, dass wissenschaftlich elaboriertes Wissen über elementare Aspekte der barrierefreien Gestaltung von Spielorten vorliegt (Bükers, im Druck). Es mangelt offenbar an einem Wissenstransfer zu relevanten Mediator:innen (z. B. Architekt:innen oder Pädagog:innen), die die praktische Gestaltung dieser Orte beeinflussen. Hier setzt das Projekt #playground360 an: Im Sinne des beispielbasierten Lernens (im Überblick s. Renkl, 2014) wird angenommen, dass Mediator:innen ein solches Wissen effektiver erwerben, wenn sie in 360°-Video-Begehungen interaktiv reale Schulhöfe betrachten und dazu passende Analysebeispiele von Expert:innen hinsichtlich der Barrierefreiheit nachvollziehen. Gleichwohl 360°-Videos in der Lehrer:innenbildung zunehmend zum Einsatz kommen (Walshe & Driver, 2019), muss gleichzeitig festgestellt werden, dass konkrete Erlebens- und Deutungsweisen (insbesondere im Hinblick auf bewegungsbezogene Lernumgebungen) bisher kaum beleuchtet wurden. Dieses Desiderat wird im vorliegenden Beitrag aufgegriffen.

        Methode
        In der Pilotierung der Lernumgebung wurden 57 Sportlehramtsstudierende fokussiert. Sie wurden aufgefordert sich in einem 360°-Schulhof-Video zu bewegen, sich mit allen Spielgeräten auseinanderzusetzen und dazugehörige Expert:innenanalysen zur Barrierefreiheit zu lesen. Diese Phase wurde durch einen Pre- und Posttest gerahmt, der die Analysefähigkeit der Lernenden erfasst. Im Nachgang wurden zudem mittels Reflexionsfragen und offenen Antwortformaten die Erlebens- und Deutungsweisen der Studierenden hinsichtlich der Auseinandersetzung mit den 360°-Videos erfasst. Die Daten wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) ausgewertet.

        Ergebnisse und Diskussion
        Der Beitrag stellt die Lernumgebung und ihr Evaluationsdesign vor. Es werden ausgewählte Ergebnisse präsentiert, die v. a. Rückschlüsse auf die Erlebens- und Deutungsweisen der Studierenden in der Auseinandersetzung mit der 360°-Lernumgebung ermöglichen. Es werden Chancen wie Grenzen des Vorgehens und Vorschläge für künftige Forschung skizziert.

        Literatur
        Bükers, F. (im Druck). „Ab in die Pause!“ – Der Schulhof im Fokus der Barrierefreiheit. In: S. Fränkel, M. Grünke, T. Hennemann, D. C. Hövel, C. Melzer & K. Ziemen (Hrsg.), Teilhabe in allen Lebensbereichen? Ein Blick zurück und nach vorn. Klinkhardt.
        Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (4. Auflage). Weinheim & Basel: Beltz Juventa.
        Renkl, A. (2014). Toward an instructionally oriented theory of example-based learning. Cognitive Science, 38, 1–37.
        Walshe, N., & Driver, P. (2019). Developing reflective trainee teacher practice with 360-degree video. Teaching and Teacher Education, 78, 97–105.

        Sprecher: Frederik Bükers (dvs), Tim Heemsoth
      • 79
        Zum Umgang von (ehemaligen) Schüler*innen mit Verunsicherung im Sportunterricht – Eine qualitative Interviewstudie als Grundlage für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis?

        Sportunterricht gilt gemeinhin als ideale Gelegenheit zur ganzheitlichen Förderung von Heranwachsenden innerhalb von Schule. Jedoch erleben Schüler:innen im Sportunterricht auch Situationen, die sie psychosozial verunsichern und nachhaltig belasten (können) (Wiesche & Klinge, 2017).
        In meiner Dissertation rekonstruiere ich die Perspektive ehemaliger Schüler:innen auf verunsichernde Erfahrungen im Sportunterricht, deren Be- und Verarbeitungsstrategien sowie daraus resultierende Konsequenzen mittels Leitfadeninterviews und einer wissenssoziologisch-hermeneutischen Sequenzanalyse (Soeffner & Hitzler, 1994). Die Auswahl der Gesprächspartner:innen erfolgt auf Basis von Kriterien wie ‚Betroffenheit‘, Alter und Geschlecht, im weiteren Verlauf wird diese erkenntnisbasiert und interessenorientiert weiterentwickelt (Glaser & Strauß, 2010). Ich nehme an, dass Verunsicherungserfahrungen als besondere Wissensbestände sedimentiert sind und deshalb retrospektiv abgerufen sowie in ihrer subjektiven Bedeutsamkeit bewertet werden können (Schütz & Luckmann, 2017). Dazu fasse ich ‚Verunsicherung‘ zunächst als alltagssprachlichen Arbeitsbegriff, um die empirische Forschung nicht im Vorfeld auf einzelne Ausprägungen wie Angst, Scham oder Mobbing zu verengen.
        Erste Einblicke zeigen ein breites Spektrum an Verunsicherungsphänomenen von Überforderung über Degradierung bis Grenzverletzungen. Diese werden aufgrund von Faktoren wie altersspezifischen Veränderungen in der Pubertät, Exponierung des Körpers, didaktischer Inszenierung oder unflexibler Normen virulent. Die Erklärungsmuster zeigen oft ähnelnde Verständnisse von Sportunterricht und verweisen zudem auf situative und transsituative Folgen von Verunsicherung. So deuten Betroffene, dass mit ihrem ‚Scheitern‘ im Sportunterricht eine soziale Sanktionierung, die Abwertung des sozialen Status sowie ein geringeres Wohlbefinden einhergehen; sie werten auf Basis sportunterrichtlicher Normen (oft selbst betriebene) Sportarten ab, die nicht Teil des Kanons sind; vergleichen die eigene Sportlichkeit mit der anderer und äußern zuletzt einen negativen Einfluss auf Selbstwertgefühl und Körperkonzept, das (außerschulische und spätere) sportliche Aktivität deutlich erschwert bis verunmöglicht.
        Anhand exemplarischer Schilderungen soll die aufgeworfene Problematik vertieft und die Relevanz der Erforschung verunsichernder Erfahrungen für das Verständnis des subjektiven Erlebens von Sportunterricht in Wissenschaft und Praxis verdeutlicht werden.

        Literatur
        Glaser, B. G. & Strauss, A. L. (2010). Grounded Theory. Strategien qualitativer Forschung. Hogrefe.
        Schütz, A., & Luckmann, T. (2017). Strukturen der Lebenswelt. UVK.
        Soeffner, H.-G., & Hitzler, R. (1994). Hermeneutik als Haltung und Handlung. Über methodisch kontrolliertes Verstehen. In N. Schröer (Hrsg.), Interpretative Sozialforschung (S. 28–54). Leske & Budrich.
        Wiesche, D., & Klinge, A. (2017). Scham und Beschämung im Schulsport: Facetten eines unbeachteten Phänomens. Meyer & Meyer.

        Sprecher: Martin Röttger
      • 80
        ‘Da werd‘n die halt mal nich in Watte gepackt‘ – Perspektiven von Lehrkräften und TherapeutInnen auf Rollstuhlbasketball im Schulsport spezifischer Sonderschulen

        Der Schulsport an speziellen Sonderschulen ist äußerst selten im Blick der sportpädagogischen Forschung. Die dortigen Lerngruppen sind durch Heterogenität geprägt, und das pädagogische Personal, das in der Regel in multiprofessionellen Teams arbeitet, muss stark individualisierte Unterrichtsarrangements anbieten, um den unterschiedlichsten Bedürfnissen gerecht zu werden (Fediuk & Knoll, 2010). Wie dies bei der Vermittlung von Sportspielen gelingen kann, ist ein Erkenntnisstrang des vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderten Forschungsprojekts RoBaTaS – Rollstuhlbasketball vermitteln und Talente in der Schule spielend finden (Aktenzeichen: 070402/19-22). Konkret wird der Frage nachgegangen, wie ein wettkampforientiertes Sportspiel, welches genuin selektive Prozesse enthält, die z.B. entlang der Differenzkategorien Gender und Behinderung sichtbar werden (Greve & Süßenbach, 2021), von den PädagogInnen inszeniert und gedeutet wird.
        Dazu wurden vier Lerngruppen (13-16 Jahre alte SchülerInnen) an speziellen Sonderschulen bei der Umsetzung eines Vermittlungskonzepts für Rollstuhlbasketball begleitet. Dazu wurden sieben Lehrkräfte, Physio- und ErgotherapeutInnen Leitfaden gestützt interviewt. Die Auswertung der Interviewdaten erfolgte mithilfe der Kodierverfahren der Grouded Theory (Strauss & Corbin, 1996). Nach einem ersten Durchlauf in zwei Lerngruppen (drei pädagogische Fachkräfte) erfolgte eine erste Auswertung und die Entwicklung eines vorläufigen Kategoriensystems. Anschließend wurde eine weitere Erhebungsphase in zwei Lerngruppen (vier pädagogische Fachkräfte) durchgeführt. Abschließend wurden auch diese Daten offen und axial kodiert und ein finales Kategoriensystem entwickelt.
        Die Ergebnisse zeigen starke Ambivalenzen bzgl. der intendierten Zielsetzungen, die die PädagogInnen beschreiben. Zwar werden die unterschiedlichen Voraussetzungen der SchülerInnen bzgl. technischer und taktischer Umsetzung des Spiels als Ausgangspunkt der Vermittlung beschrieben. Dazu wird herausgestellt, dass alle teilhaben dürfen und sollen, aber auch die Wichtigkeit von Erfolg im Wettspiel wird betont. Die dadurch auftretenden selektiven Prozesse werden dazu nicht nur in Kauf genommen, sondern positiv gewendet, wie das Zitat im Titel des Beitrags zeigt. Es wird somit deutlich, dass die genuine Figur des Inhalts Sportspiel einen selektiven Einfluss auf die Inszenierung des Angebots hat, was an Sonderschulen eher ungewöhnlich ist.

        Literatur
        Fediuk, F. & Knoll, M. (2010). Sonderpädagogische Förderung. In N. Fessler, A. Hummel & G. Stibbe (Hrsg.), Handbuch Schulsport (S. 336-354). Schorndorf: Hofmann.
        Greve, S. & Süßenbach, J. (2021). ‘Save the Queen‘ - Female national wheelchair basketball players in gender-homogeneous and gender-heterogeneous competitive sport. German Journal of Exercise and Sport Research. https://doi.org/10.1007/s12662-021-00791-x
        Strauss, A. & Corbin, J. (1996). Grounded Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.

        Sprecher: Steffen Greve, Prof. Jessica Süßenbach (Leuphana Universität Lüneburg), Tjorven Göb (Leuphana Universität Lüneburg), Prof. Stephan Schiemann (Leuphana Universität Lüneburg)
      • 81
        „Ja, würde ich da jetzt gleich ein großes Problem daraus machen?“ – Handlungsstrategien von Lehrkräften bei Missachtungsprozessen zwischen Schüler*innen im Sportunterricht der Grundschule

        Ausgangslage
        Spätestens seit dem Herausgeberband von Neuber und Gebken aus dem Jahr 2009 ist der Anerkennungsbegriff im sportpädagogischen Diskurs präsent und wurde empirisch bezüglich der Schüler:innenperspektive am Prominentesten von Elke Grimminger (u.a. 2013) aufgegriffen. Obwohl in einschlägigen fachdidaktischen Überlegungen zu diesem Thema den Sportlehrkräften eine Schlüsselrolle zugeschrieben wird, fehlen bislang weitestgehend entsprechende empirische Untersuchungen. Daran knüpft die vorliegende Untersuchung an und fokussiert zudem auf das bislang in diesem thematischen Kontext ebenfalls kaum empirisch erfasste Setting Grundschule.

        Fragestellung und Design
        In der Studie wurden sechs Sportlehrkräfte der Grundschule mithilfe vignetten- und leitfadengestützter Expert:inneninterviews (vgl. Kaiser, 2014) unter folgender Fragestellung interviewt:
        Über welche Handlungsstrategien verfügen Grundschullehrkräfte im Umgang mit Missachtungsprozessen zwischen Schüler:innen im Sportunterricht?
        Die Daten wurden mittels der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) unter Verwendung von inhaltlichen Kategorien ausgewertet. Die inhaltlichen Kategorien wurden konsensuell induktiv am Material entwickelt.

        Ergebnisse und Diskussion
        Die Ergebnisse weisen zum einen darauf hin, dass die befragten Lehrkräfte überwiegend in Missachtungssituationen zwischen Schüler:innen eingreifen. Zum anderen lassen sie jedoch auch vermuten, dass die Handlungsstrategien der Lehrkräfte eher auf die Vermeidung von Missachtung zwischen den Schüler:innen als auf die Etablierung anerkennender Verhältnisse ausgerichtet sind. Zudem werden vereinzelt Strategien aufgeführt, die die Missachtung zwischen Schüler:innen verstärken könnten, wie beispielsweise eine direkte Aufforderung der missachtenden Schüler:innen zum Einbezug ausgegrenzter Kinder. Zusammenfassend fällt zudem auf, dass die Lehrkräfte – trotz vieler Gemeinsamkeiten – unterschiedliche Schwerpunkte bei der Auswahl ihrer Handlungsstrategien setzen und diese auch abhängig vom jeweiligen Verständnis von den Zielen des Sportunterrichts zu sein scheinen. Die Ergebnisse legen somit im Sinne des Tagungsthemas nahe, dass die Thematisierung des Forschungsfeldes verstärkt Teil der Aus- und Fortbildung von Sportlehrkräften sein sollte.

        Literatur
        Grimminger, E. (2013). Besondere Sichtbarkeit durch Unsichtbarkeit - Wie sich Schüler/innen untereinander grundlegende Anerkennung im Sportunterricht verweigern. Zeitschrift für sportpädagogische Forschung, 1(1), 55-77.
        Kaiser, R. (2014). Qualitative Experteninterviews. Konzeptionelle Grundlagen und praktische Durchführung. Springer VS.
        Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung (4. Aufl.). Beltz Juventa.
        Neuber, N. & Gebken, U. (2009). Anerkennung als sportpädagogischer Begriff. Schneider.

        Sprecher: Hannah Gückel, Matthias Zimlich (Ja)
    • 13:00
      Mittagsimbiss Ballsporthalle

      Ballsporthalle

    • Hauptvortrag 2: Transfer in der Sportpädagogik – vom Kernanliegen zur Bürde einer Disziplin!? Ballsporthalle

      Ballsporthalle

      Sportpädagogische Forschung im Kontext des Schulsports ist – so die Annahme und das wissenschaftliche Selbstverständnis des Vortragenden - per se mit einem Transferanspruch verbunden. Es geht darum, Fragen der Praxis von Bildung und Erziehung im Zusammenhang von Bewegung, Spiel und Sport zu bereichern, Zielsetzungen zu prüfen und eingesetzte Methoden der Bildungs- und Erziehungsarbeit zu hinterfragen.

      Koch (2011) äußert unter Bezugnahme auf Klafki, Henkel & Keuffer u. A. erhebliche Zweifel daran, dass empirische Forschung im pädagogischen Feld überhaupt auf eine erfolgreiche Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis ausgerichtet ist, sondern vielmehr die Überprüfung von Bedingungskonstellationen in Wirkungsanalysen im Vordergrund stehen. Forschungsdesigns halten dann zwar empirisch analytischen Kriterien stand, geben allerdings kaum Antworten darauf, wie die Ergebnisse des Forschungsprozesses für die Praxis nutzbar gemacht werden können. Bisweilen vertreten die rezipierten Autor*innen die Auffassung, dass die Wissenschaft von vornherein nicht in Fragen von Innovation, didaktischer Konstruktion und Implementation verwickelt sein will. Der empirischen Schul- und Unterrichtsforschung wird aus dieser Perspektive wenig bis kein Einfluss auf die Schulwirklichkeit eingeräumt.

      Vertreter:innen der Sportpädagogik haben wiederholt die in diesem Lichte transferhinderliche Wirkungsforschung eingefordert, da es der Sportpädagogik an dieser mangele. Ausgehend von diesen konflikthaften Konstellation wird es im Vortrag um Perspektiven für Transfererwartungen sportpädagogischer Forschung gehen.

      Koch, B. (2011). Wie gelangen Innovationen in die Schule? Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwissenschaften.

      Sitzungsleiter: Michael Pfitzner (Universität Duisburg-Essen)
      • 82
        Transfer in der Sportpädagogik – vom Kernanliegen zur Bürde einer Disziplin!? Ballsporthalle

        Ballsporthalle

        Sportpädagogische Forschung im Kontext des Schulsports ist – so die Annahme und das wissenschaftliche Selbstverständnis des Vortragenden - per se mit einem Transferanspruch verbunden. Es geht darum, Fragen der Praxis von Bildung und Erziehung im Zusammenhang von Bewegung, Spiel und Sport zu bereichern, Zielsetzungen zu prüfen und eingesetzte Methoden der Bildungs- und Erziehungsarbeit zu hinterfragen.

        Koch (2011) äußert unter Bezugnahme auf Klafki, Henkel & Keuffer u. A. erhebliche Zweifel daran, dass empirische Forschung im pädagogischen Feld überhaupt auf eine erfolgreiche Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis ausgerichtet ist, sondern vielmehr die Überprüfung von Bedingungskonstellationen in Wirkungsanalysen im Vordergrund stehen. Forschungsdesigns halten dann zwar empirisch analytischen Kriterien stand, geben allerdings kaum Antworten darauf, wie die Ergebnisse des Forschungsprozesses für die Praxis nutzbar gemacht werden können. Bisweilen vertreten die rezipierten Autor*innen die Auffassung, dass die Wissenschaft von vornherein nicht in Fragen von Innovation, didaktischer Konstruktion und Implementation verwickelt sein will. Der empirischen Schul- und Unterrichtsforschung wird aus dieser Perspektive wenig bis kein Einfluss auf die Schulwirklichkeit eingeräumt.

        Vertreter:innen der Sportpädagogik haben wiederholt die in diesem Lichte transferhinderliche Wirkungsforschung eingefordert, da es der Sportpädagogik an dieser mangele. Ausgehend von diesen konflikthaften Konstellation wird es im Vortrag um Perspektiven für Transfererwartungen sportpädagogischer Forschung gehen.

        Koch, B. (2011). Wie gelangen Innovationen in die Schule? Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwissenschaften.

        Sprecher: Michael Pfitzner (Universität Duisburg-Essen)
    • 15:00
      Pause
    • AK 3.1: Aus- und Fortbildung von Sportlehrkräften S4

      S4

      Sitzungsleiter: Daniel Rode
      • 83
        Fallarbeit in der Lehrkräftebildung: Evaluation eines Blended-Learning-Seminars für Sportstudierende im Auslandspraxissemester

        Einleitung
        Im Rahmen des Projekts OLAD@SH (Offenes Lehramt digital in Schleswig-Holstein) wurde an der Europa-Universität Flensburg ein Blended-Learning-Seminar zur Begleitung der Praxissemesterstudierenden im Ausland im Fach Sport entwickelt. Methodisch-didaktischer Ankerpunkt hierbei ist die systematische Fallarbeit als ein Ansatzpunkt zur verstärkten Theorie-Praxis-Verknüpfung bei der Vermittlung fachdidaktischer Kompetenzen als Teil der Professionalisierung von angehenden Sportlehrkräften (u.a. Wolters, 2015; Lüsebrink et al., 2014). Es wird die Forschungsfrage verfolgt, inwieweit die systematische Fallarbeit im Rahmen des Seminars von den teilnehmenden Studierenden für den eigenen Professionalisierungsprozess als subjektiv bedeutsam und produktiv erlebt wird. Es werden sowohl Veränderungen subjektiver Einschätzungen der
        Studierenden hinsichtlich der eigenen fachdidaktischen Kompetenzen durch die Fallarbeit als auch subjektive Einsichten in die Bewertung der Methodik und Umsetzung der Fallarbeit im Rahmen des Seminars in der Untersuchung adressiert.

        Methode
        Vor und nach dem Blended-Learning-Begleitseminar wurden subjektive Einschätzungen der Studierenden hinsichtlich eigener fachdidaktischer Kompetenzen (in Anlehnung an Vogler, Messmer & Allemann, 2017) sowie Anforderungen des Praxissemesters erhoben. In zwei Seminar-Durchgängen (WiSe 2020/21 und 2021/22) nahmen insgesamt N = 10 Outgoing-Studierende (mit systematischer Fallarbeit) sowie eine Vergleichsgruppe von N = 16 (Praxissemesterstudierende vor Ort – ohne systematische Fallarbeit) an der Fragebogenerhebung teil. Zudem wurden leitfadengestützte, fokussierte Interviews mit den Outgoing-Studierenden geführt, die sich auf die Professionsentwicklung über die Methodik der Fallarbeit konzentrieren. Die Auswertung erfolgt mittels qualitativer, strukturierender Inhaltsanalyse (Mayring, 2015).

        Ergebnisse
        Ergebnisse zum ersten Durchgang (WiSe 2020/21) weisen darauf hin, dass sich positive Veränderungen in den subjektiven Kompetenzeinschätzungen über das Praxissemester hinweg für beide Gruppen zeigen. Die Interviewauswertung zeigt Chancen und Herausforderungen kasuistischen Vorgehens in der Lehrkräftebildung aus Sicht der Studierenden. Inwieweit sich dieser Trend auch unter Einbezug des zweiten Durchgangs (WiSe 2021/2022 bestätigen lässt, wird in im Vortrag zur Diskussion gestellt.

        Literatur
        Lüsebrink, I., Messmer, R. & Volkmann, I. (2014). Zur Bedeutung von Biographie, Erfahrung und Narration für die Fallarbeit in der Sportlehrer/innenausbildung. Zeitschrift für Sportpädagogische Forschung, 2(1), 21-40.
        Mayring, P. (2015). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken. Beltz.
        Vogler, J., Messmer, R., Allemann, D. (2017). Das fachdidaktische Wissen und Können von Sportlehrpersonen (PCK-Sport). German Journal of Exercise and Sport Research, 47, 335-347.
        Wolters, P. (2015). Fallarbeit in der Sportlehrerausbildung. Meyer & Meyer.

        Sprecher: Sina Hinternesch (Universität Flensburg), Anneke Langer (Universität Flensburg), Prof. Jürgen Schwier (Universität Flenburg), Prof. Miriam Seyda (dvs Mitglied)
      • 84
        „Dann mach ich halt was Anderes“ - Herausforderungen und Möglichkeiten sportpraktischer Lehrveranstaltungen in der COVID-19-Pandemie

        Einleitung
        Im Zuge der Covid-19-Pandemie wurde eine Umgestaltung des Lehrbetriebes an Universitäten auf Distanz- oder Blended-Learning-Formate erforderlich. Dies stellte für die sportpraktische Lehre eine besondere Herausforderung dar, da Bewegungslernprozesse und auch die an Bewegung gekoppelten Lern- und Bildungsprozesse der unmittelbaren Erfahrung bedürfen (O´Brien, Adamakis, O´Brien, et. al, 2020). Der Blickwinkel des Beitrags richtet sich deshalb auf die Anforderungen an die Lehrtätigkeit, die aus einer Relation zwischen der Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologie und dem fachlichen Gegenstand resultieren. Hierzu wurde untersucht, wie Lehrende in unterschiedlichen Sport- und Bewegungsfeldern ihre Lehre bezüglich der Ziele, Inhalte, und Methoden ausgestaltet haben. Das Forschungsprojekt adressiert folgende Fragestellungen: Welches sind die zentralen und spezifischen Anforderungen an die Lehrtätigkeit? Welche dieser Anforderungen resultieren aus dem fachlichen Gegenstand und welche aus den ggf. fachspezifischen Formen der Mediennutzung?

        Methode
        In einem internationalen Forschungsprojekt wurden an den Universitäten Bir Zeit (Palästina), Birmingham und Marburg Lehrende von Sportpraxiskursen (N =20) anhand eines problemorientierten und standardisierten Leitfadens interviewt. Die Transkripte wurden in Anlehnung an den Leitfaden zunächst formal-strukturierend in Analyseeinheiten gegliedert bevor die Auswertung fallbezogenen über die thematische Analyse (Braun & Clarke, 2007) erfolgte. Die Kodierung des Textmaterials orientierte sich an oben genannten Forschungsfragen und anschließend erfolgte die Generierung sowie zirkuläre Überprüfung von Themen. Die vergleichende Gegenüberstellung zwischen den Universitäten steht noch aus und wird bis zum Vortrag abgeschlossen sein.

        Ergebnisse und Diskussion
        Präsentiert werden die Ergebnisse zu besonderen Herausforderungen (z.B. technologisches Wissen) und neuen Möglichkeiten (z.B. Theorie-Praxis-Verknüpfung) in der sportpraktischen Lehre während der Pandemie, die in den Schnittstellen zwischen Technologie, fachlichem Gegenstand und Lehrverständnis liegen. Die theoretische Anschlussfähigkeit der identifizierten Themen an das TPACK-Modell (Koehler & Mishra, 2009) und mögliche Adaptionen sportpraktischer Lehre sollen im Vortrag diskutiert werden.

        Literatur
        Braun, V., & Clarke, V. (2006). Using thematic analysis in psychology. Qualitative Research in Psychology, 3 (2), 77-101.
        Koehler, M. & Mishra, P. (2009): What is Technological Pedagogical Content Knowledge (TPACK)? Contemporary Issues in Technology and Teacher Education, 9 (1). 60-70.
        O’Brien, W., Adamakis, M., O’ Brien, N., Onofre, M., Martins, J., Dania, A., Makopoulou, K., Herold, F., Ng, K. & Costa, J. (2020). Implication for European Physical Education Teacher Education during the Covid-19 pandemic: a cross-institutional SWOT analysis. European Journal of Teacher Education, 43 (4), 503-522.

        Sprecher: Christian Gaum
      • 85
        Förderung pädagogischer Qualität im Sportunterricht - Ein Mixed-Methods-Design

        Einleitung
        Zur Verbesserung der pädagogischen Unterrichtsqualität im Fach Sport wurden Best-Practice Videoclips erstellt sowie ein Online-Coaching mit Sportlehrkräften durchgeführt. Die durchgeführte Erweiterung einer bestehenden Videobibliothek und die Coaching-Intervention basieren auf theoretischen Begründungen und dem Designplan der Projekte von Richartz (BiSp-Projekte AZ 071104/09-11, AZ 071101/16-18 und AZ 071101/19-21). Bei der Intervention handelt es sich um ein individuelles videobasiertes Online-Coaching für das Kindesalter auf der Grundlage des My Teaching Partner-ProgrammsTM (Allen, Pianta, Gregory, Mikami & Lun, 2011), dass von Richartz und Kolleginnen (2018) für den Sport adaptiert wurde.

        Methode
        Das Beobachtungsinstrument Classroom Assessment Scoring System (CLASS, Pianta, La Paro & Hamre, 2008) diente als Grundlage für die Videobibliothek und die Coaching-Intervention. Die adaptierte videobasierte Coaching-Intervention wurde mit einer Teilstichprobe von fünf SportlehrerInnen durchgeführt. Es handelt sich um eine explorative Studie, die in einem Mixed-Methods Design ausgewertet wurde. Neben quantitativen Daten (z. B. CLASS Ratings) bilden die qualitativen Daten den Schwerpunkt des Forschungsdesigns (z. B. Interview-Daten der Coaching-TeilnehmerInnen oder Beschreibungen der Unterrichtssettings). Durch Triangulationen wurden die verschiedenen Datensätze miteinander verknüpft, um so ein detaillierteres Bild der Voraussetzungen der Lehrkräfte zu Beginn der Intervention abzubilden und ihre individuellen Entwicklungen aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.

        Ergebnisse & Diskussion
        Typische Sportstunden der Lehrkräfte wurden kontrastiert und individuelle Veränderungen im Verlauf der Intervention dargestellt. Insgesamt bewerteten die TeilnehmerInnen die Prozessqualität des Coachings in allen Wirkfaktoren durchweg positiv. Entgegen der zu erwartenden linearen positiven Veränderung der CLASS-Werte durch die Coaching-Intervention, zeigen die unterschiedliche Lehrkräftetypen jedoch ein divergentes Bild. Die unterschiedlichen Verläufe werden durch die verschiedenen Datensätze zum Teil bestätigt, aber zum Teil auch in Frage gestellt. Das unterstreicht die Wichtigkeit eines Mixed-Methods Ansatze in einem so komplexen Feld wie pädagogischer Unterrichtsqualität.

        Literaturverzeichnis
        Allen, J. P., Pianta, R. C., Gregory, A., Mikami, A. Y. & Lun, J. (2011). An interaction-based approach to enhancing secondary school instruction and student achievement. Science, 333 (6045), 1034-1037.
        Pianta, R. C., La Paro, K. M. & Hamre, B. K. (2008). Classroom Assessment Scoring System (CLASS) manual, K-3. Baltimore: Paul H. Brookes Publishing Co.
        Richartz, A., Kohake, K. & Maier, J. (2018). Individuelle videogestützte Lernbegleitung zur Verbesserung der pädagogischen Trainingsqualität im Nachwuchsleistungssport. In Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2017/18 .

        Sprecher: Jessica Maier
      • 86
        Sportunterrichtsentwicklung und Professionalisierung in partizipativ gestalteten Bildungslaboren

        Mit den anstehenden neuen Lehrplänen in Österreich (2023/24) wird erneut die Aufgabe betont, übergreifende Bildungsanliegen und aktuelle Forschungsthemen für die Unterrichtsentwicklung sowie für die Professionalisierung von Lehrkräften im Fach Bewegung und Sport fruchtbar zu machen. Die beiden vorliegenden, analog konzipierten Projekte greifen diese Aufgaben für die Themen Emotionen sowie Demokratie im Sportunterricht auf. Das Ziel dieser sog. Bildungslabore (die Projekte sind Teil der Salzburger Bildungslabore: https://salzburger-bildungslabore.at/) ist es, die Entwicklung, Erprobung, Dokumentation und Überprüfung innovativer Lehr- und Lernverfahren mit der Förderung von Professionalisierungsprozessen bei Lehramtsstudierenden je themenspezifisch zu verschränken.
        Im Mittelpunkt des Vortrages steht der partizipative Projektansatz, mit dem diese Verschränkung umgesetzt wird. Die Projekte arbeiten eng mit Lehrkräften an Kooperationsschulen zusammen, anders als bei vielen Unterrichtsentwicklungsforschungen liegt der Fokus aber auf der systematischen Beteiligung von Lehramtsstudierenden. In Anlehnung an Prinzipien des Design Based Research (z.B. Jeisy, 2015) ist es die Kernidee, für Studierende und Wissenschaftler*innen gemeinsame „Enabling Spaces“ (Greiner, 2021) zu eröffnen, in denen sie sich ins Verhältnis mit Sollen (Theorie), Sein (Empirie) und Handeln (Praxis) sowie in reflexiven Bezug zu ihren Erwartungen, subjektiven Theorien oder biographischen Sedimenten setzen.
        Dafür werden die Themen Emotionen und Demokratie in verschiedene schulbezogene Lehrveranstaltungen integriert (u.a. Schulpraktische und Pädagogisch-praktische Studien), in denen die Studierenden zusammen mit Personen des Projektteams wissenschaftliche Theorien und Konzepte aus beiden Themenbereichen mit fachdidaktischen und gegenstandsbezogen Überlegungen verbinden, Unterrichtsideen entwickeln, diese an Kooperationsschulen erproben sowie forschend begleiten. Dies dient zum einen dazu, eigene Erfahrungen im Horizont der Professionalisierung zu reflektieren; zum anderen werden Theorien und didaktische Konzepte (weiter-)entwickelt und für die Schulpraxis aufbereitet.
        Erfahrungen aus dem ersten von drei Projektjahren weisen auf Potenziale (z.B. Auslösung bildungsrelevanter Krisen) sowie Herausforderungen (z.B. Hierarchien und Abhängigkeiten) des partizipativen Ansatzes hin. Beides wird im Vortrag diskutiert und vor dem Hintergrund der im Rahmentext des Arbeitskreises ausgewiesen Fragen reflektiert.

        Literatur
        Greiner, U. (28. Mai 2021). Was sind Enabling Spaces? Abgerufen von https://salzburger-bildungslabore.at/was-sind-enabling-spaces/.
        Jeisy, E. (2015). Schulsportentwicklung mithilfe von design-based research. Ein Fallbeispiel zur Entwicklung von Lern-Lehr-Modellen im Sportunterricht. In G. Stibbe (Hrsg.), Grundlagen und Themen der Schulsportentwicklung (S. 50-66). Academia.

        Sprecher: Mareike Ahns (Paris Lodron Universität Salzburg), Alexander Ratzmann (Paris Lodron Universität Salzburg), Maximilian Rief (Paris Lodron Universität Salzburg), Prof. Daniel Rode (Paris Lodron Universität Salzburg), Prof. Günter Amesberger (Paris Lodron Universität Salzburg)
    • AK 3.2: Wissenstransfer in nicht-formalen Settings der Sportpädagogik BSH 41

      BSH 41

      Einleitung
      Der Transfer sportspezifischen Wissens findet nicht nur in formalen Settings wie dem Schulsport, sondern ebenso in informellen Jugendszenen oder der offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) statt.
      Der Arbeitskreis untersucht die Relevanz spezifischen Wissens zum Zugang unterschiedlicher Bewegungskulturen, den charakteristischen Umgang mit Wissen innerhalb der jeweiligen Forschungsfelder sowie Transferpotenziale in unterschiedliche pädagogische Handlungsräume.

      Zugangsrelevantes Wissen als sozialpädagogische Aufgabe (Laura Trautmann)
      Das Setting der OKJA setzt sich zum Ziel, Zugang v.a. für von Benachteiligungs-erfahrungen betroffenen Jugendlichen sicherzustellen (Cloos et al., 2009). Anhand der Grounded Theory soll der Zugang zu Bewegungsangeboten der OKJA systematisiert werden. Diese Erkenntnisse eröffnen eine Diskussion um den Transfer der Zugangsmöglichkeiten der o.g. Gruppen in weitere non-formale Settings des Sports.

      Szenewissen in pädagogischer Rahmung am Beispiel Skateboarding (Benjamin Büscher)
      Das Skateboarding zeugt als resiliente Bewegungskultur von einem ausgeprägten „Szenewissen“ (Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 52) bezüglich seiner Bewegungs-, Raum- und Stilpraxis. Die Reproduktion, Transformation und Genese dieser kulturspezifischen Wissensbestände wurde im Rahmen der Ethnographie eines semiformalen Lehr-Lern-Settings untersucht. Transferpotentiale ergeben sich innerhalb der Szene sowie in der Implementation in bestehende Bildungsinstitutionen.

      Von der Szene für die Szene – Digitaler Wissenstransfer im Tricking (Christian Hübner)
      Innerhalb der global agierenden Bewegungskultur Tricking haben sich digitale Formate zum Wissenstransfer etabliert. Vor dem Hintergrund einer ethnographischen Untersuchung sozialer Lernprozesse im Tricking wird die kulturprägende Bedeutung dieser Formate sowie der Einfluss unterschiedlicher „Szeneeliten“ (Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 185) diskutiert.

      Wissenstransfer als designorientierte Wissenspartnerschaft (Frank Vohle)
      Der Vortrag zeigt anhand eines Fallbeispiels aus der DOSB-Trainerausbildung, wie eine kooperative Wissensproduktion anhand der Kategorien von Design-Based Research aus der Perspektive eines EdTec-Unternehmens aussieht. Vor dem Hintergrund von 15 Jahren Praxiserfahrung soll deutlich werden, dass sich „Wissenstransfer“ eher als „Wissenskreislauf“ verstehen lässt.

      Literatur
      Cloos, P., Köngeter, S., Müller, B. & Thole, W. (2009). Die Pädagogik der Kinder- und Jugendarbeit. VS.
      Hitzler, R. & Niederbacher, A. (2010). Leben in Szenen: Formen juveniler Vergemeinschaftung heute. VS.
      Reinmann, G. & Brase, A. (in Druck). Forschungsimmanenter Wissenstransfer in der Hochschullehre mit Design-Based Research: Die Rolle von Wissenspartnerschaften.

      Sitzungsleiter: Jonas Wibowo
      • 87
        Szenewissen in pädagogischer Rahmung am Beispiel Skateboarding

        Theorie
        Das Skateboarding (SB) weist als resiliente Bewegungskultur ein tradiertes „Szenewissen“ (Hitzler & Pfadenhauer, 2004, S. 62) in Bezug auf die Bewegungspraxis des Rollsports, die Raumpraxis in Skateparks sowie eine subkulturelle Stil-Praxis auf. Der Transfer solcher Wissensbestände erfolgt sowohl in bekannte Institutionen des Sports, zuletzt die olympischen Spiele oder den Schulsport, aber auch in szeneoriginäre Lehr-Lern-Settings, z.B. in kommerzialisierten Skatehallen, wo erfahrene Szenemitglieder interessierte Anfänger:innen anleiten (Atencio et al., 2018). Im sportpädagogischen Diskurs wurden solche „semiformalen Sportsettings“ (Bindel et al., 2015, S. 69) zwar in Ansätzen bezüglich ihrer räumlichen, zeitlichen und sozialen Regulierung untersucht, jedoch kaum hinsichtlich der kulturspezifischen Wissensbestände und deren Transformation.

        Methode
        Im Rahmen einer ethnographischen Felduntersuchung wurde eine solche Gruppe aus insgesamt 51 Teilnehmer:innen im Alter von fünf bis 45 Jahren sowie vier Peer-Teamer:innen (18 bis 30) über zwöf Monate (2/19 bis 3/20) wöchentlich in insgesamt 45 Feldaufenthalten begleitet. Die teilnehmende Beobachtung bestand zunächst im gemeinsamen SB sowie dem partizipativen Mitvollzug der rahmengebenden Organisations- und Sozialformen und konnte mit steigender Vertrautheit um vertiefende Feldgespräche ergänzt werden. Während die anhand der Beobachtungsprotokolle rekonstruierten Feldpraktiken zunächst Anhaltspunkte für implizite Wissensstrukturen lieferten, wurde insbesondere in den transkribierten Verbaldaten subjektives Wissen expliziert.

        Ergebnisse
        Der Beitrag untersucht den kulturspezifischen Wissenstransfer im SB in die pädagogische Rahmung des semiformalen Sportsettings aus der Perspektive der Peer-Teamer:innen. Erste Auswertungskategorien verweisen auf Praktiken der Reproduktion, z.B. durch den ständigen Gebrauch von Fachbegriffen und Szenecodes. Im Rahmen der Lehr-Lern-Interaktion wurde zudem eine Praxis der Transformation ausgewählter Wissensfragmente, wie die adressatengerechte Vermittlung von Bewegungstechniken, rekonstruiert. Schließlich deuten durch die semiformale Rahmung bedingte Feldpraktiken, die sich nicht mit der Referenzkultur kontextualisieren lassen, auf die Genese von Wissen hin, dessen Rückkopplung zu weiteren SB-Settings es zu diskutieren gilt.

        Literatur
        Atencio, M., Beal, B. L., Wright, E. M. & McClain, Z. (2018). Moving Boarders. University of Arkansas Press.
        Bindel, T., Herlitz, B. & Hüpper, H. (2015). „Umgang“ mit Jugendlichen im Projekt GOBOX. In E. Balz & D. Kuhlmann (Hrsg.). Sportentwicklung vor Ort – Projekte aus deutschen Quartieren. (S. 69-84). Shaker.
        Hitzler, R. & Pfadenhauer, M. (2004). Unsichtbare Bildungsprogramme? Zur Entwicklung und Aneignung praxisrelevanter Kompetenzen in Jugendszenen. Kinder- und Jugendbericht der NRW, 8.

        Sprecher: Benjamin Büscher (DVS)
      • 88
        Zugangsrelevantes Wissen als sozialpädagogische Aufgabe

        Einleitung
        Sport und Bewegung als gesellschaftliche Teilbereiche sind v.a. Jugendlichen, die von Benachteiligungserfahrungen betroffen sind, weniger zugänglich (Scheerder & Vandermeerschen, 2018). Gleichzeitig wird dem Sport auf politischer Ebene ein großes soziales und bildendes Potential zugeschrieben, weshalb er im Sinne der Chancengleichheit für alle zugänglich sein sollte. Das Setting der offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) setzt sich zum Ziel, v.a. den o.g. Zielgruppen Zugang zu ermöglichen (Cloos et al., 2009). Obwohl der Raum hinsichtlich seiner Niedrigschwelligkeit und Adressatenorientierung interessante Ansätze für die Zugangsermöglichung bietet, findet das sportliche Handeln in diesem Setting innerhalb sportpädagogischer Kontexte bisher nur wenig Berücksichtigung.

        Methode
        Anhand der Ground Theory (Corbin & Strauss, 2015) soll der Zugang, im Sinne eines ersten Schrittes in Bewegungsangebote der OKJA, systematisiert und mögliche Transferpotentiale für weitere non-formale Settings diskutiert werden. Aus der theoretischen Sensibilisierung resultieren problemzentrierte Interviews mit Anbieter:innen der OKJA (N=15) sowie Adressat:innen der Einrichtungen (N=25). Dabei werden Sampling und Leitfaden entsprechend eines iterativ-zyklischen Forschungsprozess, v.a. aufgrund der aus den Daten resultierenden Nutzer:innengruppen, stets angepasst.

        Ergebnisse
        Versucht man „Zugang“ als Konstrukt zu schärfen, muss er verstärkt als wechselseitiger Prozess zwischen Adressat:innen, Anbieter:innen sowie deren Beziehung innerhalb eines spezifischen Sozialraums betrachtet werden. Zu beobachten sind bspw. verschiedene Nutzungsverhalten von der ausschließlichen Nutzung des Raums für selbstorganisierte Bewegungsangebote bis hin zu geschlossenen Angeboten mit fester Rahmung, die im Zusammenhang mit dem Interaktionsgrad zwischen Adressat:innen und Anbieter:innen stehen. Daraus lassen sich u.a. Erkenntnisse über Nutzer:innengruppen sowie ihre Zugangsgründe ableiten. Zielen z.B. Sportvereine darauf ab, Adressat:innen der OKJA zu erreichen, kann v.a. eine reine Sportartenorientierung zur Nicht-Teilnahme führen. Eine solche Ausrichtung steht für die Jugendlichen häufig im Zusammenhang mit Können und Leisten, weshalb das Sporttreiben im Verein nicht als Freizeitgestaltung, sondern vielmehr einer schulischen Verpflichtung gleichgesetzt wird. Daher ist das Wissen um Zugangsmöglichkeiten von großer Bedeutung und soll innerhalb des Beitrages diskutiert werden.

        Literatur
        Cloos, P. Köngeter, S., Müller, B. & Thole, W. (2009). Die Pädagogik der Kinder- und Jugendarbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften.
        Corbin, J. M. & Strauss, A. L. (2015). Basics of qualitative research: Techniques and procedures for developing grounded theory. Sage.
        Scheerder, J. & Vandermeerschen, H. (2018). Playing an unequal Game? Youth sport and social class. In A. Smith & K. Green (Hrsg.), Routledge handbook of youth sport (S. 265-275). Routledge.

        Sprecher: Laura Trautmann
      • 89
        Von der Szene für die Szene – Wissenstransfer im Tricking

        Einleitung
        Innerhalb der seit Beginn der 2000er Jahre global agierenden Bewegungskultur Tricking haben sich unterschiedliche Formate des Wissenstransfers, insbesondere in wechselseitiger Beeinflussung durch Social-Media-Plattformen, entwickelt. Im Rahmen eines ethnographischen Forschungsvorhabens zu sozialen Lernprozessen auf Tricking-Gatherings wurden diese Formate zum Zweck einer umfassenden Beschreibung der Bewegungskultur beobachtet. Dabei ergaben sich szenespezifische Typen des Wissenstransfers, die jeweils unterschiedliche Einflüsse auf die Szene ausüben.
        Der Tagungsbeitrag soll diese Typen in ihren Kontexten vorstellen, ihren Einfluss thematisieren sowie Gemeinsamkeiten und Differenzen zu akademischen Wissenstransfers aufzeigen.

        Methodik
        Im Zusammenhang mit den in der Ethnographie verwendeten methodischen Zugängen der beobachtenden Teilnahme (Hitzler & Eisewicht, 2020) sowie der episodischen Interviews erfolgt eine iterative Untersuchung der Szenekultur im Rahmen der Forschungsstrategie der Grounded Theory (Strauß & Corbin, 2010).

        Ergebnisse
        Im Rahmen der Untersuchung konnten insbesondere szeneintern zirkulierende Transferprozesse von Wissen identifiziert werden, in denen Szenewissen einerseits vermittelt, andererseits vorausgesetzt wird. Sowohl in offen zugänglichen, teilregulierten als auch kommerziell-exklusiven Formaten finden sich Zugangsbarrieren, die interessierte Szenemitglieder überwinden müssen.

        Diskussion
        Im Hinblick auf szenegestaltende Prozesse bleibt der Einfluss der „Szeneeliten“ (Hitzler & Niederbacher, 2010, S. 185) zu hinterfragen, welche die Kanäle der Wissenstransfers betreiben. Auch die Etablierung kommerzieller Angebote von Wissenstransfer und -vermittlung wirft Fragen hinsichtlich ihrer Einflüsse auf die weitere Entwicklung einer Szene auf, die mit offen zugänglichem Wissenstransfer gewachsen ist.

        Literatur
        Hitzler, R. & Eisewicht, P. (2020). Lebensweltanalytische Ethnographie – im Anschluss an Anne Honer. 2., überarbeitete Auflage. Beltz Juventa.
        Hitzler, R. & Niederbacher, A. (2010). Leben in Szenen. Formen juveniler Vergemeinschaftung heute. 3., vollständig überarbeitete Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften.
        Strauss, A. & Corbin, J. M. (2010). Grounded Theory. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Beltz Juventa.

        Sprecher: Christian Hübner (Bergische Universität Wuppertal)
      • 90
        Wissenstransfer als designorientierte Wissenspartnerschaft

        Dass der Impact von Forschungsergebnissen für die pädagogische Praxis gering ist, wird seit vielen Jahren sowohl in der Medien- wie Hochschuldidaktik als auch in der Sportpädagogik (Neuber, Pfitzner & Sygusch 2019) beklagt. Ein Forschungsansatz, der seit Anfang 2000 das Thema Nutzenorientierung aufgreift, ist Design-Based Research (DBR). In der Sportpädagogik wird dieser methodologische Rahmen bisher nur randständig rezipiert (vgl. Jeisy, 2014). Dieser zielt darauf ab, praxisnahe Interventionen bzw. Prototypen mit unmittelbar erfahrbarem Nutzen für Lehrende zu generieren. Indem diese Interventionen reflexiv und iterativ aus Entwurf, Erprobung, Neuentwurf (Design) entstehen und theoretisch begleitet werden, entwickelt sich auch ein wissenschaftliches Verständnis zu den Wirkkräften im Kontext. Entscheidend für den Wissenstransfer ist, dass dieser nicht als der Forschung nachgelagertes Problem auftritt, sondern ein forschungsimmantes Merkmal von DBR ist. Die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis als komplementäre Wissenspartner unterstützt dies (Reinmann & Brase, in Druck). Unter den Praxispartner:innen finden sich Akteure aus Unterrichtspraxis, Bildungsmanagement, Politik und Wirtschaft. Relativ neu innerhalb dieses Rollengefüges ist die Beteiligung von Bildungsunternehmen, sog. EdTec (education & technology), die anschlussfähig an die bildungswissenschaftliche Diskussion sind und (technische) Lösungen für Praxisprobleme (er)finden.

        Der Vortrag zeigt anhand eines Fallbeispiels aus der DOSB-Trainerausbildung, wie eine kooperative Wissensproduktion anhand der Kategorien von DBR aus der Perspektive eines Ed-Tec aussieht. Vor dem Hintergrund von 15 Jahren Praxiserfahrung soll deutlich werden, dass sich „Wissenstransfer“ eher als „Wissenskreislauf“ verstehen lässt: Globales Theoriewissen und lokales Praxiswissen schaffen gleich notwendig und zyklisch etwas Neues. Zudem kann der Fall zeigen, dass „Edtec“ als intermediäre Organisation zwischen Universität und Bildungspraxis eine Initial-, Brücken- und Übersetzungsfunktion im Wissenstransfer übernehmen kann.

        Literatur
        Jeisy, E. (2014). Choreografien des Lernens und Lehrens im Fachbereich Bewegung und Sport: Eine Design-Based Research-Studie zur Entwicklung von Lern-Lehr-Modellen für die Lernverlaufsgestaltung im Sportunterricht. Aachen: Meyer & Meyer.
        Neuber, N., Pfitzner, M. & Sygusch, R. (2019). Regionaler Wissenstransfer – eine neue Herausforderung für die Sportlehrerbildung? In. A. Arampatzis, S. Braun, K. Schmitt & B. Wolfarth (Hrsg.), Sport im öffentlichen Raum (S. 276-278). Feldhaus.
        Reinmann, G. & Brase, A. (in Druck). Forschungsimmanenter Wissenstransfer in der Hochschullehre mit Design-Based Research: Die Rolle von Wissenspartnerschaften.

        Sprecher: Frank Vohle (dvs)
    • AK 3.3: Sportliches Engagement in diversen Settings Leo 21

      Leo 21

      Sitzungsleiter: Bernd Gröben (Universität Bielefeld)
      • 91
        Sozialerzieherische Effekte einer sportlichen Intervention mit Insassen einer Justizvollzugsanstalt

        Einleitung
        Der Forschungsfokus zu Sport im Gefängniskontext liegt nahezu ausschließlich auf den physischen oder psychischen Wirkungen von Trainingsinterventionen mit Insassen (z.B. Dransmann et al., 2021), während sozialerzieherische Effekte bis auf Ausnahmen (Bahlo et al., 2022) kaum berücksichtigt wurden. Vorliegende Studie greift dieses Desiderat auf und untersucht sozialerzieherische Potenziale einer Fußball-Intervention. Dabei wird ein sportpädagogisch anschlussfähiges Vermittlungskonzept genutzt und auf den Gefangenensport transferiert.

        Methode
        In einer experimentellen Feldstudie mit Insassen (n=24) einer offenen Justizvollzugsanstalt ist der Effekt eines sechswöchigen Fußballtrainings (18 Einheiten) in Anlehnung an das Konzept „Scoring for the Future“ (Schlenker & Braun, 2020) untersucht worden. Vor und nach der Intervention wurde die soziale Integration mit einem Fragebogen (Fend et al., 1984) bei einer Versuchs- (VG; n=11) und Kontrollgruppe (KG; n=13) erfasst. Zusätzlich wurde nach der ersten und der letzten Einheit die soziale Kohäsion der VG mit einem Fragebogen (Kleinknecht et al., 2014) erhoben. Die Gruppenzuordnung erfolgte freiwillig durch die Insassen.

        Ergebnisse
        Die statistischen Analysen (ANOVA) ergeben hinsichtlich der sozialen Integration einen signifikanten Interaktionseffekt Zeit × Gruppe (F(1,22) = 4.764, p = .040, η2 = .178) mit einer signifikanten Zunahme in der VG (p = .018). Zudem besteht ein signifikanter Unterschied zwischen der VG und der KG am Ausgangstest (p = .034). Bei der sozialen Kohäsion stieg die Dimension Einigkeit in der Gruppe (F(1,10) = 6.238, p = .031, η2 = .388) signifikant zwischen Pre- und Post-Befragung.

        Diskussion
        Die Intervention hatte bereits nach sechs Wochen einen positiven Effekt auf die soziale Integration und die soziale Einigkeit von Insassen einer Justizvollzugsanstalt. Um die Stabilität sozialerzieherischer Effekte zu überprüfen, sollten zukünftige Studien über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden.

        Literatur
        Bahlo, M., Bahlke, S., Wicker, P., Gröben, B. & Dransmann, M. (2022). Der Beitrag des Freizeitsports zur Identitätsbildung junger, männlicher Strafgefangener. Forum Kinder- und Jugendsport, 3(1), 35-45.
        Dransmann, M., Koddebusch, M., Gröben, B. & Wicker, P. (2021). Functional High-Intensity Interval Training Lowers Body Mass and Improves Coordination, Strength, Muscular Endurance, and Aerobic Endurance of Inmates in a German Prison. Frontiers in Physiology, 12, 733774.
        Fend, H., Helmke, A. & Richter, P. (1984). Inventar zu Selbstkonzept und Selbstvertrauen. Selbstverlag.
        Kleinknecht, C., Kleinert, J. & Ohlert, J. (2014). Erfassung von „Kohäsion im Team von Freizeit- und Gesundheitssportgruppen“ (KIT-FG). Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 22(2), 68-78.
        Schlenker, M. & Braun, P. (2020). Scoring for the future. Developing Life Skills For Employability Through Football. Streetfootballworld.

        Sprecher: Milan Dransmann, Christopher Meier, Prof. Bernd Gröben (Universität Bielefeld), Prof. Pamela Wicker (Universität Bielefeld)
      • 92
        Weiblich – muslimisch – sportengagiert. Bedingungen des Sportengagements türkeistämmiger Frauen in Deutschland

        Einleitung
        Mädchen und Frauen mit türkischem Migrationshintergrund sind im organisierten Sport in Deutschland im Vergleich zu jenen ohne Migrationshintergrund unterrepräsentiert (vgl. u.a. Mutz & Burrmann, 2015). Da sie eine sehr große Gruppe unter den Migrantinnen in Deutschland bilden, verpasst eine beträchtliche Zahl von Mädchen und Frauen vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten durch den Sport. Die Unterrepräsentanz ist auf das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren zurückzuführen. Entsprechend wird unter einer intersektionalen Perspektive (Winker & Degele, 2009) aufgezeigt, in welcher Weise die Faktoren Migrationshintergrund, Religion, Geschlecht und sozioökonomischer Status wechselseitig zusammenwirken und auf das Sportengagement Einfluss nehmen. Ergänzend werden theoretische Überlegungen zu Erziehungsstilen (Leyendecker & Schölmerich, 2007) herangezogen.

        Methode
        In der vorliegenden Studie wurden problemzentrierte, leitfadengestützte Interviews mit elf türkeistämmigen, in unterschiedlichen Sportarten engagierten Frauen im Alter von 19 bis 40 Jahren geführt (Fast, 2021). Diese werden anhand der intersektionalen Mehrebenenanalyse (Winker & Degele, 2009) ausgewertet.

        Ergebnisse
        Was das Zusammenwirken von Geschlecht, Religiosität und Praxis des Sporttreibens angeht, zeigt sich, dass der Zugang zum und der Verbleib im Sport in hohem Maße von der Bereitschaft der Sportlerinnen, eine differenzierte Perspektive auf religiöse Praktiken einzunehmen, abhängt. Diese ist wiederum maßgeblich vom Erziehungsstil der Eltern, insbesondere deren Diskurs- und Kompromissbereitschaft abhängig. Als günstige Bedingungen für einen Zugang zum organisierten Sport sind folglich Anregungen vonseiten der Familie und der Peergroup sowie – mit Blick auf den Verbleib – ein eher independenter Erziehungsstil zu identifizieren.

        Diskussion
        Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse sollten i.S. eines Wissenstransfers Möglichkeiten für türkeistämmige Mädchen auf eine Anregung zum organisierten Sporttreiben erhöht werden (z.B. durch eine Ausweitung von Sport-AGs). Hierbei sind Bedingungen, die den Zugang erschweren oder gar verhindern, bei der Planung und Durchführung von Sportangeboten zu berücksichtigen.
        Literatur
        Fast, N. (2021). Weiblich – muslimisch – sportengagiert. Eine intersektionale Analyse sportbezogener Biografien türkeistämmiger Frauen in Deutschland. Wiesbaden: Springer VS.
        Leyendecker, B. & Schölmerich, A. (2007). Interdependente und independente Orientierungen in Kindheit und Jugend. In G. Trommsdorff & H.-J. Konradt (Hrsg.). Erleben und Handeln im kulturellen Kontext (S. 557-597). Göttingen: Hogrefe.
        Mutz, M., & Burrmann, U. (2015). Zur Beteiligung junger Migrantinnen und Migranten am Vereinssport. In U. Zender, U. Burrmann & M. Mutz (Hrsg.), Jugend, Migration und Sport: Kulturelle Unterschiede und die Sozialisation zum Vereinssport (S. 69-90). Wiesbaden: Springer VS.
        Winker, G. & Degele, N. (2009). Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: Trancript.

        Sprecher: Natalia Fast
      • 93
        Bilateraler Wissenstransfer für Bildungsintegration – Forschungseinblicke in ein Third Mission Projekt zur Förderung von Bildungsintegrationsprozessen durch die Kombination von individueller Lernförderung und Sport

        Bildungsbenachteiligung im deutschen Schulsystem ist ein nach wie vor höchst relevantes Thema. Insbesondere Faktoren, wie die „doppelte Benachteiligung“ (Lokhande & Nieselt, 2016, S. 7ff.), die das Zusammentreffen einer sozial benachteiligten Herkunft und eines Migrationshintergrundes und die damit verbundene Andersbehandlung der Schüler:innen durch Lehrkräfte (stereotype threats) beschreiben, sind (immer noch) empirische Gewissheiten, die die Chancen auf einen erfolgreichen Bildungsprozess stark reduzieren (vgl. ebd., S. 32). Dem begegnet das Projekt „FuNah – Fußball und nachhaltiges Lernen“, das Bildungsintegrationsprozesse durch die Kombination von individueller Lernförderung und Sport an Schulen bereits seit 2014 fokussiert (vgl. Volkmann, 2016). Als Basis bieten Lehramtsstudierende als sog. ‚FuNah-Coaches’ wöchentlich erst eine Lernförderung an und spielen anschließend mit denselben Kindern Fußball in einem teilhabeorientierten Modus. Das Projekt hat sich über die Jahre bedarfsorientiert ausdifferenziert, so dass neben z.B. Feriencamps zu unterschiedlichen Schwerpunkten, einem interkulturellen Fußballturnier mit vielfältigen Workshops (z.B. künstlerisch, tänzerisch) auch eine durchlaufende Begleitung der Kinder von der Kita bis in die weiterführende Schule in einem sozialen Brennpunkt erreicht werden konnte. Wissenstransfer findet bei FuNah in bilateraler Weise statt, denn die Kinder lernen von den Coaches, aber auch die Coaches erhalten durch den intensiven Kontakt mit den Kindern Einblicke in ihnen bisher nicht zugängliche Lebenswelten und ihre Bedingungen. Diese sind zentral für das Aufbrechen der o.g. stereotype threats. Eine auf Reflexivität und Fremdverstehen ausgerichtete pädagogische Professionalität in der Migrationsgesellschaft (vgl. Ohm et al., 2022) wird angebahnt, wie im Vortrag anhand von Einblicken in die Begleitforschung aufgezeigt werden soll.

        Literatur
        Lokhande, M. & Nieselt, T. (2016). Doppelt benachteiligt? Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem. Eine Expertise im Auftrag der Mercator Stiftung. Sachverständigenrat der deutschen Stiftungen für Integration und Migration. Abruf unter
        https://www.stiftung-mercator.de/content/uploads/2020/12/Expertise_Doppelt_benachteiligt.pdf
        Ohm, V., Karakaşoǧlu, Y. & Mecheril, P. (2022). Reflexivität und (Nicht-)Wissen. Umriss Pädagogischer Professionalität in der Migrationsgesellschaft. In: O. Ivanova-Chessex, S. Shure & A. Steinbach (Hrsg.), Lehrer:innenbildung – (Re-)Visionen für die Migrationsgesellschaft. Weinheim: Beltz.
        Volkmann, V. (2016). FuNah - spielerisch fairstehen: Ein Praxiskonzept zur Förderung von Bildungsin-tegrationsprozessen an Schulen. Sportpädagogik, 40(5), 37-41.

        Sprecher: Vera Volkmann (ja)
      • 94
        Barrierefreiheit identifizieren lernen – eine fotobasierte Intervention zur Förderung der Analysefähigkeit bei Schul- und Pausenhöfen

        Einleitung
        Es wird angenommen, dass Bewegung, gemeinsames Spielen und soziale Inklusion auf Schul- und Pausenhöfe für Heranwachsende umso fruchtbarer erlebt werden, desto weniger Barrierepotenziale und desto mehr Teilhabemöglichkeiten diese Orte bieten (Bükers, im Druck). Um Lehrkräfte darin zu unterstützen die Barrierefreiheit auf Schulhöfen zu identifizieren und so langfristig mitzugestalten, wird im vorliegenden Beitrag untersucht, inwieweit sie ihre Fähigkeit zur Analyse der Barrierefreiheit solcher Orte verbessern, indem sie fotobasierte Expert:innenanalysen von Schulhöfen nachvollziehen. Dabei wird die Vollständigkeit der Expert:innennalysen systematisch variiert, um Empfehlungen für die Lehrer:innenbildung ableiten zu können.

        Methode
        Vor und nach der Intervention wurden die Studierenden (N = 87) mit einer offenen sowie sieben geschlossenen Aufgaben (alpha > .65) getestet, bei denen jeweils Barrierepotenziale von Spielgeräten identifiziert werden sollten. In der Intervention wurden sie randomisiert einer Gruppe zugeordnet, der entweder vier vollständige (EG1) oder vier zunehmend unvollständigere (EG2) Expert:innenanalysen von Spielgeräten vorgelegt wurden. In einer Kontrollgruppe (KG) sollten offene Analysen von Spielgeräten angefertigt werden (KG). Es wurden zudem affektiv-motivationale Variablen (u. a. intrinsische Motivation, positive Emotionen) erfasst (alle alpha > .72).

        Ergebnisse
        Es konnten signifikante Gruppeneffekte im Zuwachs sowohl hinsichtlich der offenen Aufgabe (p < .01, r = .33) als auch hinsichtlich der geschlossenen Aufgaben (p < .05, r = 27) identifiziert werden. Studierende in der EG2 zeigten einen höheren Zuwachs (offen: M = 4.88, SD = 2.98; geschlossen: M = 1.29, SD = 1.92) als in der EG1 (offen: M = 3.21, SD = 2.58; geschlossen: M = 0.20, SD = 1.17) oder der KG (offen: M = 2.77, SD = 2.34; geschlossen: M = 0.59, SD = 1.89). Bei den affektiv-motivationalen Variablen ließen sich keine bedeutsamen Effekte identifizieren.

        Diskussion
        Die Befunde zeigen, dass Studierende ihre Analysefähigkeit im Hinblick auf die Barrierefreiheit von Schul- und Pausenhöfen verbessern, wenn sie Beispiele von Expert:innenanalysen bearbeiten. Dabei profitieren sie insbesondere dann, wenn die Beispiele schrittweise unvollständiger werden. Keine Unterschiede hinsichtlich der affektiv-motivationalen Variablen lassen sich möglicherweise auf den Neuigkeitswert des Sachinhaltes zurückführen, der somit eine gleichsam hohe Motivation auslöst. Im Vortrag wird die Ausgestaltung der Test- und Interventionsmaterialien ausführlicher beschrieben du es wird ein Ausblick auf die Weiterentwicklung der Lernumgebungen auf der Basis von 360°-Video angeboten.

        Literatur
        Bükers, F. (im Druck). „Ab in die Pause!“ – Der Schulhof im Fokus der Barrierefreiheit. In: S. Fränkel, M. Grünke, T. Hennemann, D. C. Hövel, C. Melzer & K. Ziemen (Hrsg.), Teilhabe in allen Lebensbereichen? Ein Blick zurück und nach vorn. Klinkhardt.

        Sprecher: Tim Heemsoth (Europa-Universität Flensburg), Frederik Bükers (dvs)
    • AK 3.4: Perspektiven von Schülerinnen und Schülern auf Sportunterricht S5

      S5

      Vorsitzende der Sitzung: Jan Sohnsmeyer (dvs), Kathrin Kohake (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
      • 95
        Bildung im Sport? Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung von Bildungserwartungen von Schüler:innen an den Sportunterricht

        Problemstellung
        Erziehung und Bildung sind zentrale Begriffe der Sportpädagogik (Scheid & Oesterhelt, 2022). Während Erziehung die zielgerichtete Einflussnahme auf Heranwachsende fokussiert, thematisiert der Bildungsbegriff vor allem das reflexive Moment der Selbstbildung (Dörpinghaus, 2015). Diese begriffliche Differenzierung wird hier aufgegriffen und – mit Blick auf den Sportunterricht – empirisch gewendet. Die empirische Modellierung erfolgt in Anlehnung an Theorien des erziehenden Sportunterrichts, in denen Bildungserwartungen kategorial differenziert und fachlich spezifiziert werden. Insbesondere der Ansatz einer Bewegungsbildung im Horizont allgemeiner Bildung (Prohl & Ratzmann, 2018) wird hierbei für die theoretische Konzeption eines Fragebogens zu Bildungserwartungen an den Sportunterricht genutzt.

        Methode
        Auf dieser theoretischen Grundlage wurden prozessuale und strukturelle Aspekte der Bewegungsbildung durch zwei Skalen sowie die Förderung von Mitbestimmung, Selbstbestimmung und Solidarität durch drei Skalen operationalisiert. Diese fünf Skalen sind 430 Schüler:innen (M = 15,1 Jahre) vorgelegt worden. Zusätzlich wurden u.a. die Sportnote, die sportliche Aktivität sowie der Migrationshintergrund der Schüler:innen erfasst. Die faktorielle Struktur ist durch konfirmatorische Faktoranalysen geprüft worden. Zudem wurden Effekte von und auf genannte Kontextvariablen mittels latenter Regressionsmodelle analysiert.

        Ergebnisse
        Das fünf-faktorielle Modell weist eine zufriedenstellende Modellgüte auf (CFI = 0,94; RMSEA = 0,05; SRMR = 0,05). Zudem zeigt sich, dass Schüler:innen mit Migrationshintergrund höhere Bildungserwartungen an den Sportunterricht haben ($0,11 \leq \beta \leq\ $0,21; p < 0,05). Der Umfang der Sportaktivität hat einen positiven Effekt auf alle Bildungserwartungsdimensionen ($0,12 \leq \beta \leq\ $0,22; p < 0,05). Auch scheinen Erwartungen in der Dimension der prozessualen Bewegungsbildung einen positiven Effekt auf die Sportnote zu haben ($\beta = $ 0,18; p = 0,009).

        Diskussion
        Mit den entwickelten Skalen kann valide und theoriebasiert erfasst werden, welche allgemeinen und sportfachlichen Bildungspotenziale Schüler:innen ihrem Sportunterricht zuschreiben. Dies ermöglicht zudem, Einflüsse auf deren Ausprägungen zu analysieren. Inwiefern solche Bildungserwartungen auch Prädiktoren für das Handeln in der Bewegungskultur darstellen, sollen weitere Untersuchungen klären.

        Literatur
        Dörpinghaus, A. (2015). Theorie der Bildung. Versuch einer „unzureichenden“ Grundlegung. Zeitschrift für Pädagogik, 61(4), 464-480.
        Prohl, R. & Ratzmann, A. (2018). Bewegungsbildung im Horizont allgemeiner Bildung. In R. Laging & P. Kuhn (Hrsg.), Bildungstheorie und Sportdidaktik (S. 133-154). Springer VS.
        Scheid, V. & Oesterhelt, V. (2022). Grundbegriffe der Sportpädagogik. In E. Balz, S. Reuker, V. Scheid & R. Sygusch (Hrsg.), Sportpädagogik. Eine Grundlegung (S. 17-32). Kohlhammer.

        Sprecher: Prof. Bernd Gröben (Universität Bielefeld), Firat Akbulut (Universität Bielefeld), Michael Braksiek (Universität Vechta), Christopher Meier (Universität Bielefeld), Prof. Christopher Heim (Goethe-Universität Frankfurt)
      • 96
        Förderung und Befriedigung der psychologischen Grundbedürfnisse und motivationale Orientierung von Kindern im Sportunterricht

        Eine stärker selbstbestimmte Motivation von Kindern im Sportunterricht kann die körperliche Aktivität über die gesamte Lebensspanne hinweg steigern. Nach der Selbstbestimmungstheorie beeinflusst die wahrgenommene Förderung der psychologischen Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit durch die Sportlehrkraft den Grad der wahrgenommenen Befriedigung eben dieser Grundbedürfnisse und infolgedessen die Qualität der Motivation (Ryan & Deci, 2017). Die meisten Forschungsarbeiten untersuchen nur Ausschnitte dieses Zusammenhangs und fokussieren Jugendliche, während jüngeren Kindern weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde (Vasconcellos et al., 2020). Bislang gibt es auch keine geeigneten Instrumente zur Untersuchung der Konstrukte bei jüngeren Schülerinnen und Schülern. Ziel der vorliegenden Studie war es, das deutsche SMoPE-Instrument (Students' Motivation in Physical Education) für die Konstrukte Bedürfnisförderung, Bedürfnisbefriedigung und motivationale Orientierung für 8-13-jährige Kinder im Sportunterricht zu entwickeln und zu validieren. Basierend auf Ergebnissen aus dem außerschulischen Sport und vorliegenden Instrumenten aus dem Jugendalter wurden acht Kinder im Rahmen einer Vorstudie nach der Interviewmethode „Cognitive Pretesting“ zu ihrem Sportunterricht befragt. Mithilfe der Ergebnisse wurde ein modifizierter Itempool zu den drei anvisierten Konstrukten N = 1.011 Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 3 bis 6 vorgelegt. Das Ergebnis ist ein Fragebogen mit 33 Items, der drei Bedürfnisförderungs-Subskalen, drei Bedürfnisbefriedigungs-Subskalen und fünf Subskalen zur motivationalen Orientierung umfasst. Es werden Ergebnisse konfirmatorischer Faktorenanalysen mit akzeptablen bis exzellenten Fit-Indizes für alle Skalen sowie der Nachweis einer Simplex-Struktur für die motivationale Orientierung präsentiert. Darüber hinaus werden mittels multipler Regressionsanalysen positive Zusammenhänge zwischen der Kompetenzunterstützung und der intrinsischen sowie der identifizierten Motivation aufgezeigt. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund international vorliegender Studien diskutiert. So wurden die drei Bedürfnisförderungen bislang selten getrennt voneinander untersucht – in diesen Fällen zeigte sich jedoch übereinstimmend mit den vorliegenden Ergebnissen eine besondere Bedeutung des Kompetenzbedürfnisses in sportlichen Kontexten. Mit dem SMoPE-Instrument liegt nun ein Fragebogen vor, mit dem die angenommene Wirkkette der SDT im Kindesalter und damit auch mögliche Alterseffekte untersucht werden können.

        Literatur
        Ryan, R. M. & Deci, E. L. (2017). Self-Determination Theory: Basic Psychological Needs in Motivation, Development, and Wellness. Guilford Press.
        Vasconcellos, D., Parker, P. D., Hilland, T., Cinelli, R., Owen, K. B., Kapsal, N. et al. (2020). Self-Determination Theory Applied to Physical Education: A Systematic Review and Meta-Analysis. Journal of Eduactional Psychology, 112(7), 1444-1469.

        Sprecher: Kathrin Kohake (Universität Münster), Tim Heemsoth (Europa-Universität Flensburg)
      • 97
        Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung des Aktuellen Interesses im Sportunterricht

        Einleitung und theoretische Rahmung
        Die Person-Gegenstands-Theorie differenziert zwei Ausprägungsformen des Interesses (Renninger & Hidi, 2016). Das Individuelle Interesse bezeichnet die zeit- und situationsübergreifende Tendenz einer Person, sich wiederholt mit einem Gegenstand auseinanderzusetzen. Das Aktuelle Interesse hingegen fokussiert den psychologischen Zustand einer Person während einer zeit-situationsspezifischen Interessenhandlung, die durch das Erleben gefühls- und wertbezogener Valenz sowie die epistemische Orientierung gekennzeichnet ist. Angesichts des dokumentierten Zusammenhangs zwischen Lernmotivation und aktuellem Interesse rückt letzteres zunehmend in den Forschungsfokus. Da im Gegensatz zum individuellen Interesse (vgl. Heim & Sohnsmeyer, 2016) derzeit kein fundiertes Instrument zur Erfassung des Interessenerlebens der Schüler:innen während des Sportunterrichts vorliegt, wird in dieser Studie der Fragebogen Aktuelles Interesse im Sportunterricht vorgestellt und testtheoretisch überprüft.

        Methodisches Vorgehen
        Der Fragebogen orientiert sich an den theoretischen Merkmalsbereichen des Interessenkonstrukts und beinhaltet folglich drei Subskalen (gefühlsbezogene Valenz, wertbezogene Valenz, epistemische Orientierung) mit jeweils fünf Items. Der Fragebogen wurde während des Sportunterrichts an Gymnasialschüler:innen (N = 369; 173 weiblich, 191 männlich, 5 divers) der Klassen 5 bis 7 getestet. Die Bestimmung der Faktorenstruktur erfolgte anhand konfirmatorischer Faktorenanalyse. Mit Blick auf die Reliabilität wurden die internen Konsistenzen der einzelnen Subskalen berechnet.

        Ergebnisse und Diskussion
        Die Fit-Indizes des dreifaktoriellen Modells liefern zufriedenstellende Ergebnisse (χ2 (87) = 139.91, p < .001, CFI = .983, TLI = .980, RMSEA = .040 [.028 - .053], SRMR = .033) und damit eine akzeptable Passung an die Daten. Die Subskalen zeigen gute interne Konsistenzen (Gefühlsbezogene Valenz: α = .92, Wertbezogene Valenz: α = .92, Epistemische Orientierung: α = 0.90). Somit kann die dreifaktorielle Struktur des Fragebogens zum Aktuellen Interesse im Sportunterricht bestätigt werden. Zukünftige Erhebungen zielen auf die Replikation der faktoriellen Struktur sowie die Validierung des Fragebogens ab, um die potentielle Wirksamkeit interessenförderlicher Maßnahmen überprüfen zu können.

        Literatur
        Heim, R. & Sohnsmeyer, J. (2016). Interesse am Sport - theoretische Konzeptualisierung und Konstruktion eines Fragebogens. Zeitschrift für sportpädagogische Forschung, 4(2), 21-40.
        Renninger, K.A. & Hidi, S. (2016). The Power of Interest for Motivation and Engagement. New York, London: Routledge, Taylor & Francis Group.

        Sprecher: Julius Haag, Jan Sohnsmeyer (dvs)
      • 98
        Das Zusammenspiel von tatsächlichen und selbstwahrgenommenen motorischen Basiskompetenzen im mittleren Kindesalter

        Einleitung
        Motorische Kompetenzen und die Selbstwahrnehmung dieser gelten als Determinanten der körperlichen Aktivität. Die Studienlage zum Zusammenspiel dieser Faktoren im Grundschulalter ist aktuell unklar (Barnett et al., 2022). Im Rahmen einer längsschnittlichen Untersuchung wurden Zusammenhänge zwischen tatsächlichen und selbstwahrgenommenen motorischen Basiskompetenzen analysiert. Ziel dieses Beitrags ist es, die Zusammenhänge dieser Faktoren darzustellen.

        Methode
        Die Untersuchung wurde im Rahmen einer Interventionsstudie mit zwei Messzeitpunkten (t1, t2) durchgeführt (n=200; 42% Jungen; M=8.84±.63 Jahre; Strotmeyer et al., 2021). Die motorischen Tests erfolgten mit MOBAK-3-4 (Herrmann, 2018). Das SEMOK-Instrument wurde zur Erfassung der Selbstwahrnehmung motorischer Basiskompetenzen verwendet (Herrmann & Seelig, 2017). Es wurden manifeste Pfadmodelle im Cross-Lagged-Panel-Design und Korrelationsanalysen durchgeführt.

        Ergebnisse
        Die tatsächlichen Kompetenzen im Etwas-Bewegen zu t1 korrelierten mit der Veränderung der Selbstwahrnehmung (β=0.40, p<.01). Die tatsächlichen Kompetenzen im Sich-Bewegen zu t1 korrelierten mit der Veränderung der Selbstwahrnehmung auf einem niedrigeren Niveau (β=0.15, p<.01). Darüber hinaus sagte die Selbstwahrnehmung im Sich-Bewegen zu t1 in geringem Maße die Veränderungen der Kompetenzen voraus (β=0.20, p<.01).

        Fazit
        Die Ergebnisse unterstreichen insbesondere im Etwas-Bewegen, dass die Verbesserung tatsächlicher Kompetenzen zur Steigerung der Selbstwahrnehmung beitragen (Skill-Development-Ansatz). Im Sich-Bewegen scheint zudem der Self-Enhancement-Ansatz eine Rolle zu spielen. Demnach beeinflusst die Selbstwahrnehmung die tatsächliche Kompetenz.

        Literatur
        Barnett, L.M., Webster, E.K., Hulteen, R.M. et al. Through the Looking Glass: A Systematic Review of Longitudinal Evidence, Providing New Insight for Motor Competence and Health. Sports Med 52, 875-920 (2022). https://doi.org/10.1007/s40279-021-01516-8.
        Herrmann, C. (2018). MOBAK 1-4: Test zur Erfassung Motorischer Basiskompetenzen für die Klassen 1-4. Hogrefe.
        Herrmann, C., & Seelig, H. (2017). “I can dribble!” On the relationship between children’s motor competencies and corresponding self-perceptions. German Journal of Exercise and Sport Research, 47(4), 324–334. https://doi.org/10.1007/s12662-017-0468-x.
        Strotmeyer, A., Kehne, M., Herrmann, C. (2021). Effects of an Intervention for Promoting Basic Motor Competencies in Middle Childhood. IJERPH 18 (14), S. 7343.https://doi.org/10.3390/ijerph18147343.

        Sprecher: Anne Strotmeyer, Christian Herrmann, Prof. Miriam Kehne (Universität Paderborn)
    • AK 3.5: Wissenstransfer zur Verbesserung der Qualität des Schulsports in Europa Ho 62.16

      Ho 62.16

      In dem geplanten Arbeitskreis werden wissenschaftliche Transferleistungen des Willi-bald Gebhardt Instituts e.V. Münster (Internationales Institut für Forschung und Wissens-transfer im Sport, WGI, An-Institut der WWU Münster) aus einem europäischen Erasmus+ Projekt mit seinen Feedback-Ergebnissen zum lokalen Schulsport an den beteiligten Projektschulen vorgestellt. Im Zentrum der Betrachtungen steht dabei die Qualität des Schulsports aus einer europäischen Perspektive. Dabei war die zentrale Aufgabe dieser Pilotstudie die Entwicklung eines europaweit einsetzbaren Sets sequenzieller und inte-grierter Fragen zur Qualität des Schulsports, von der individuellen Ebene der Schülerin-nen und Schüler ausgehend bis hin zur bildungspolitischen Makroebene.
      Im AK werden im Rahmen von zwei Beiträgen Ergebnisse des wissenschaftlichen Trans-ferprojekts des WGI „European Physical Education Observatory“ (EuPEO) vorgestellt, das von insgesamt elf Partnerorganisationen aus sieben EU-Ländern in den Jahren 2018 bis 2021, finanziert durch das Erasmus+ Programm der Europäischen Union, durchgeführt wurde. Aus Deutschland haben daran das WGI, das Institut für Sportwis-senschaft (IfS) der WWU Münster und der Deutsche Sportlehrerverband (DSLV) mitge-wirkt. An diesem Monitoring- und Feedback-Projekt für ausgewählte Modellschulen in der Sekundarstufe I haben in Deutschland vier Schulen teilgenommen. In den folgenden ersten beiden Vorträgen werden aus diesem Projektkontext das Konzept und die Unter-suchungsinstrumente sowie ausgewählte Evaluationsergebnisse vorgestellt:
      Stefanie Dahl (IfS Münster): „Rahmenkonzept, Strukturmerkmale und Instrumente des ‚European Physical Education Observatory‘ Projekts“.
      Roland Naul (WGI): „Der Europäische Schulfragebogen (ESQ) und ausgewählte Evalu-ationsergebnisse aus dem Schulsport in Deutschland“.
      Der dritte Beitrag im AK kommt aus den Niederlanden, wo schon seit Jahren der sport-pädagogische und bewegungswissenschaftliche Wissenschaftstransfer intensiv bearbei-tet wird. Das Mulierinstituut, jetzt angesiedelt in der Stadt Utrecht, ist ein Kooperations-verbund von mehreren niederländischen Hochschulen, die in der Regel Auftragsarbei-ten zur Evaluation und Implementation von begleiteten Forschungsprojekten durchfüh-ren. Struktur und Arbeitsweise mit ausgewählten Projektthemen sollen im folgenden Bei-trag vorgestellt werden:
      Amika Singh (Mulierinstituut): „Das Mulierinstituut in den Niederlanden: Wissenschafts-transfer für Bewegung, Spiel und Sport für Ministerien, Kommunen und Schulen".
      Abschließend soll im Rahmen des AK erörtert werden, inwieweit in Zukunft gemeinsame, grenzüberschreitende Forschungs-Transfer-Projekte im Verbund mit weiteren europäi-schen Partnern durchgeführt werden können und wie dazu ein regelmäßiger Austausch über nationale Wissenschaftstransfer-Studien gelingen kann.

      Sitzungsleiter: Heinz Aschebrock (WGI)
      • 99
        Rahmenkonzept, Strukturmerkmale und Instrumente des „European Physical Education Observatory“ Projekts (EuPEO)

        Das Erasmus+ Projekt „EuPEO“ wurde zwischen 2018 und 2021 mit insgesamt elf Partnerorganisationen aus sieben europäischen Ländern unter Leitung der Universität Lissabon durchgeführt. In Deutschland waren am Projekt das Willibald Gebhardt Institut, das Institut für Sportwissenschaft der WWU Münster und der Deutsche Sportlehrerverband beteiligt. Ziel des Projekts war die Förderung der Qualität des Sportunterrichts und des Schulsports in Europa durch die Entwicklung europäischer Monitoringinstrumente. Dazu wurde in Anlehnung an die Qualitätsstandards des UNESCO-Manuals “Quality Physical Education“ (UNESCO, 2015) ein Manual mit zwei Toolkits erstellt, das gemeinsame Strukturen, Instrumente und Inhalte als Qualitätsmerkmale für zukünftige nationale Evaluationsstudien zum Sportunterricht umfasst, wodurch europaweite Vergleiche erleichtert werden sollen.
        Beide Toolkits, das „Toolkit for Internal Monitoring“ (TIM) und das „Manual for External Assessment” (MEA), umfassen mehrere Evaluationsinstrumente. TIM beinhaltet Instrumente zur Selbstevaluation des Sportunterrichts und zum außerunterrichtlichen Schulsport aus der Sicht von Lehrkräften (Europäischer Schulfragebogen, ESQ) sowie Schülerinnen und Schülern (SuS) (Europäischer Schülerfragebogen, EPQ). Beide Gruppen wurden zu den Ressourcen, Zielen, Inhalten und pädagogischen Unterrichtsmerkmalen ihres Schulsports über Selbstauskunft mit dem ESQ und dem EPQ befragt. Bei den SuS wurde zusätzlich das physische Selbstkonzept (EULAS-P) erfasst. Von den Sportlehrkräften in den Modellschulen wurde zudem die motorische Leistungsfähigkeit der SuS (aerobe Ausdauer und Schnellkraft) und ihr sportartspezifisches Können (Grundform von Ballspielen, im Turnen und in der Leichtathletik) im Rahmen ihres Sportunterrichts überprüft und festgehalten (EULAS-T). MEA wurde hingegen als Manual für die Fremdevaluation entwickelt und von externen Fachleuten aus Bildungsverwaltung und Fachwissenschaft über einen nationalen Fragebogen (ECQ) mit Indikatoren zum Schulsport ausgefüllt, wobei inhaltliche Parallelen zum ESQ und EPQ bestehen. Beide, sich gegenseitig ergänzende Toolkits, wurden in zwei Pilotstudien (2019, 2020) in allen teilnehmenden Ländern überprüft und anschließend optimiert.
        Im Vortrag wird das komplexe Design der EuPEO-Studie mit den Toolkits und ausgewählten Merkmalen vorgestellt, einschließlich der Feedback-Einschätzung der Instrumente durch die mitwirkenden Lehrkräfte und die SuS aus den Modellschulen.

        Literatur
        Onofre, M., Costa, J., Ferro, N., Carolo, D., Naul, R., Dahl, S., Repond, R-M., Csányi, T., Scheuer, C., & Holzweg, M. (2020). EuPEO Intellectual Output 3 EuPEO Manual for External Assessment – German Version.
        Onofre, M., Costa, J., Ferro, N., Naul, R., Dahl, S., Repond, R-M., Csányi, T., Scheuer, C., & Holzweg, M. (2019). EuPEO Intellectual Output 4 EuPEO Toolkit für das interne Monitoring des Schulsports – Deutsche Version.
        UNESCO (2015). Quality Physical Education. Guidelines for Policy Makers. Paris: Unesco.

        Sprecher: Stefanie Dahl, Prof. Roland Naul (WGI)
      • 100
        Der Europäische Schulfragebogen (ESQ) und ausgewählte Evaluationsergebnisse aus dem Schulsport in Deutschland

        An vier ausgewählten Modellschulen (Gymnasien, Gesamtschule) in den Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wurde mit einem „Toolkit für das schulinterne Monitoring des Sportunterrichts“ (TIM) aus dem Erasmus+ Projekt „European Physical Education Observatory“ (EuPEO) von Sportlehrern und Sportlehrinnen der Sportunterricht in ihren Klassen 9 und 10 in den Monaten Januar bis März 2020 überprüft. Als zentrales Instrument aus dem Toolkit wurde der „Europäische Schulfragebogen (ESQ)“ eingesetzt. Dieser europäische Schulfragebogen wurde in Anlehnung an die Qualitätsstandards des UNESCO-Manuals “Quality Physical Education“ (UNESCO, 2015) übersetzt und nach einer vorhergehenden Pilotstudie (2019) präzisiert und ergänzt. Als Qualitätsstandards wurden dafür fünf zentrale Dimensionen für das eigene Monitoring und die Auswertung des Sportunterrichts aufgegriffen: Schulkontextdaten, Lehrplan, Arbeitsplatz der Lehrkräfte, Kommunale Partnerschaften und Ressourcen/Ausrüstung der Sportstätten. Alle fünf Dimensionen wurden durch einzelne Komponenten/Kategorien weiter ausdifferenziert und jede dieser Komponenten wurde wiederum in eine Reihe von Indikatoren weiter unterteilt. So enthält zum Beispiel die Dimension „Lehrplan“ als drei Komponenten curricularer Sportunterricht, außerunterrichtlicher Schulsport und andere Formen körperlicher Aktivität im Schulleben. Die Komponente „Sportunterricht“ wiederum gliedert sich in fünf Indikatoren: Inhalte, Beurteilung und Bewertung, Lernergebnisse, Ausflüge und Zeitbudget. Bei den „anderen Formen körperlicher Aktivität“ werden vier Indikatoren unterschieden: aktives Lernen in anderen Schulfächern, Pausensport, Nachmittagsangebote und aktiver Schulweg.
        Im Vortrag werden ausgewählte Ergebnisse aus dem Monitoring der Dimension „Lehrplan“ und der Komponente „curricularer Sportunterricht“ vorgestellt. Dabei handelt es sich um die Überprüfung zentraler motorischer Kompetenzen der Schüler und Schülerinnen (n=183, Mädchen 59,4%, Altersdurchschnitt 15,3 Jahre) als Lernergebnisse des Sportunterrichts in quantitativer (aerobe Ausdauer und Schnellkraft) und in qualitativer Hinsicht (technische Demonstrationsübungen in Ballspielen, im Turnen, in der Leichtathletik) durch ihre Lehrpersonen im Sportunterricht.
        In dem Vortrag werden Kernergebnisse der verschiedenen motorischen Leistungen der Schulen und Schulklassen vorgestellt und diskutiert. Dabei zeigen sich nicht nur erhebliche Unterschiede zwischen den Schulprofilen der Modellschulen, sondern auch zwischen Parallelklassen an ein und derselben Schule.

        Literatur
        Naul, R., Uhlenbrock, C., Dahl, S., Proß, B., Fabry, C., & Niehues, D. (2020). EuPEO Intellectual Output 6.0, EuPEO Ergebnisse TIM – ESQ, EULAS-T, EPQ. Ergebnisse der Pilot Studie B in Deutschland – Deutsche Version. Münster: WGI.
        UNESCO (2015). Quality Physical Education. Guidelines for Policy Makers. Paris: Unesco.

        Sprecher: Prof. Roland Naul (WGI)
      • 101
        Das Mulierinstituut in den Niederlanden: Monitoring und Wissenstransfer für Bewegung, Spiel und Sport für Ministerien und Kommunen, Sportverbände und Schulen

        Das Mulier Instituut wurde im Jahr 2002 gegründet, feiert also im Jahr 2022 sein 20-jähriges Bestehen.
        Das Aufgabenspektrum des Instituts ist vielschichtig und umfasst sozialwissenschaftliche Untersuchungen zu Sportveranstaltungen, Teilnahmeverhalten von Personen aller Altersgruppen, sozialwissenschaftliche und pädagogische Themen zur Bewegungsentwicklung von Kindern und Jugendlichen in Sportverbänden, Stadtteilen und verschiedenen Schultypen (Primarschulen und Sekundarschulen). Dabei geht es um die Entwicklung fundamentaler Bewegungsfertigkeiten, pädagogisch-praktischer Fragestellungen in der Vereins- und Schulpraxis und der sportpolitischen Beratung auf nationaler und kommunaler Ebene.
        Als zwei herausragende Arbeitsgebiete im Institut sind „leren bewegen“ (Vermittlung von Bewegung, Spiel und Sport in Schulen und Sportvereinen) und „gesundheitszorg“ (Förderung eines aktiven, gesunden Lebensstils) zu nennen. Das Mulier Instituut führt zum großen Teil Auftragsstudien durch; und zwar im Namen des Gesundheits- und Sportministeriums (VWS), aber auch direkt auf Anfrage von Kommunen und Sportverbänden (z.B. dem Niederländischen Olympischen Komitee/Niederländischen Sportverband, NOC*NSF) mit einem hohen Anteil an Wissenstransfer für die Stakeholder in diesen verschiedenen Sektoren. Das Jahresbudget des Instituts ist zu 50% staatlich subventioniert (VWS). Die anderen 50% werden anteilig durch Projekteinahmen, eingeworbenen Forschungsgeldern und Mitteln aus Antragsprojekten (z.B. Erasmus+) gewährleistet. Das Mulier Instituut unterhält eine eigene Datenbank mit umfangreicher Dokumentation seiner zum großen Teil auch internationalen Forschungsberichte und Buchpublikationen mit Kollegen und Kolleginnen aus anderen europäischen Universitäten.
        Aktuell wird u.a. ein Europaprojekt über „Physically Active Learning“ (Bewegtes Lernen) durchgeführt. Ein anderes zentrales Thema der Forschung ist ‚Draussen spielen‘. Im Zuge der COVID-19 Pandemie hat das Institut bereits im Jahr 2020 eine eigene Studie über die Auswirkungen der Pandemie auf die motorischen Fähigkeiten von Schulkindern durchgeführt.
        Im Vortrag werden ausgewählte Jugendsportprojekte und Studien zur Bewegungsentwicklung von Schulkindern vorgestellt, die den Wissenstransfer zu kommunalen Partnern und Schulen in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf darstellen.

        Sprecher: Amika Singh (Mulierinstituut, Utrecht, The Netherlands)
    • Dialogforum: Lernen und Bewegung Ho 101

      Ho 101

      Lernen und Bewegung stehen in vielfältigem Zusammenhang. Neben gesundheitlichen, sozialen und emotionalen Funktionen kann Bewegung auch das exekutive System und damit die kognitive Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern fördern. In diesem Dialogforum stellt sich die zentrale Frage, inwiefern Wissenstransfer zwischen Schulen und Hochschulen gelingen kann. Darüber hinaus sollen Diskrepanzen zwischen Empfehlungen und Umsetzbarkeit aufgedeckt und diskutiert werden.

      Vorsitzende der Sitzung: Karin Eckenbach, André Gogoll (Eidgenössische Hochschule für Sport Magglingen)
    • 17:00
      Pause
    • 17:30
      dvs-Sektionssitzung Ballsporthalle

      Ballsporthalle

    • 19:00
      Abfahrt zum Hafen
    • 19:30
      Hafenabend Hafenkäserei

      Hafenkäserei

    • AK 4.1: Lernförderung durch Bewegung – Befunde und Praxistransfer S5

      S5

      „Lernförderung durch Bewegung“ ist kein neues Thema, sondern ein Klassiker der Schulsportdiskussion. Nicht nur im Schulsport, auch anderen Lernbereichen und Fächern wird der Verknüpfung von Bewegung und Lernen eine bedeutsame Rolle zugeschrieben (MSW NRW, 2014). Auf empirischer Ebene werden die Zusammenhänge vielfältig belegt: Bspw. kann Bewegung schulische Leistungen verbessern, die Aufmerksamkeit positiv beeinflussen und das exekutive System stärken (Barenberg et al., 2011; Greeff et al., 2018; Trudeau & Shephard, 2008). Wissenschaftliche Arbeiten zur bewegungsbasierten Förderung in der Schule sowie darauf aufbauende Transferaktivitäten sind hingegen selten, sodass trotz zunehmender Evidenz wenig Ableitungen für die schulische Praxis getroffen werden.
      An dieser Problematik setzen in diesem AK vier Beiträge an, die sich verschiedenen Zugängen zuordnen lassen. Die ersten drei Beiträge betrachten das Lernen im Klassenraum. Sowohl Ludwig et al. (Münster) als auch Liersch (Essen) beschäftigen sich mit der Frage, wie lernförderliche Bewegungsinhalte in den Unterricht Einzug erhalten können, um die exekutiven Funktionen von SchülerInnen zu fördern, und geben Einblicke in die kurz- sowie langfristigen Wirkungen ihrer Interventionsstudien. Während Ludwig fächerübergreifende Überlegungen anstellt, widmet sich Liersch der Integration mathematikdidaktischer Inhalte in die bewegungsbasierte Förderung. Egger et al. (Bern) wählen in ihrer Arbeit einen lernerschließenden Zugang: Bewegung wird im Klassenraumunterricht im Sinne des Embodied Learnings mit relevanten Lerninhalten verknüpft, wodurch auf eine Festigung der Lerninhalte und einen aktiveren Schulalltag abgesehen wird. Der Erfolg der Bewegungsintervention wird bezugnehmend auf eine Prä-Post-Follow-up-Studie diskutiert. Im vierten Beitrag präsentiert Walk (Ulm) ein Projekt, dessen Intention im Wissenschaftstransfer zu bewegungsbasierter Förderung von exekutiven Funktionen besteht. Der gewählte Zugang erfolgt über eine digitale Fortbildung für Übungsleiter in der Ganztagsbetreuung und bietet Anhaltspunkte zur Frage, inwieweit ein Transfer des Themas in das Schulgeschehen glücken kann und welche didaktischen Prinzipien dafür erfolgversprechend sind.

      Literatur
      Barenberg, J., Berse, T., & Dutke, S. (2011). Executive functions in learning processes: Do they benefit from physical activity? Educational Research Review, 6(3), 208–222.
      Greeff, J. W. de, Bosker, R. J., Oosterlaan, J., Visscher, C., & Hartman, E. (2018). Effects of physical activity on executive functions, attention and academic performance in preadolescent children: a meta-analysis. Journal of science and medicine in sport, 21(5), 501–507.
      MSW NRW. (2014). Rahmenvorgaben für den Schulsport in Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf.
      Trudeau, F., & Shephard, R. J. (2008). Physical education, School Physical Activity, School Sports and Academic Performance. The international journal of behavioral nutrition and physical activity, 5(1), 10.

      Sitzungsleiter: Karin Eckenbach
      • 102
        Bewegung im Unterricht – Empirische Studie zu kurz- und langfristigen Effekten von Bewegungspausen auf die exekutiven Funktionen von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I

        Das Ziel, mehr Bewegung in die Schule zu integrieren, wird seit den 1990er Jahren durch die Entwicklung verschiedener Konzepte zur Bewegten Schule vorangetrieben (Laging, 2017). Eines der zentralen Elemente dieser Konzepte stellt die Bewegungspause dar – eine Pause im Unterricht, bei der keine zeitliche oder inhaltliche Verbindung zum Lerngegenstand besteht (Riegel, 2014). Begründet wird der Einsatz von Bewegungspausen, trotz der uneinheitlichen Forschungslage, häufig mit der Wiederherstellung der Konzentrationsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern (Hildebrandt-Stramann, 2009).
        Um weitere Erkenntnisse zur Wirkung von Bewegungspausen auf die kognitive Leistungsfähigkeit zu erlangen, werden in der vorliegenden Interventionsstudie im Prä-Post-Kontrollgruppendesign Effekte von Bewegungspausen auf die exekutiven Funktionen überprüft. Da die Annahme besteht, dass exekutive Funktionen vor allem durch kognitiv anspruchsvolle Bewegungen gefördert werden können (Best, 2010), wurden zwei Experimentalgruppen eingerichtet: EG1: Bewegung mit kognitivem Anspruch; EG2: Bewegung ohne zusätzlichen kognitiven Anspruch; Kontrollgruppe: regulärer Unterricht. Als Intervention wurden animierte Bewegungsvideos entwickelt, die eine Dauer von fünf Minuten nicht überschreiten und ohne Vorbereitungsaufwand eingesetzt werden können. Dadurch sollen weitere Erkenntnisse zur Wirkung von kurzen Bewegungsinterventionen im Unterricht gewonnen werden, die sich vor allem durch ihre einfache Umsetzbarkeit im Schulkontext auszeichnen.
        Nach Abschluss der sechs- bis zehnwöchigen Intervention (unterschiedlicher Interventionszeitraum aufgrund der Corona Pandemie) in fünften und sechsten Jahrgangsstufen (N = 453), werden derzeit Tests zur Erhebung der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit, zur kognitiven Flexibilität, Inhibition und zum Arbeitsgedächtnis ausgewertet. Dabei werden sowohl kurzfristige (Messung vor und nach der Bewegungspause) als auch langfristige Effekte (Messung vor und nach dem Interventionszeitraum) betrachtet, die mittels ANOVA mit Messwiederholung ausgewertet werden. Auf Basis der Ergebnisse werden Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzung von Bewegungspausen vor dem Hintergrund didaktischer Überlegungen diskutiert und kritisch reflektiert.

        Literatur
        Best, J. R. (2010). Effects of physical activity on children’s executive function: Contributions of experimental research on aerobic exercise. Developmental Review, 30(4), 331-351.
        Laging, R. (2017). Bewegung in Schule in Unterricht: Anregungen für eine bewegungsorientierte Schulentwicklung. Kohlhammer.
        Hildebrandt-Stramann, R. (2009). Lernen mit Leib und Seele. Sportunterricht, 59(1), 3-7.
        Riegel, K. (2014). Bewegungspausen im Unterricht von Ganztagsschulen. In R. Hildebrandt-Stramann, R. Laging & J. Teubner (Hrsg.), Bewegung und Sport in der Ganztagsschule: StuBSS: Ergebnisse der qualitativen Studie (S. 492-532). Schneider Verlag Hohengehren.

        Sprecher: Katharina Ludwig, Nils Neuber
      • 103
        Lernförderliche Bewegungsspiele im Mathematikunterricht. Eine empirische Studie zu den Auswirkungen auf die exekutiven Funktionen von Siebtklässler*innen

        Abstract
        Ergebnisse mehrerer Studien belegen verschiedene Effekte von Bewegung auf das Lernen: unter anderem das Potenzial allgemein kognitive Lernleistungen zu fördern. Insbesondere kognitiv anspruchsvolle Bewegung wirkt sich positiv auf die exekutiven Funktionen und die Schulleistung aus (Boriss, 2015). Auch Bewegungspausen im Klassenraum haben, wenn sie einen kognitiven Anspruch beinhalten, einen positiven Einfluss auf die exekutiven Funktionen und die Mathematikleistung (Egger et al., 2019). Wird der kognitive Inhalt solcher Bewegungspausen zudem mathematisch gestaltet, sind die Effekte auf die Mathematikleistung im Vergleich zu reinen Bewegungspausen noch höher (Mavilidi & Vazou, 2021). Basierend auf diesen Zusammenhängen wird unter anderem der Fragestellung nachgegangen, welche Effekte es auf das exekutive System hat, wenn der kognitive Anspruch in Bewegungspausen mathematisch gestaltet wird. Um Antworten auf die Frage zu finden, wurden kognitiv-anspruchsvolle Bewegungsspiele mit (Experimentalgruppe 1) und ohne (Experimentalgruppe 2) mathematischen Anspruch entwickelt und von fortgebildeten Lehrkräften ein Schuljahr lang in den Mathematikunterricht von siebten Klassen an vier Schulen implementiert. Um zusätzlich Aussagen zum Einfluss der Bewegung treffen zu können, wurden in einer weiteren Gruppe (Experimentalgruppe 3) mathematisch kognitiv-anspruchsvolle Spiele ohne Bewegung durchgeführt. Mittels Pre-, Interims- und Posttestungen im Rahmen einer Interventionsstudie werden die Effekte in Abhängigkeit der unterschiedlichen Interventionen auf das exekutive System analysiert. Zur Erhebung exekutiver Funktionen werden computerbasierte Diagnoseverfahren (entsprechend der Definition der exekutiven Funktionen nach Miyake et al. (2000): Inhibitions-, Task-Switching- & Updating-Aufgaben) eingesetzt. Auch wenn die Datenerhebung erst im Juni 2022 vollständig abgeschlossen wird, können auf Basis von Pre- und Interimstestungen erste Vorergebnisse ausgewiesen werden. Ersten Analysen zufolge wird erwartet, dass die Experimentalgruppe 2 die größten Verbesserungen zeigt.

        Literatur
        Boriss, K. (2015). Lernen und Bewegung im Kontext der individuellen Förderung: Förderung exekutiver Funktionen in der Sekundarstufe I. Springer VS.
        Egger, F., Benzing, V., Conzelmann, A., & Schmidt, M. (2019). Boost your brain, while having a break! The effects of long-term cognitively engaging physical activity breaks on children's executive functions and academic achievement. PloS one, 14(3), e0212482.
        Mavilidi, M. F., & Vazou, S. (2021). Classroom-based physical activity and math performance: Integrated physical activity or not? Acta paediatrica, 110(7), 2149–2156.
        Miyake, A., Friedman, N. P., Emerson, M. J., Witzki, A. H., Howerter, A., & Wager, T. D. (2000). The Unity and Diversity of Executive Functions and Their Contributions to Complex "Frontal Lobe" Tasks: A Latent Variable Analysis. Cognitive Psychology, 41(1), 49–100.

        Sprecher: Jennifer Liersch
      • 104
        Embodied Learning im Klassenzimmer – Effekte von aufgabenrelevanten Bewegungen auf die Lernleistung von Schüler*innen

        Einleitung
        Die Bedeutung von Bewegung für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist in der Bildung weithin anerkannt. Doch obwohl regelmäßige körperliche Aktivität nebst der körperlichen und psychischen Gesundheit auch kognitive Fähigkeiten und schulische Leistungen positiv zu beeinflussen vermag (1), wird beim Wissenserwerb in der Schule darauf geachtet, dass Schüler:innen still an ihren Pulten sitzen. Dabei legen Theorien zu Embodied-Cognition nahe, dass ein hohes Maß an Körpereinsatz während des Lernprozesses, das Lernen und das Behalten von Informationen verbessern. Hängt die ausgeführte körperliche Bewegung zusätzlich mit dem Lerninhalt zusammen, hat das den Vorteil, dass Informationen gleichzeitig von verschiedenen Teilsystemen verarbeitet werden können und somit mehr Ressourcen für den Lernstoff übrigbleiben. (2). Daraus ergibt sich die Fragestellung, ob sich je nach Lernform (lernrelevante Bewegungen vs. lernirrelevante Bewegungen vs. sitzendes Lernen) die Lernleistung von Schüler:innen unterscheidet.

        Methode
        Insgesamt wurden 99 Schüler:innen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren zu drei Messzeitpunkten in ihrer Lernleistung getestet. Die Schüler:innen wurden entweder (a) einer körperlich aktiven Bedingung mit lernrelevanten Bewegungen, (b) einer körperlichen aktiven Bedingung mit lernirrelevanten Bewegungen oder (c) einer körperlich inaktiven Bedingung (sitzende Kontrollgruppe), zugeteilt. Während der 2-wöchigen Intervention, welche drei 10-Minuten-Einheiten beinhaltete, mussten die Schüler:innen 28 unbekannte lateinische Wörter lernen.

        Ergebnisse
        ANOVAs zeigen, dass die Lernleistung der Schüler:innen aus Bedingung (a) zu T2 im Vergleich zu den Schüler:innen der Bedingung (b) ähnlich und im Vergleich zu den Schüler:innen der Kontrollbedingung (c) geringer ausfällt. Die Resultate zu Messzeitpunkt 3 (follow-up) zeigen hingegen, dass die Lernleistung zwischen den drei Bedingungen längerfristig gleichbleibt.

        Diskussion
        Obwohl die im Lernprozess ausgeführten Bewegungen kurzfristig einen negativen Effekt auf die Lernleistung hatten, scheint längerfristig die Lernleistung nicht unter der zusätzlichen Bewegung im Schulunterricht zu leiden. Weitere Untersuchungen in dieser Altersgruppe sind nötig, um konkrete Empfehlungen für die Schule formulieren zu können.

        Literatur
        Lubans, D. et al. (2016). Physical activity for cognitive and mental health in youth: A systematic review of mechanisms. Pediatrics, 138(3).
        Mavilidi, M., Ouwehand, K., Okely, A. D., Chandler, P., & Paas, F. (2019). Embodying learning through physical activity and gestures in preschool children. In S. Tindall-Ford, S. Agostinho, & J. Sweller (Eds.), Advances in cognitive load theory: Rethinking teaching. (pp. 103-118). Routledge.

        Sprecher: Fabienne Egger, Mario Kamer (Institut für Sportwissenschaft), Valentin Benzing (Institut für Sportwissenschaft, Universität Bern)
      • 105
        Wissenschaftstransfer unter Pandemiebedingungen: Das Pilotprojekt „BeLL – Bewegte Kinder lernen leichter“

        Abstract
        Durch Corona und die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zeigt sich in Bereichen der Selbststeuerung, Handlungskontrolle und körperlicher Aktivität von Kindern ein großer Handlungsbedarf. Ein erfolgsversprechender Ansatzpunkt zur Förderung sind exekutive Funktionen, die nachweislich durch Sport und Bewegung unterstütz werden können (Best, 2010). Aktuelle Bedarfe der Praxis, die sich aus dem Einfluss der Pandemie auf Kinder ergeben, sowie eine durch Corona veränderte Wahrnehmung der gesellschaftlichen Bedeutung von Wissenschaft eröffnen neue Chancen für erfolgreichen Wissenschaftstransfer. Zugleich ist die Umsetzung weiterhin pandemiebedingten Rahmenbedingungen unterworfen. Anhand des Fortbildungskonzepts BeLL wird dargestellt, wie unter diesen Bedingungen Wissenschaftstransfer erfolgen kann und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. BeLL bedient sich eines digitalen Formats, um Übungsleiter:innen (Ü-Leiter) in der Grundschul-Ganztagsbetreuung weiterzubilden. Die Herausforderung liegt darin, neben theoretischen Kenntnissen, konkretes Handlungswissen mit Bezug zu körperlicher Aktivität in einem virtuellen Format zu „transportieren“. Neben der technisch-organisatorischen Umsetzung gilt es v.a. didaktisch relevante Fragestellungen aufzubereiten (Borchert et al., 2017), sodass neu erworbene Wissensinhalte verankert, reflektiert und in die Praxis übertragen werden können.
        Hierzu wurden in einem E-Learning (EL) Format verschiedene digitale Lernformen mit einer direkten Kommunikation (Arnold et al., 2018) und dem praktischen Umsetzen von Lerninhalten kombiniert. Leitend waren bei der Konzeptionierung didaktische Prinzipien und empirische Befunde zu gelingendem Lernen und zielgerichteter Unterstützung selbstgesteuerten Lernens (u.a. handlungsorientiertes und kokonstruktives Lernen). Über den Zeitraum von 3 Monaten wurden 16 Ü-Leiter u.a. mithilfe von Online-Meetings, videogestützten Aufgaben und Transferaufgaben darin weitergebildet, die Möglichkeiten von körperlicher Aktivität zur alltagsintegrierten Förderung zu erkennen und zu nutzen. Die Evaluation untersuchte, welche Vorteile das EL-Format gegenüber Präsenzlehrgängen aus Sicht der Ü-Leiter hat und wie sie ihren Wissenszuwachs für ihre Arbeit einschätzen. Dafür bewerteten die TN in einem Fragebogen auf einer Likert-Skala von 1-6 strukturelle und technische Aspekte, die verschiedenen eingesetzten didaktischen Methoden sowie den Transfer in die Praxis.
        Der Vortrag stellt das BeLL-Konzept, Inhalte und Methoden vor. Die Evaluationsergebnisse werden berichtet und diskutiert (Ergebnisse lagen zum Zeitpunkt der Einreichung noch nicht vor).

        Literatur
        Arnold, P. et al. (2018). Handbuch e-learning: Lehren und lernen mit digitalen Medien (Vol. 4965). UTB.
        Best, J. R. (2010). Effects of Physical Activity on Children's Executive Function. Dev. Rev, 30, 331-551.
        Borchert, et al. (2017). Computergestützte berufliche Weiterbildung von Sportlehrkräften. In Workshop Gemeinschaften in Neuen Medien. TUDpress.

        Sprecher: Laura Walk
    • AK 4.2: Sportpädagogik, Hochschulentwicklung (Third Mission) und Zivilgesellschaft. Eine produktive Allianz S4

      S4

      In den vergangenen Jahren gab es einen Wandel in der deutschen Hochschulwelt: Die „Third Mission“ setzt bisherige Aufgaben in einen neuen Kontext und kann für anwendungsorientierte Disziplinen eine Profilierungschance sein. In dem Arbeitskreis werden Aktivitäten, Resultate und Folgen der Arbeit der Freiburger Sportpädagogik zu dem Themenfeld „Sport für soziale Entwicklung“ der letzten 10 Jahre bilanziert. Dabei wird die außerhochschulische Umwelt nicht nur als bloße Empfängerin von Wissenstransfer gesehen. Gewinnbringend für Wissenschaft und Zivilgesellschaft sind wechselseitige Austauschbeziehungen. Chancen für beteiligte Akteur:innen und auch Herausforderungen werden in den Einzelbeiträgen an ausgewählten Themen reflektiert. Leitend sind folgende Fragen:
      • Welchen Beitrag können sportpädagogische Arbeitsgruppen zur Third Mission leisten?
      • Wie können sportpädagogische Forschung, Praxiskonzeptentwicklung und Gründungsinitiativen profitieren?
      • Wie kann nachhaltige soziale Entwicklung durch zielgruppenangepasste Sportangebote in der Gesellschaft angeregt werden?
      • Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich aus Wissenstransfer für alle Akteur:innen?
      In dem Beitrag von Lukas Oettle wird rekonstruiert, wie angewandte sportpädagogische Forschung in Kooperation mit einer NGO (Stiftung) zu einem nachhaltigen Beitrag der Third Mission werden kann und welche Herausforderungen bei der Initiierung sozialer Innovationen im Sport zu bewältigen sind. Die Analyse des mehrjährigen Prozesses orientiert sich an einem forschungsbasiert entwickelten Analysetool des CHE (Centrum für Hochschulentwicklung, Roessler & Hachmeister, 2021). Die Indikatoren geben Orientierung für die Darstellung der Forschungs- und Entwicklungsleistung sowie für die Sichtbarmachung des Beitrags für die „Third Mission“ des Fachs.
      Aus der Perspektive eines außeruniversitären Partners stellen Berndt Tausch et al. die Rolle der Stiftung als Initiatorin für Vernetzung und Praxistransfer und als „Übersetzerin“ zwischen Universität und Zivilgesellschaft in einer kommunalen Bildungslandschaft dar. Soziale Innovationen erfordern Qualifizierung ergänzend zu tradierten Ausbildungen. Louisa Ramsaier lotet den Pfad zwischen wissenschaftlichem Anspruch und notwendiger Praxisnähe bei dem Bildungsangebot zum „Sportcoach für Integration und Vielfalt“ aus.
      Petra Gieß-Stüber beschreibt die Prozesskette von Vorbedingungen, Aktivitäten, Resultaten, Folgen im Sinne der Third Mission an dem Beispiel der Entwicklung des Vereins beneFit.e.V.

      Literatur
      Roessler, I. & Hachmeister, C-D. (2021): Wissenstransfer als Bestandteil der Third Mission der Hochschulen. In: Schmidt, U. & Schönheim, K. (Hrsg.), Transfer von Innovation und Wissen - Gelingensbedingungen und Herausforderungen, (S. 195-214). Wiesbaden: Springer VS

      Sitzungsleiter: Petra Gieß-Stüber (dvs)
      • 106
        Sozial-innovative Sportprojekte für nachhaltigen gesellschaftlichen Wandel - Zwischen Universität und gesellschaftlicher Praxis

        Abstract
        Mit diesem Beitrag wird die Entwicklung eines sozial-innovativen Sportprojekts in den Kontext der Third Mission von Hochschulen eingeordnet. Die Prozesskette von Vorbedingungen, Aktivitäten, Resultaten und Folgen wird an der Entwicklung von beneFit e.V. illustriert. Inwiefern Gründung und Etablierung eines Praxisprojekts zu gesellschaftlichem Wandel und Third Mission von Hochschulen beiträgt, wird an Indikatoren für gelingende wechselseitige Austauschbeziehung zwischen Universität und Gesellschaft detailliert dargestellt, indem Facetten des Wissenstransfers der Prozesskette aufgegriffen werden (Roessler & Hachmeister, 2021).
        Vorbedingungen: Angeregt durch ein Seminar, in dem Studierende in Entwicklungen außeruniversitärer Sportprojekte involviert wurden, wurde beneFit e.V. auf theoretischen Grundlagen zur Marginalisierung von Menschen in finanzieller Armut (MifA) im organisierten Sport gegründet. Aktivitäten: Mit beneFit e.V. wird ein zielgruppengerechtes, barrierearmes Angebot für MifA aufgebaut. MifA benötigen aufgrund häufig beeinträchtigter physischer, psychischer und sozialer (z.B. Jahoda et al., 2018) sowie struktureller Ressourcen einen besonderen Zugang zum Sport. Um soziale Exklusion und gesellschaftliche Stigmatisierung (Kieselbach, 2003) zu vermeiden, werden besondere pädagogische und didaktische Kompetenzen im Anleiten des Trainings sowie in der gesamten Organisation eines Angebots benötigt. Resultate: Durch cross-employment (universitäre Anstellung und Projektkoordination) entstehen ideale Bedingungen für Wissenstransfer und Gelegenheit, das zukunftsorientierte Thema der sozial-innovativen Sportprojekte an der Universität zu implementieren (Roessler & Hachmeister, 2021). Unter Beteiligung von Studierenden bietet der universitäre Kontext in Kooperation mit der Gründung einer neuen NGO die Möglichkeit wissenschaftsbasierte Praxis von Grund auf zirkulär zu entwickeln. Folgen: Theoretische und empirische Forschungsarbeiten helfen dabei, einen partizipativen, zielgruppeneinschließenden Ansatz zu entwickeln. Gleichzeitig entwickeln Studierende pädagogische Kompetenzen im Umgang mit der Zielgruppe.

        Literatur
        Jahoda, M., Lazarsfeld, P. F., & Zeisel, H. (2021). Die Arbeitslosen von Marienthal: Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit: mit einem Anhang zur Geschichte der Soziographie (28. Auflage). Suhrkamp Verlag.
        Kieselbach, T. (2003). Long-Term Unemployment Among Young People: The Risk of Social Exclusion. American Journal of Community Psychology, 32(1–2), 69–76. https://doi.org/10.1023/A:1025694823396
        Roessler, I., & Hachmeister, C.-D. (2021). Wissenstransfer als Bestandteil der Third Mission der Hochschulen. In U. Schmidt & K. Schönheim (Hrsg.), Transfer von Innovation und Wissen (S. 195–214). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33667-7_11

        Sprecher: Lukas Oettle
      • 107
        Stiftungen als Initiatorinnen für Vernetzung und Praxistransfer in einer kommunalen Bildungslandschaft Sport und Bewegung

        Ausgangslage
        Der Sport ist einer der größten, bislang wenig beachteten Bildungsanbieter aus der Zivilgesellschaft. Trotz der beschriebenen Bildungspotenziale und der besonderen Chancen für das informelle Lernen, wird der Sport gegenwärtig in kommunalen Struk-turen und Bildungskonzepten nicht angemessen berücksichtigt. Gleichzeitig gewinnt der Sport-for-Development-Ansatz (sfd) stetig an Bedeutung (Lyras & Peachey 2011). Er wendet sich explizit an vulnerable Gruppen in Risikolagen mit dem Ziel, Bildungsprozesse zu initiieren und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. In einer Stakeholder-Analyse identifizierte Maith (2021) 100 sfd-Organisationen, wobei nur über eine systematische Kooperation eines sportwisssenschaftlichen Instituts mit einer Stiftung berichtet wird.

        Lösungsansatz
        Operative (Sport-)Stiftungen, die mittels sfd-Ansatz vulnerable Zielgruppen adressieren, spielen eine besondere Rolle in der Initiierung von Netzwerken. Sfd-Ansatz, Stiftungen und das Konzept der Bildungslandschaften eint eine bildungsbiographisch-orientierte Förderung von Kindern und Jugendlichen. Ausgehend von deren Bedürfnissen und Bedarfen im Sozialraum können Stiftungen als Intermediatorinnen an der Schnittstelle non-formaler-Settings und informeller Lebenswelten von Schule, Schulsport, Verein, sozialen Dienstleistungsträgern sowie wissenschaftlichen Organisationen vermitteln und Wissenstransfer mitgestalten (Tausch et al. 2022).

        Erkenntnisse
        Es soll aufgezeigt werden, wie Stiftungen Projekte nach dem sfd-Ansatz in Bildungslandschaften etablieren können. Anhand des Good Practice-Beispiels kick für soziale entwicklung werden die Gelingensbedingungen für eine Vernetzung und den Wissens-transfer in Bildungslandschaften abgeleitet. Im Zentrum steht die spezifische Kooperationsarchitektur zwischen einer Sportstiftung und dem lokalen sportwissenschaftlichen Institut. Zentrale Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
        • Für die universitäre Lehre ist ein Praxisfeld entstanden, das Theorie und Praxis verbindet und Studierende qualifiziert.
        • Die wissenschaftliche Begleitung liefert Erkenntnisse über strukturelle Rahmen-bedingungen für Projekte nach dem sfd-Ansatz.
        • Es ist ein agiles Netzwerk entstanden, das Bedarfe aus dem kommunalen Raum aufgreift und innovative Lösungen entwickelt.

        Literatur
        Lyras, A., & Peachey, J. W. (2011). Integrating sport-for-development theory and praxis. Sport management review, 14(4), (S. 311-326).
        Maith, V. (2021). Sport for Development Stakeholders in Germany. Analysis of their contribution towards the Sustainable Development Goals. Unveröffentlichte Masterarbeit, Deutsche Sporthochschule Köln.
        Tausch, B., Koranyi, F. & Kritzinger, N. (2022). Stiftungen als Impulsgeberinnen für Vernetzung in einer kommunalen Bildungslandschaft im Kontext von Sport und Bewegung. In Gesellschaftlicher Zusammenhalt durch Sport, Hrsg P. Gieß-Stüber, B. Tausch. Wiesbaden: Springer VS.

        Sprecher: Berndt Tausch, Koranyi Franz (Freie Universität Berlin), Nico Kritzinger (step stiftung)
      • 108
        Sportcoach für Integration und Vielfalt – ein sportpädagogisches Qualifizierungsangebot zwischen wissenschaftlichem Anspruch und notwendiger Praxisnähe

        Problemstellung und Ausgangslage
        Um die sportpädagogischen Ziele in Sport for Development-Programmen (SFD) zu erreichen, ist eine begleitende und gezielte Qualifizierung der pädagogisch tätigen Personen unabdingbar. Zum einen hängt die integrative Wirkung des Sports von der pädagogischen Gestaltung und damit von passenden Konzepten und Angeboten ab (Gieß-Stüber, 2019). Zudem erfordert die pädagogische Arbeit in SFD-Programmen neben sportartbezogenem Können, Wissen und Praxiserfahrungen auch die Bereitschaft, sich mit unterschiedlichen kulturellen Deutungsmustern und -perspektiven auseinanderzusetzen. Wertschätzung für Vielfalt und Fremdheit, Ambiguitätstoleranz, Empathie und ausgeprägte Sozialkompetenz (Gieß-Stüber, Tausch & Freuden-berger, 2018, S. 106) sind Voraussetzungen für die gelingende Umsetzung. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit spezifischer Qualifizierungsangebote für Mitarbeiter:innen in SFD-Programmen.

        Lösungsansatz
        Aus dem in der Problemstellung erkannten Bedarf entstand 2017 eine Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Sport und Sportwissenschaft (IfSS) der Universität Freiburg und der step stiftung mit dem Grundgedanken: Das IfSS entwickelt als Dienstleister Fortbildungsthemen und -inhalte auf Basis des aktuellen Forschungsstandes. Die step stiftung setzt die Fortbildungen als operativer Partner um. Durch die Konzeption der Fortbildungsinhalte nach dem Baukastenprinzip war das Ziel, die Inhalte mit geringem Zeitaufwand an unterschiedliche Zielgruppen (z.B. Lehrkräfte, Vereinstrainer:innen) anpassen zu können.

        Herausforderungen und Erkenntnisse
        Nach der Implementierung des Qualifizierungsangebots zum Sportcoach für Integration und Vielfalt wurde deutlich: Der wissenschaftliche Anspruch kollidiert häufig mit den Wünschen und Vorstellungen der Praktiker:innen. Die hauptsächlich ausgemachten Herausforderungen ergaben sich aus unterschiedlichen Vorstellungen zum Zeithorizont, den Inhalten und der Evaluation der Fortbildungen. Anhand der Erfahrungen und Evaluationen aus dem Qualifizierungsangebot können Handlungsempfehlungen für den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Fortbildungspraxis abgeleitet werden. Es kann diskutiert werden: Wie viel Wissenschaft ist praxisverträglich? Wie viel Praxisnähe ist mit dem Anspruch auf wissenschaftlich fundierte Lernmodule vereinbar?

        Literatur
        Gieß-Stüber, P. (2019). Gesellschaftlicher Zusammenhalt durch Sport in der Migrationsgesellschaft:
        Konzept und Orientierungshilfe für Autorinnen und Autoren [Konzept]
        . Internes Dokument für Referent:innen der step stiftung.
        Gieß-Stüber, P., Tausch, B., & Freudenberger, K. (2018). kick für soziale Entwicklung. In E. Grame-
        spacher & R. Schwarz (Hrsg.), Bildungspotentiale des Fußballs (S. 91-127). Wiesbaden: Springer VS.

        Sprecher: Louisa Ramsaier
      • 109
        „Sport für soziale Entwicklung“ als Third Mission der Universität

        Problemstellung
        Trotz langjähriger Kampagnen zugunsten eines Sports „für alle" wurde das Ziel bisher nicht umfassend erreicht. Andererseits liegt aber theoretisches und teilweise auch evidenzbasiertes Wissen vor, wie bisher marginalisierte Zielgruppen für sportliche Aktivität gewonnen werden können und worauf bei der Gestaltung von Sportangeboten zu achten ist, um Teilnehmende in ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen und soziales Miteinander zu fördern. In dem Vortrag wird an einem regionalen Beispiel nachgezeichnet, wie die Sportpädagogik universitäre Forschung, Lehre und gesellschaftliche Entwicklung verknüpfen und so einen komplexen Beitrag zur „Third Mission“ von Hochschulen leisten kann. Die Darstellung des mehrjährigen Prozesses wird in Anlehnung an ein forschungsbasiert entwickeltes Analysetool des Centrums für Hochschulentwicklung (Roessler & Hachmeister, 2021) strukturiert.

        **Konzeptioneller Rahmen **
        Die inhaltlichen Arbeitsschwerpunkte, aus denen heraus sich außeruniversitäre Aktivitäten entwickelt haben, liegen im Bereich der gesellschaftswissenschaftlich ausgerichteten empirischen Sportpädagogik. Ausgangspunkt für Lehrprojekte und Forschung ist die Reflexion des Zusammenhangs von gesellschaftlichen Prozessen wie Globalisierung, Migration, Wandel der Geschlechterverhältnisse mit sportpädagogischen Themen. Diese thematische Priorität ist Grundlage für Partnerschaften zwischen dem Universitätsinstitut und externen Organisationen, weckt das Interesse von Studierenden, eröffnet Praxisfelder für Professionalisierungsprozesse und motiviert Gründungen innovativer Organisationen.

        Produkte
        Im Laufe der Zeit ist durch Austauschbeziehungen ein nachhaltiges Praxisprogramm (kick für soziale entwicklung; step stiftung) und ein eigenständiger gemeinnütziger Verein mit hauptamtlichen Strukturen (Bike Bridge e.V.) entstanden. Ein sozial-innovatives Sportprojekt ist im Aufbau (beneFit.e.V.). Studierende und Absolvent:innen qualifizieren sich und andere im Rahmen eines spezifisch entwickelten Fortbildungsprogramms. Unter anderem durch cross-employment werden „Übersetzungsleistungen“ zwischen Theorie und Praxis erleichtert. Die Entwicklungsprozesse werden durch empirische Studien begleitet. Publikationen dienen der Qualitätssicherung der Praxen und der wissenschaftlichen Qualifizierung der engagierten Wissenschaftler:innen.

        Diskussion
        Der Wissenschaftsrat begreift Transferaktivitäten als eine wesentliche Dimension wissenschaftlichen Arbeitens. Allerdings müssen innerhalb von exzellenzorientierten Universitäten Zielkonflikte gelöst werden, um sich im Rahmen der Third Mission zu engagieren. Chancen und Herausforderungen für die Sportpädagogik werden diskutiert.

        Literatur
        Roessler, I. & Hachmeister, C-D. (2021): Wissenstransfer als Bestandteil der Third Mission der Hochschulen. In: Schmidt, U. & Schönheim, K. (Hrsg.), Transfer von Innovation und Wissen - Gelingensbedingungen und Herausforderungen, (S. 195-214). Wiesbaden: Springer VS

        Sprecher: Prof. Petra Gieß-Stüber
    • AK 4.3: (De-)Kategorisierung in der Sportpädagogik BSH 41

      BSH 41

      „Im wissenschaftlichen Diskurs der Pädagogik wird immer wieder ein Mangel an fachlicher Kontroverse und argumentativem Widerstreit festgestellt. Begriffe, Konzepte und Positionen bleiben oft unvermittelt nebeneinander stehen, ohne dass wechselseitige Bezugnahme und Widerstreit gesucht werden, obgleich Wissenschaft auf einen offenen Dissens angewiesen ist“ (Musenberg et. al., 2018, S. 7). Der Arbeitskreis „(De-)Kategorisierung in der Sportpädagogik“ setzt an dieser Kritik an und gibt Raum für einen argumentativen Widerstreit im Kontext einer in der Sportpädagogik bisher wenig diskutierten Fragestellung: der Frage nach Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der (De-)Kategorisierung.
      Im Kontext einer globalen Inklusionsthematisierung sowie der UN-BRK erscheint es als ein allgemein anerkanntes Ziel, Menschen mit und ohne Behinderung – auch im Sportunterricht – gemeinsam zu unterrichten. Gehört es dabei zu den Besonderheiten der deutschsprachigen Debatte, dass Inklusion primär als Schulstrukturdiskurs thematisiert wird und an die Frage nach dem Existenzrecht der Förderschulen gebunden ist, wird im behindertenpädagogischen Fachdiskurs darüber hinaus kontrovers diskutiert (Dederich, 2015), ob es nicht auch einer grundsätzlichen Auflösung der sonderpädagogischen Förderschwerpunkt bedürfe, um die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung umfänglich und nachhaltig zu überwinden.
      Vor dem Hintergrund dieser völkerrechtlich, inhaltlich und normativ komplexen Gemengelage verfolgt der Arbeitskreis das Ziel, den Diskurs in die Sportpädagogik zu importieren, um für die Relevanz dieser Debatte zu sensibilisieren und andererseits die Möglichkeiten und Grenzen einer Dekategorisierung im Schulsport sowie im außerschulischen Sport zu diskutieren. Dabei nimmt die Diskussion ihren Ausgangspunkt von der Kategorie Behinderung, um auch andere Differenzkategorien in den Blick zu nehmen. So wird der Diskurs in fünf Beiträgen entfaltet, in denen gegen (Giese & Weigelt, 2017) und für (Tiemann, 2014) Dekategorisierung argumentiert wird. Anschließend wird in weiteren Beiträgen das Konzept der Critical Diversity Literacy aufgegriffen (Heckemeyer), die Unterscheidung von stabilen vs. flexible(re)n Kategorien diskutiert (Rischke) sowie das Potenzial der Genderforschung für die Auseinandersetzung mit kategorialen Zuschreibungen beleuchtet (Frohn).

      Literatur
      Dederich, M. (2015). Einführung in den Themenschwerpunkt Dekategorisierung. VHN (2), 98-99.
      Giese, M. & Weigelt, L. (2017). Die Bedeutung der Förderschwerpunkte im Sportunterricht. In M. Giese & L. Weigelt (Hrsg.), Inklusiver Sport- und Bewegungsunterricht (S. 12-30). Aachen: Meyer & Meyer.
      Musenberg, O.; Riegert, J. & Sansour, T. (2018). Dekategorisierung in der Pädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
      Tiemann, H. (2014). Inklusiver Sportunterricht – handlungsleitende Überlegungen. In Fachausschuss Wissenschaft. SOD (Hrsg.), Inklusion in Bewegung: Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam im Sport (S. 183-191). Sport Thieme.

      Sitzungsleiter: Heike Tiemann
      • 110
        Critical Diversity Literacy als Ansatz dekategorialen Denkens in der Sportpädagogik

        Eingebettet in den Arbeitskreis „(De-)Kategorisierung in der Sportpädagogik“ plädiert dieser Beitrag für ein konsequent dekategoriales Denken im Kontext von Sport und Sportunterricht. Im Sinne geschlechtertheoretischer und intersektionaler Perspektiven geht es dabei nicht um die Auflösung oder gar Abschaffung sozialer Differenzierungen per se, sondern um die Dekonstruktion sozialer Machtverhältnisse. Verbunden ist damit erstens die Notwendigkeit, bestehende Kategorisierungen und ihre sozial ordnende Wirkung kritisch zu hinterfragen. Welche sozialen Ein- und Ausschlüsse, Hierarchisierungen und Marginalisierungen werden durch gängige Kategorisierungen u.a. nach Behinderung, Geschlecht, Sexualität, Race oder Fatness im Sport und Sportunterricht (re-) produziert? (Heckemeyer 2021) Dekategoriales Denken bedeutet zweitens, den Ort der Kritik offenzulegen, von dem aus argumentiert wird. Denn ein Infragestellen, Verschieben oder gar Auflösen kategorialer Zuschreibungen ist stets verbunden mit Annahmen über Gleichheit und Differenz, Anerkennung, Diskriminierung und Gerechtigkeit. Der Beitrag knüpft hier an Publikationen der „Social Justice Physical Education“ (Walton-Fisette & Sutherland 2018) und der „Critical Pedagogies in Physical Education“ (Fitzpatrick 2019) an und formuliert das Anliegen eines antidiskriminatorischen Sportunterrichts für alle Schüler:innen. Wie und mit welchen Begrifflichkeiten aber kann in einem solchen Unterricht über soziale Differenzen gesprochen werden, ohne bestehende Machtverhältnisse zu reproduzieren? Um Möglichkeiten dekategorialen Denkens in sportpädagogischer Praxis aufzuzeigen, greift der Beitrag Melissa Steyns (2015) Konzept der Critical Diversity Literacy auf. Dessen Ziel ist es, Akteur:innen zu befähigen, Formen sozialer Unterdrückung zu erkennen, über sie nachzudenken und sie zu unterbrechen. Wie lässt sich Critical Diversity Literacy im Kontext von Sport und Sportunterricht (weiter-)entwickeln?

        Literatur
        Fitzpatrick K.(2019). What happened to critical pedagogy in physical education? An analysis of key critical work in the field. European Physical Education Review 25 (4), 1128-1145.
        Heckemeyer, K. (2021). Wer gilt als un_sportlich und in_kompetent? Körpervorstellungen und Körpernormierungen in der Lehrpersonenbildung für das Fach Bewegung und Sport. In: Dankwa, Serena O.; Filep, Sarah-Mee; Klingovsky, Ulla; Pfruender, Georges (Hrsg.): Bildung.Macht.Diversität. Bielefeld, Germany: transcript Verlag, 227-242.
        Steyn, M. (2015). Critical Diversity Literacy: Essentials for the 21st Century, In: Steven Vertovec (Hrsg.), Routledge International Handbook of Diversity Studies, London/New York, NY: Routledge, 379-389.
        Walton-Fisette, J. L., & Sutherland, S. (2018). Moving forward with social justice education in physical education teacher education. Physical Education and Sport Pedagogy 23, 461–468.

        Sprecher: Karolin Heckemeyer
      • 111
        (De-)Kategorisierung – eine epistemische und inklusionstheoretische Dystopie?

        Dass Normabweichungen, die sich in kategorialen Zuschreibungen artikulieren, zu illegitimen sozialen Ausschlüssen führen können, steht außer Frage. Im Kontext von Behinderung bezeichnet der Begriff Ableism – analog zu Sexism, Racism oder Classism – den diskriminierenden Ausschluss bestimmter Personengruppen aufgrund einer realen oder zugeschriebenen Leistungsfähigkeit (Hoffmann, 2018). Die kategoriale Feststellung einer Normabweichung von Körper- und Gesundheitszuständen, wie sie z. B. in §2, Abs. 1 des Bundesteilhabegesetz formuliert sind, stellen per se allerdings keinen diskriminierenden Ausschluss dar. Ableism kommt erst zum Tragen, wenn diese Normen einseitig überhöhte Fähigkeitsregime konstituieren, die Unterdrückung, Abwertung und Marginalisierung bestimmter Personen zur Folge haben (Giese, 2019).
        Insofern ist zwischen der Kategorie und ihrem exkludierenden Potential zu unterscheiden. Beide sind jedoch aus einer epistemologischen Perspektive gleichwohl als soziale Realität zu verstehen (Haslanger, 2021, 18). Ihr reziprokes und ambivalentes Verhältnis kann mit Foucault als Dispositiv gelesen werden – es pendelt zwischen machtförmiger Normalisierung und dezentrierter Subjektivierung (Brinkmann, 2018). Diese machttheoretischen Verstrickungen lassen sich nicht auflösen, indem kolportiert wird, dass sich Kategorien abschaffen ließen. Die Dekategorisierung beraubt uns vielmehr der Sprache, um diese Prozesse machtkritisch zu analysieren und im Sport(-unterricht) pädagogisch zu begleiten.
        Jenseits epistemologischer Überlegungen hat die Dekategorisierung aus einer inklusionstheoretischen Perspektive aber auch ganz praktische, negative Konsequenzen. Ahrbeck und Fickler-Stang (2015) zeigen für den sonderpädagogischen Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, dass der Verzicht auf eine kategoriale Terminologie bei Hyperaktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörungen zu einem Verlust an diagnostischer Trennschärfe führt und dass die Pädagogik somit „hilflos vor den ihr gestellten Aufgaben steht, ohne eigenes Handwerkszeug und ohne die Möglichkeit, sich im interdisziplinären Dialog Hilfe zu holen“ (Ahrbeck und Fickler-Stang, 2015, S. 261).

        Literatur
        Ahrbeck, B. & Fickler-Stang, U. (2015). Ein inklusives Missverständnis. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 43 (4), 255-263.
        Brinkmann, M. (2018). Verkörperungen zwischen Normalisierung und Subjektivierung. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 87 (3), 191-204.
        Giese, M. (2019). Konstruktionen des (Im-)Perfekten. Skizze einer inklusiven Fachdidaktik im Spiegel der Disability Studies.Hamburg: Czwalina.
        Haslanger, S. (2021). Der Wirklichkeit widerstehen. Soziale Konstruktion und Sozialkritik. Berlin: Suhrkamp.
        Hoffmann, T. (2018). Leistungsfähigkeit und Leistungsgerechtigkeit aus behinderten- und inklusionspädagogischer Perspektive. In T. Sansour, O. Musenberg & J. Riegert (Hrsg.), Bildung und Leistung (S. 70-80). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

        Sprecher: Prof. Martin Giese
      • 112
        (De-)Kategorisierung in der Sportpädagogik – „Notwendig und riskant?“

        Der Arbeitskreis „(De-)Kategorisierung in der Sportpädagogik“ möchte Raum für „einen argumentativen Widerstreit im Kontext einer in der Sportpädagogik bisher nur wenig diskutierten Fragestellung“ bieten. Hierzu soll am Beispiel der Differenzlinie „Behinderung“ die These entfaltet werden, dass der Verzicht auf kategoriale Zuschreibungen im Kontext inklusiver schulischer Bildung „notwendig“ und „riskant“ (Musenberg, Riegert & Sansour, 2018) zugleich sein kann. „Notwendig“ erscheint der Verzicht angesichts der Kategorien inhärenten Stigmatisierungs- und Diskriminierungsgefahren, während der Wegfall ihrer orientierenden und strukturierenden Funktionen für pädagogische und wissenschaftliche Kommunikation aus verschiedenen Gründen als „riskant“ wahrgenommen werden kann (vgl. ebd.). Insofern verweist die Diskussion um eine (De-)Kategorisierung inklusiver Bildung auf ein ambivalentes Spannungsfeld, das sich kaum einseitig auflösen, sondern nur reflexiv bearbeiten lässt.

        Um dieses Spannungsfeld weiter zu strukturieren, wird in dem Beitrag u. a. dafür plädiert, in der Diskussion die Kriterien der „Salienz“ (Wocken, 2015) und „Kontextabhängigkeit“ (Dederich, 2015) behinderungsbezogener Kategorien zu berücksichtigen - auch, um einen die Besonderheiten des schulsportlichen Kontextes bedenkenden Blick auf Fragen der (De-)Kategorisierung zu ermöglichen (Rischke & Braksiek, 2018). Mit Bezug auf die Herausforderungen einer differenzsensiblen (Sport-)Lehrkräftebildung wird abschließend anhand der Unterscheidung von stabilen und flexible(re)n Kategorien eine handlungspraktische Perspektive skizziert, die „sich von stigmatisierenden und fachlich unbrauchbaren Kategorien distanziert“ (Boger & Textor, 2016, S. 96).

        Literatur
        Boger, J. M. - A., & Textor, A. (2016). Das Förderungs-Stigmatisierungs-Dilemma – Oder: Der Effekt diagnostischer Kategorien auf die Wahrnehmung durch Lehrkräfte. In B. Amrhein (Hrsg.), Diagnostik im Kontext inklusiver Bildung (S. 79-98). Klinkhardt.
        Dederich, M. (2015). Kritik der Dekategorisierung. Ein philosophischer Versuch. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 84 (3), 192-205.
        Musenberg, O.; Riegert, J. & Sansour, T. (Hrsg.) (2018). Dekategorisierung in der Pädagogik. Julius Klinkhardt.
        Rischke, A. & Braksiek, M. (2019). Zur Kontextabhängigkeit von behinderungsbezogenen Kategorien im Sportunterricht aus der Sicht von Lehrkräften – Theoretische und empirische Anhaltspunkte einer fachbezogenen Diskussion um die Dekategorisierung inklusiver Bildung. In M. Hartmann, R. Laging, & C. Scheinert (Eds.), Professionalisierung in der Sportlehrerbildung – Konzepte und Forschung im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (S. 261-275). Schneider.
        Wocken, H. (2015). Dekategorisierung: Eine Einladung zu kategorialer Bescheidenheit. Sozialpsychologische Grundlagen und inklusionspädagogische Konsequenzen. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 84 (2), 100-112

        Sprecher: Anne Rischke
      • 113
        Potenzial der Genderforschung für den (De-)Kategorisierungsdiskurs in der Sportpädagogik

        Im Rahmen des Arbeitskreises „(De-)Kategorisierung in der Sportpädagogik“ möchte dieser Beitrag das Potenzial der Genderforschung für die Auseinandersetzung mit kategorialen Zuschreibungen in der Sportpädagogik beleuchten. Dass die Genderforschung hierfür gewinnbringende Impulse setzen kann, darauf verweisen verschiedene Autor:innen: So bezeichnen Budde und Blasse (2014) Geschlechterkonstruktionen als „Präzedenzfall für die Analyse von Wirkungsweisen sozialer Differenzkategorien“ (S. 16) und Rendtorff (2013) verweist auf die langjährige intensive Auseinandersetzung in der Genderforschung mit Machtverhältnissen sowie die Darstellung, Zuschreibung und Deutung von Geschlecht im Zuge der konstruktivistischen Wende. Auch die Reflexion des unüberwindbaren Dilemmas, dass sowohl die Anerkennung von (geschlechtsbezogenen) Differenzen als auch deren Nichtbeachtung zur Bestätigung kategorialer Ordnungen beitragen, ist Gegenstand des Genderdiskurses. Aus methodologischer Perspektive wird die nicht auflösbare Ambivalenz, Markierung von Gruppen als Besondere im Forschungsprozess vorzunehmen und damit die zu erforschenden Differenzen vorab festzulegen, unter dem Stichwort der Reifizierung seit langem problematisiert (Frohn, i. Dr.).
        Im konkreten Handlungsfeld des Schulsports zeigt sich das „prekäre Verhältnis“ (vgl. Mecheril & Plößer, 2009, S. 204) zwischen einer dekonstruktivistischen Haltung, die Vereindeutigungen und Kategorisierungen zu vermeiden sucht, und „alltagsweltlicher Handlungsfähigkeit“ (ebd.) bzw. dem Handlungsdruck in konkreten Situationen sowie schulischen und sportbezogenen Routinen. Aus diesem Grund gibt es keinen situationsunabhängigen richtigen oder falschen Umgang mit Differenz bzw. keine eindeutige Empfehlung hinsichtlich einer (De-)Kategorisierung, sondern nur einen, mit Mecheril und Plößer (2009) gesprochen, „kritisch-reflexiven“ (S. 196) Umgang, in dem Differenzen in Kenntnis ihrer Konstruktionsmechanismen sowie des Dilemmas thematisiert werden. Bei einer entsprechenden Gestaltung unterrichtlicher Situationen hat die universelle Schüler:innenrolle auch das Potenzial, Differenzkategorien in schulischen Lern- und Leistungssituationen in den Hintergrund treten und irrelevant werden zu lassen (Gildemeister & Robert, 2008, S. 105).

        Literatur
        Budde, J., & N. Blasse (2014). Thematisierungen von Geschlecht in pädagogischen Kontexten. In V. Eisenbraun & S. Uhl (Hrsg.), Geschlecht und Vielfalt in Schule und Lehrerbildung (S. 13-28). Waxmann.
        Frohn, J. (i. Dr.). Herausforderungen bei der Erforschung von Geschlechterkonstruktionen in qualitativen Interviews. In B. Zander, D. Rode, D. Schiller & D. Wolff (Hrsg.), Qualitatives Forschen in der Sportpädagogik. Beiträge zu einer reflexiven Methodologie. Springer VS.
        Gildemeister, R. & Robert, G. (2008). Geschlechterdifferenzierungen in lebenszeitlicher Perspektive. Interaktion – Institution – Biographie. VS.
        Mecheril, P., & Plößer, M. (2009). Differenz. In S. Andresen, R. Casale, Th. Gabriel, R. Horlacher, S. Lascher Klee, & J. Oelkers, (Hrsg.), Handwörterbuch Erziehungswissenschaft (S. 194-208). Beltz.
        Rendtorff, B. (2013). „mitgedacht‘ – Geschlecht als diskursive Figur. In E. Kleinau & B. Rendorff (Hrsg.), Differenz, Diversität und Heterogenität in erziehungswissenschaftlichen Diskursen (S. 13-25). Budrich.

        Sprecher: Judith Frohn (dvs)
      • 114
        Umgang mit Ungleichheitskategorien im Sportunterricht und Ableitungen für die Sportlehrkräfteausbildung

        In den Arbeitskreis „(De-)Kategorisierung in der Sportpädagogik“ eingebettet, fokussiert der vorliegende Beitrag den Widerstreit in Bezug auf die Notwendigkeit von Kategorien in der sportpädagogischen Praxis, explizit für die Lehrkraft im Sportunterricht. Aufgezeigt an der Ungleichheitskategorie Behinderung wird in diesem Kontext für eine Dekategorisierung argumentiert, welche nach Wocken (2019, S. 171) „in der Pädagogik den Umgang mit unterscheidbaren Anderen“ thematisiert. Diese Sichtweise geht von der Einzigartigkeit des Individuums als leitende Bezugsgröße im pädagogischen Prozess des jeweiligen Handlungsfeldes aus. Generalisierende übergeordnete Kategorien bergen die Gefahr, dass diese den Blick von Sportlehrkräften auf einzelne Lernende dominieren und somit die vielfältigen Facetten des Individuums in den Hintergrund rücken. Gleichzeitig transportieren starre Differenzkategorien, wie zum Beispiel die durch die sonderpädagogischen Förderschwerpunkte vorgegebenen Kategorien, Assoziationen, Erwartungen und unter Umständen auch Stigmatisierungen, die eine Sportlehrkraft pädagogisch unflexibel machen können. Sie vernachlässigen auch die Tatsache, dass Menschen, denen eine Kategorie zugeschrieben wird, keine homogene Personengruppe darstellt, die einheitlich und nach bestimmten Prinzipien, die sich auf eine Kategorie bezieht, gefördert werden kann. Die pädagogische Sinnhaftigkeit von Kategorisierungen muss ein weiteres Mal kritisch geprüft werden, wird bedacht, dass sich Kategorien immer überschneiden und dass Menschen eben nicht nur eine soziale Kategorie zugeschrieben wird, sodass daraus die Frage nach Effekten intersektionaler Verflechtungen von Kategorien resultiert: An welcher Kategorie und darauf aufbauend an welchem pädagogischen Konzept sollte beispielsweise die Sportlehrkraft ihr Tun bezüglich ihrer übergewichtigen Schülerin mit einem Förderschwerpunkt Lernen und Migrationshintergrund orientieren (Tiemann, 2014)? Als Ableitung für die Sportlehrkräfteausbildung scheint es von Bedeutung zu sein, Studierende für das individuelle Anders-Sein von Lernenden zu sensibilisieren und die Vermittlung didaktisch-methodischer Kompetenzen hinsichtlich der Vielfalt der Schüler:innen jenseits einzelner „Behinderungs-Kategorien“ ins Zentrum zu rücken.

        Literatur
        Tiemann, H. (2014). Inklusiver Sportunterricht – handlungsleitende Überlegungen. In Fachausschuss Wissenschaft. Special Olympics Deutschland (Hrsg.), Inklusion in Bewegung: Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam im Sport (S. 183 – 191). o.O.: Sport Thieme.
        Wocken, H. (2019). Das Phantom der Nonkategorisierung. Wider die Hyperkategorisierung im pädagogischen Umgang mit Verschiedenen. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 88 (3) 171-177.

        Sprecher: Prof. Heike Tiemann
    • AK 4.4: Pädagogische Forschung zu Training und Trainer:innenbildung Leo 21

      Leo 21

      Mit dem Ausbau der empirischen Bildungsforschung sind auch in der Sportpädagogik in den vergangenen Jahren zahlreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur pädagogischen Professionalisierung von Sportlehrpersonen (u. a. Heemsoth & Wibowo, 2020) und zur pädagogischen Qualität und Wirksamkeit von Sportunterricht entstanden (u. a. Herrmann, Gogoll & Gerlach, 2020). Im Zuge dieser Arbeiten sind vereinzelt auch das Training sowie Trainer:innen ins Blickfeld der Forschungs- und Entwicklungsbemühungen geraten (u. a. Richartz, Kohake & Maier, 2019; Sygusch et al., 2020).
      Um zukünftig die pädagogische Qualität und Wirksamkeit von Training sowie die pädagogische Professionalisierung von Trainer:innen systematisch zu erforschen und um daran anschließende Maßnahmen der pädagogischen Qualitätsentwicklung zu erarbeiten, hat sich jüngst die Arbeitsgruppe Pädagogische Forschung zu Training und Trainer:innenbildung (PäTra) gegründet und ihre Arbeit aufgenommen. Der Arbeitskreis stellt das Rahmenkonzept sowie aktuelle Forschungsarbeiten dieser Arbeitsgruppe vor und zur Diskussion.

      Literatur
      Herrmann, C., Gogoll, A. & Gerlach, E. (2020). Unterrichtsqualität im Fach Sport. In E. Balz, C. Krieger, W.-D. Miethling & P. Wolters (Hrsg.), Empirie des Schulsports (S. 61–81). Aachen: Meyer & Meyer.
      Heemsoth, T. & Wibowo, J. (2020). Fachdidaktisches Wissen von angehenden Sportlehrkräften messen. German Journal of Exercise and Sport Research, 50(2), 308-319.
      Richartz, A., Kohake, K. & Maier, J. (2019). Individuelle videogestützte Lernbegleitung zur Verbesserung der pädagogischen Trainingsqualität im Nachwuchsleistungssport. In BISp (Hrsg.), Jahrbuch Forschungsförderung (S. 97-114). BISp.
      Sygusch, R., Muche, M., Liebl, S., Fabinski, W. & Schwind-Gick, G. (2020). Das DOSB-Kompetenzmodell für die Trainerbildung. Teil 1. Leistungssport, 50(1), 41–47.

      Vorsitzende der Sitzung: André Gogoll (Eidgenössische Hochschule für Sport Magglingen), Ralf Sygusch (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
      • 115
        Pädagogische Forschung zu Training und Trainer:innenbildung – ein Forschungs- und Entwicklungsrahmen in Anlehnung an das doppelte Angebots-Nutzungsmodell

        Einleitung
        Das Training ist das Kerngeschäft von Trainerinnen und Trainern. In ihm gestalten sie eine Umgebung, in der Athletinnen und Athleten optimale Gelegenheiten für die effektive Ausführung von Trainingsaktivitäten angeboten werden. Wie zielführend Athlet:innen dieses Angebot nutzen und wie gut es Trainer:innen gelingt, ein solchermaßen zielführend nutzbares Angebot zu unterbreiten, hängt vom Zusammenspiel einer Vielzahl von individuellen und institutionellen Einflussfaktoren ab.

        Hintergrund
        Die Arbeitsgruppe Pädagogische Forschung zu Training und Trainer:innenbildung (PäTra) beschäftigt sich mit zwei Säulen dieses komplexen Zusammenspiels. Zum einen geht es um die theoriefundierte und praxistaugliche konzeptionelle Gestaltung sowie deren Implementation in der verbandlichen Sportpraxis. Zum anderen geht es um die theoretische Modellierung und empirische Erfassung dieses komplexen Zusammenspiels auf Athlet:innen und Trainer:innenebene. Für die zweite Säule dient uns als Rahmenkonzeption ein an Helmke (2017) und Krauss et al. (2022) angelehntes doppeltes Angebots-Nutzungsmodell (siehe Abb. 1). Dieses Modell bestimmt sowohl die Trainingsergebnisse der Athlet:innen als auch die pädagogische Professionalität von Trainer:innen zur optimalen Gestaltung des Trainings als Wechselspiel von Angebotsstrukturen (im Training und in der Trainer:innenbildung) und Nutzungsformen dieser Angebote.

        Diskussion
        In unserem Beitrag wollen wir die theoretische Rahmenkonzeption, auf der die Arbeiten in der Arbeitsgruppe PäTra basieren, vorstellen und bisherige empirische pädagogische Forschungen zu Training und Trainer:innenbildung verorten. Hierbei wird einerseits deutlich, dass das konzipierte doppelte Angebots-Nutzungsmodell eine geeignete Hintergrundfolie zur Strukturierung bisheriger Forschungserkenntnisse zu Training und Trainer:innenbildung darstellt. Andererseits lassen sich Implikationen für künftige Forschungsarbeiten zu Training und Trainer:innenbildung ableiten.

        Literatur
        Helmke, A. (2017). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts (7. Aufl.). Seelze: Kallmeyer.
        Krauss, S., Bruckmaier, G., Lindl, A., Hilbert, S., Binder, K., Steib, N. & Blum, W. (2020). Competence as a continuum in the COACTIV-Study – „The cascade model“. ZDM – Mathematics Education, 52(2), 311-327.

        Sprecher: Prof. André Gogoll (Eidgenössische Hochschule für Sport Magglingen), Prof. Ralf Sygusch (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), Sebastian Liebl (dvs)
      • 116
        Anforderungssituationen in der TrainerInnenbildung Leistungssport – eine explorative Mixed-Methods-Studie

        Kompetente TrainerInnen sind das Leitziel der TrainerInnenbildung (TB) in Deutschland (DSB, 2005). Um dieses Ziel zu erreichen, wird die TB in den letzten Jahren – angeregt durch entsprechende Entwicklungen der Lehrkräftebildung (u. a. Baumert & Kunter, 2013) – kompetenzorientiert weiterentwickelt. So hat der DOSB zusammen mit weiteren ExpertInnen bspw. ein eigenes Kompetenzmodell für seine TB erarbeitet (Sygusch et al., 2020). Den zentralen Ausgangspunkt dieses Modells bilden – angelehnt an den bildungswissenschaftlichen Kompetenzdiskurs – Anforderungssituationen (AS) von TrainerInnen. Eine systematische Übersicht von AS liegt jedoch bislang für viele Bildungssettings – so auch für die TB – nicht vor (Iller & Wick, 2009). Dieser Beitrag widmet sich diesem Desiderat, indem er die Frage „Was sind AS von Leistungssport-TrainerInnen?“ beantwortet.

        Methode
        Die Beantwortung basiert auf einem explorativen Mixed-Methods-Design. In der qualitativen Phase identifizierten n=12 TB-ExpertInnen n=50 verbandspezifische AS. Für die quantitative Phase konnten n=46 AS verbandsübergreifend paraphrasiert werden. In einer Online-Umfrage schätzten n=280 Leistungssport-TrainerInnen (Judo, Fußball, Hockey, Ski, Tischtennis) anhand einer 4-stufigen Skala ein, inwiefern diese AS auf ihren TrainerInnenalltag zutreffen oder nicht. Die Umfrage läuft noch bis 31.01.22. Ihre Auswertung erfolgt deskriptiv-statistisch.

        Ergebnisse
        Vorauswertungen verdeutlichen, dass in etwa ein Viertel der verbandsübergreifend paraphrasierten AS auf Leistungssport-TrainerInnen unterschiedlicher Verbände zutreffen. So wird bspw. die AS „Die Trainerin trainiert eine Sportlerin/Trainingsgruppe. Für die nächsten Wochen steht die Verbesserung der allgemeinen Fitness an.“ verbandsübergreifend als zutreffend eingestuft. Die vom Skiverband angegebene AS „Die Trainerin trainiert eine Trainingsgruppe. Eine Sportlerin verletzt sich hierbei schwer. Die Trainerin ist die erste Person am Unfallort.“ trifft hingegen verbandsübergreifend nicht zu.

        Diskussion
        Die qualitativ identifizierten und quantitativ bestätigten AS werden in einem nächsten Schritt in Anforderungsbereiche wie bspw. Trainieren oder Erziehen eingeordnet. Insgesamt bilden sie einen zentralen Ausgangspunkt für die Gestaltung kompetenzorientierter TB und können für künftige Testentwicklungen zur Erfassung von TrainerInnenkompetenzen herangezogen werden.

        Literatur
        Baumert, J. & Kunter, M. (2013). The COACTIVE Model. In M. Kunter et al. (Eds.), Cognitive activation in the mathematics classroom and professional competence of teachers (pp. 25-48). Springer.
        DSB (2005). Rahmenrichtlinien für Qualifizierung im Bereich des Deutschen Sportbundes.
        Iller, C. & Wick, A. (2009). Prüfungen als Evaluation der Kompetenzentwicklung im Studium. Das Hochschulwesen, 57(6), 195–201.
        Sygusch, R., Muche, M., Liebl, S., Fabinski, W. & Schwind-Gick, G. (2020). Das DOSB-Kompetenzmodell für die Trainerbildung. Teil 1. Leistungssport, 50(1), 41–47.

        Sprecher: Annalena Möhrle, Sebastian Liebl (dvs), Prof. Ralf Sygusch (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
      • 117
        Wissensaustausch durch Kooperative Planung in der Trainer*innenbildung Leistungssport

        Einleitung
        Top-down implementierte Konzepte aus der Sportwissenschaft erreichen häufig nicht die gewünschte Nachhaltigkeit in der Sportpraxis. Einen möglichen Zugang bieten partizipative Ansätze zum „Interactive-Knowledge-to-Action“ (Gelius et al., 2021). Dabei werden in Entwicklungs- und Implementationsprozesse Stakeholder frühzeitig in eine so genannte Kooperative Planung eingebunden.
        Das Projekt QuaTroPLUS (gefördert durch BISp) zielt auf die Implementierung des DOSB-Kompetenzmodells (Sygusch et al., 2020) in die Trainer:innenbildung Leistungssport in vier Spitzenverbänden (Hockey, Judo, Leichtathletik, Ski). Dazu wurde in jedem Verband eine Kooperative Planungsgruppe – bestehend aus Bildungsverantwortlichen, Lehrreferent:innen, Trainer:innen, Sportfunktionär:innen und sportwissenschaftlichen Kompetenz-Expert:innen – eingerichtet. Über einen Zeitraum von 30 Monaten fanden insg. 38 Planungssitzungen statt, in denen ausgewählte Lizenzlehrgänge angelehnt an das DOSB-Modell kompetenzorientiert gestaltet, umgesetzt und evaluiert wurden.
        Der Vortrag befasst sich mit der Analyse zu Akzeptanz und Gelingensbedingungen der Kooperativen Planungsprozesse.

        Methode
        Alle Planungssitzungen wurden aufgezeichnet und protokolliert. Darüber hinaus wurden alle beteiligten Stakeholder (N = 17) mittels problemzentrierter Interviews zur Kooperativen Planung (u. a. Ziele, Prozesse, individuelle und verbandsbezogene Voraussetzungen) befragt. Die Auswertung der Dokumente und Interviews erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse.

        Ergebnisse
        Die vorliegenden Protokolle sowie Interviewbefunde zeigen, dass Kooperative Planung einerseits als gewinnbringender Prozess eingeschätzt wird, andererseits als enorm zeit- und arbeitsaufwändig. Konkret wird aus Sicht der Bildungsverantwortlichen der Sportverbände bspw. einerseits eine zu lange Findungsphase verbandsspezifischer Ziele beschrieben; andererseits wird der Austausch mit den Kompetenz-Experten:innen als hilfreich erachtet. Aus Sicht der beteiligten Sportwissenschaftler:innen wird bspw. eine gewisse Abhängigkeit von ihrer Rolle als Kompetenz-Expert:innen wahrgenommen; andererseits wird der Bezug zur Trainerbildungspraxis als bereichernd für modelltheoretische Überlegungen beschrieben.

        Diskussion
        Der Abgleich der Interviewbefunde mit den vorliegenden Protokollen macht u. a. deutlich, dass die Akzeptanz Kooperativer Planungsprozesse v. a. bei personeller Kontinuität und substanzieller Einbindung von Sportfunktionär:innen mit Einfluss im Verbandspräsidium vorliegt. Dies scheinen wesentliche Gelingensbedingungen darzustellen.

        Literatur
        Gelius, P. et al. (2021). Kooperative Planung von Maßnahmen zur Bewegungsförderung. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 64(2), 187-198.
        Sygusch, R., Muche, M., Liebl, S., Fabinski, W. & Schwind-Gick, G. (2020). Das DOSB-Kompetenzmodell für die Trainerbildung (Teil 1). Leistungssport, (1), 41-47.

        Sprecher: Sebastian Liebl (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), Julia Lohmann, Annalena Möhrle, Prof. Ralf Sygusch (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
      • 118
        ProTrain – Professionelle Kompetenzen von Trainerinnen und Trainern

        Eine zentrale Aufgabe von Trainer:innen ist es, lern- und leistungsförderliches Training zu planen und durchzuführen. Über welche professionellen Kompetenzen Trainer:innen dazu verfügen müssen, ist allerdings bis heute weder konzeptionell noch empirisch hinreichend geklärt (Heim, Ennigkeit & Ullrich, 2022). Anders ist die Lage in der pädagogischen Professionsforschung: Dort werden die Kompetenzen von Lehrpersonen, lernförderlichen Unterricht zu gestalten, seit Jahrzehnten erforscht. In dieser Domäne wird das Professionswissen (Fachwissen und fachdidaktisches Wissen) als zentrale Komponente der Handlungskompetenz von Lehrpersonen verstanden (Baumert & Kunter, 2006).
        Ausgehend von diesem Verständnis widmet sich diese Doktorarbeit der Forschungsfrage: Über welches trainingsrelevante Professionswissen verfügen Trainer:innen zur Technik-Taktik-Vermittlung im Volleyball? Ein Ziel dieser Arbeit ist es, objektive Erkenntnisse über das trainingsrelevante Professionswissen von Volleyballtrainer:innen zu gewinnen.
        Zur Identifikation der trainingsrelevanten Wissensinhalte wurde eine curriculare Analyse der Schweizer Volleyballtrainer:innenausbildung durchgeführt. Die Vollständigkeit und die Relevanz der identifizierten Wissensinhalte wurden durch erfahrene Trainer:innen und durch die Ausbildungsverantwortlichen des nationalen Volleyballverbandes geprüft.
        Das trainingsrelevante Professionswissen wurde in einem dreidimensionalen Rahmenmodell operationalisiert: Die erste Dimension beinhaltet die Wissensinhalte, wobei zwischen trainingsrelevantem Fachwissen und trainingsdidaktischem Wissen unterschieden wird. Die zweite Dimension beinhaltet die drei Anforderungsbereiche Reproduzieren, Anwenden und Reflektieren, in denen die Wissensinhalte vorhanden sein können und sollen. Und die dritte Dimension beschreibt die Komplexität des Wissens.
        Für die Validierung des Rahmenmodells wurde ein raschskalierter Leistungstest mit 125 Aufgaben entwickelt. Dieser Test wurde im Dezember 2021 mithilfe eines Rotationsdesigns an 1416 Schweizer Volleyballtrainer:innen getestet. Im Tagungsbeitrag werden erste Ergebnisse zur faktoriellen Struktur des trainingsrelevanten Wissens von Volleyballtrainer:innen präsentiert.

        Literatur
        Baumert, J., & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9:4, 469-520
        Heim, C., Ennigkeit, F., & Ullrich, M. (2022). Professionswissen von Trainer:innen – Testkonstruktion und Pilotierungsstudie auf Basis des Junior-Coach-Ausbildungsprogramms des Deutschen Fussball-Bundes. In R. Sygusch, J. Hapke, S. Liebl, & C. Töpfer (Hrsg.) Kompetenzorientierung im Sport. Grundlagen, Modellentwurf und Anwendungsbeispiele. S. 51-67. Schorndorf: Hofmann

        Sprecher: Anna Siffert, André Gogoll
    • Dialogforum: Digitale Transferformate Ho 101

      Ho 101

      Der gesellschaftliche Wandel hin zu einer Kultur der Digitalität betrifft auch Fragen des Transfers. Ausgehend von einer kurzen Bestandsaufnahme (Wo finden eigentlich sportpädagogische Themen im digitalen Dschungel statt?/Wer ist aktiv?/Und was wird eigentlich wem für den Transfer angeboten?) soll die These formuliert werden: Es findet digitaler Transfer zu Themen der Sportpädagogik statt, jedoch (weitgehend) ohne Einfluss der wissenschaftlichen Community. Inwiefern diese These greift, woran das ggf. liegen mag und ob sich die wissenschaftliche Sportpädagogik stärker einbringen sollte und könnte wird mit ausgewählten Gäst:innen (u. a. Vertreter:innen von Sportlehrkräften und Transferakteur:innen) und dem Plenum diskutiert. Dabei werden verschiedene Player des wissenschaftlichen „Transfermarkts“ Stellung beziehen und unterschiedliche Transferwege fokussieren; beispielhaft der Weg von der Wissenschaft in die Lehrer:innebildung.

      Vorsitzende der Sitzung: Tim Bindel (Johannes Gutenberg-Universität Mainz), Jonas Wibowo (Bergische Universität Wuppertal)
    • 10:30
      Pause
    • Hauptvortrag 3: Sportpädagogischer Transfer in außerschulische Praxisfelder: Was funktioniert wie und mit wem? Ballsporthalle

      Ballsporthalle

      Versteht man unter Transfer die Verbreitung und Anpassung wissenschaftlichen Wissens in fachlich einschlägige Anwendungsfelder mit dem Ziel, in erster Linie die Entscheidungen und Handlungen der Akteure in der Praxis zu beeinflussen, ergibt sich sofort, dass es sich hier um eine altehrwürdige, heftig diskutierte und seit längerem beforschte Problemstellung handelt: das Theorie-Praxis-Problem. Es liegt eine immense Fülle von Reflexionen und eine deutlich geringere Menge von einschlägigen Befunden vor. So erscheint wenig strittig, dass im Anwendungsfeld von Erziehung und Bildung das Problem besonders virulent ist.: Institutionen und Akteure sind hier besonders „transferträge“. Dies betrifft auch den außerschulischen Sport und noch einmal verstärkt die Sportpädagogik als Wissenschaftsdisziplin. Der Wissenstransfer hat sich hier insbesondere über praxisrelevante Fachtagungen und Publikationen in Praxiszeitschriften etabliert. Trotzdem besteht eine Kluft zwischen Wissenschaft und Praxis, so dass Erkenntnisse nur punktuell und nicht nachhaltig in den bewegungsbezogenen Handlungsfeldern ankommen. Als Transferakteure interessieren uns aus dem Wissensbestand der Sportpädagogik besonders die Bereiche des Beschreibungs- und Erklärungswissens sowie des Veränderungs- und Interventionswissens für die sportpädagogische Praxis. Entscheidet man sich für eine evidenzbasierte Transferstrategie, gilt es zunächst, evidenzbasierte Wissensbestände für Probleme des Praxisfeldes zu sichten und zu bewerten. Solche Zusammenfassungen des Forschungsstandes werden für die Feldakteure jedoch erst transparent, wenn sie adressatengerecht aufbereitet und präsentiert werden. Entscheidend für die Integration ins Anwendungsfeld ist, welche Relevanz die Akteure dem sportpädagogischen Wissensangebot zuschreiben und ob sie sich fähig fühlen, die erforderlichen Anpassungen an ihr Praxisfeld vor- bzw. anzunehmen. Hieraus wird deutlich, dass ein erfolgreicher Wissenstransfer nicht einseitig zu steuern ist, sondern einen engen Diskurs zwischen Wissenschaft und Praxis voraussetzt. Für eine evidenzbasierte professionelle Praxis ist es wichtig, auch die Fragen und Erwartungen der handelnden Akteure in Forschungsansätze aufzunehmen. Wirksamkeit für sportpädagogisches Handeln lässt sich dann erwarten, wenn die Akteure kompetent sind, das erworbene Wissen in der alltäglichen praktisch-pädagogischen Arbeit zu nutzen. Die Aufgabe für sportpädagogische Transferakteure erstreckt sich also auf sehr verschiedene Prozessstationen und kann nicht bei einer bloßen Diffusion von Wissensbeständen stehen bleiben.

      Vorsitzende der Sitzung: Miriam Kehne (Universität Paderborn), Alfred Richartz (Universität Hamburg)
      • 119
        Sportpädagogischer Transfer in außerschulische Praxisfelder: Was funktioniert wie und mit wem? Ballsporthalle

        Ballsporthalle

        Versteht man unter Transfer die Verbreitung und Anpassung wissenschaftlichen Wissens in fachlich einschlägige Anwendungsfelder mit dem Ziel, in erster Linie die Entscheidungen und Handlungen der Akteure in der Praxis zu beeinflussen, ergibt sich sofort, dass es sich hier um eine altehrwürdige, heftig diskutierte und seit längerem beforschte Problemstellung handelt: das Theorie-Praxis-Problem. Es liegt eine immense Fülle von Reflexionen und eine deutlich geringere Menge von einschlägigen Befunden vor. So erscheint wenig strittig, dass im Anwendungsfeld von Erziehung und Bildung das Problem besonders virulent ist.: Institutionen und Akteure sind hier besonders „transferträge“. Dies betrifft auch den außerschulischen Sport und noch einmal verstärkt die Sportpädagogik als Wissenschaftsdisziplin. Der Wissenstransfer hat sich hier insbesondere über praxisrelevante Fachtagungen und Publikationen in Praxiszeitschriften etabliert. Trotzdem besteht eine Kluft zwischen Wissenschaft und Praxis, so dass Erkenntnisse nur punktuell und nicht nachhaltig in den bewegungsbezogenen Handlungsfeldern ankommen. Als Transferakteure interessieren uns aus dem Wissensbestand der Sportpädagogik besonders die Bereiche des Beschreibungs- und Erklärungswissens sowie des Veränderungs- und Interventionswissens für die sportpädagogische Praxis. Entscheidet man sich für eine evidenzbasierte Transferstrategie, gilt es zunächst, evidenzbasierte Wissensbestände für Probleme des Praxisfeldes zu sichten und zu bewerten. Solche Zusammenfassungen des Forschungsstandes werden für die Feldakteure jedoch erst transparent, wenn sie adressatengerecht aufbereitet und präsentiert werden. Entscheidend für die Integration ins Anwendungsfeld ist, welche Relevanz die Akteure dem sportpädagogischen Wissensangebot zuschreiben und ob sie sich fähig fühlen, die erforderlichen Anpassungen an ihr Praxisfeld vor- bzw. anzunehmen. Hieraus wird deutlich, dass ein erfolgreicher Wissenstransfer nicht einseitig zu steuern ist, sondern einen engen Diskurs zwischen Wissenschaft und Praxis voraussetzt. Für eine evidenzbasierte professionelle Praxis ist es wichtig, auch die Fragen und Erwartungen der handelnden Akteure in Forschungsansätze aufzunehmen. Wirksamkeit für sportpädagogisches Handeln lässt sich dann erwarten, wenn die Akteure kompetent sind, das erworbene Wissen in der alltäglichen praktisch-pädagogischen Arbeit zu nutzen. Die Aufgabe für sportpädagogische Transferakteure erstreckt sich also auf sehr verschiedene Prozessstationen und kann nicht bei einer bloßen Diffusion von Wissensbeständen stehen bleiben.

        Sprecher: Miriam Kehne (Universität Paderborn), Alfred Richartz (Universität Hamburg)
    • 12:00
      Abschluss Ballsporthalle

      Ballsporthalle