Sprecher
Beschreibung
Einleitung
Mädchen und Frauen mit türkischem Migrationshintergrund sind im organisierten Sport in Deutschland im Vergleich zu jenen ohne Migrationshintergrund unterrepräsentiert (vgl. u.a. Mutz & Burrmann, 2015). Da sie eine sehr große Gruppe unter den Migrantinnen in Deutschland bilden, verpasst eine beträchtliche Zahl von Mädchen und Frauen vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten durch den Sport. Die Unterrepräsentanz ist auf das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren zurückzuführen. Entsprechend wird unter einer intersektionalen Perspektive (Winker & Degele, 2009) aufgezeigt, in welcher Weise die Faktoren Migrationshintergrund, Religion, Geschlecht und sozioökonomischer Status wechselseitig zusammenwirken und auf das Sportengagement Einfluss nehmen. Ergänzend werden theoretische Überlegungen zu Erziehungsstilen (Leyendecker & Schölmerich, 2007) herangezogen.
Methode
In der vorliegenden Studie wurden problemzentrierte, leitfadengestützte Interviews mit elf türkeistämmigen, in unterschiedlichen Sportarten engagierten Frauen im Alter von 19 bis 40 Jahren geführt (Fast, 2021). Diese werden anhand der intersektionalen Mehrebenenanalyse (Winker & Degele, 2009) ausgewertet.
Ergebnisse
Was das Zusammenwirken von Geschlecht, Religiosität und Praxis des Sporttreibens angeht, zeigt sich, dass der Zugang zum und der Verbleib im Sport in hohem Maße von der Bereitschaft der Sportlerinnen, eine differenzierte Perspektive auf religiöse Praktiken einzunehmen, abhängt. Diese ist wiederum maßgeblich vom Erziehungsstil der Eltern, insbesondere deren Diskurs- und Kompromissbereitschaft abhängig. Als günstige Bedingungen für einen Zugang zum organisierten Sport sind folglich Anregungen vonseiten der Familie und der Peergroup sowie – mit Blick auf den Verbleib – ein eher independenter Erziehungsstil zu identifizieren.
Diskussion
Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse sollten i.S. eines Wissenstransfers Möglichkeiten für türkeistämmige Mädchen auf eine Anregung zum organisierten Sporttreiben erhöht werden (z.B. durch eine Ausweitung von Sport-AGs). Hierbei sind Bedingungen, die den Zugang erschweren oder gar verhindern, bei der Planung und Durchführung von Sportangeboten zu berücksichtigen.
Literatur
Fast, N. (2021). Weiblich – muslimisch – sportengagiert. Eine intersektionale Analyse sportbezogener Biografien türkeistämmiger Frauen in Deutschland. Wiesbaden: Springer VS.
Leyendecker, B. & Schölmerich, A. (2007). Interdependente und independente Orientierungen in Kindheit und Jugend. In G. Trommsdorff & H.-J. Konradt (Hrsg.). Erleben und Handeln im kulturellen Kontext (S. 557-597). Göttingen: Hogrefe.
Mutz, M., & Burrmann, U. (2015). Zur Beteiligung junger Migrantinnen und Migranten am Vereinssport. In U. Zender, U. Burrmann & M. Mutz (Hrsg.), Jugend, Migration und Sport: Kulturelle Unterschiede und die Sozialisation zum Vereinssport (S. 69-90). Wiesbaden: Springer VS.
Winker, G. & Degele, N. (2009). Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: Trancript.