Sprecher
Beschreibung
Die neutrale Annahme, dass sich Menschen in ihren „Wahrnehmungs-, Handlungs- und Denkweisen“ (Grummt, 2023, S. 11) unterscheiden, wird mit dem Begriff der Neurodiversität beschrieben. Entgegen der Auffassung, dass sich neurodivergente Kinder an ihre Umwelt anpassen müssen, steht die Forderung, dass die Umwelt alle Kinder anerkennt (Grummt, 2023) sowie eine ganzheitliche individuelle Förderung beabsichtigt (Fischer, 2013). Innerhalb der Professionalisierung von Lehrkräften gilt es im Hinblick auf ein „Diversity Management“ (Andresen & Goldmann, 2016, S. 150, zit. nach Gardenswartz & Rowe, 2010), ein „kritisches Reflexionswissen“ (Helsper, 2021, S. 236) aufzubauen. Dazu gehört auch die Betrachtung mehrfach außergewöhnlicher Kinder (twice exceptional) und dessen potenzialorientierte schulische Begleitung (Scharffenstein, van Gerven & Fischer, 2018).
Das populäre und zugleich umstrittene Persönlichkeitsmerkmal Hochsensitivität im Kontext der
Umweltwahrnehmung betrifft etwa 20% der Menschen (Greven, 2019; Lionetti et al., 2018; Aron et al., 2012; Kagan, 1994) sowie laut einer Studie im UK 20-35 % der 8–19-jährigen Kinder und Jugendlichen (Pluess et al., 2018). In Bezug auf die sensorische Reizverarbeitung zeigt das Persönlichkeitsmerkmal Überschneidungspunkte mit ASS und ADHS (Scharffenstein & Fischer, 2017) auf. Obgleich das Phänomen bereits in früheren Forschungen im Jahr 1913 beschrieben wurde (Jung, 1913, zit. nach Aron, 2004), hat sich die psychologische Forschung erst nach der großen gesellschaftlichen Resonanz auf den Begriff High Sensitivity (im Deutschen Hochsensibilität) nach Aron/Aron (1997) ausgeweitet.
Da Hochsensitivität auch auf elterlicher Seite bekannt und somit im Schulalltag präsent ist, ergibt sich bei einem Workshop erstens der Anlass einer kritischen Auseinandersetzung mit psychologischen Studienergebnissen. Eine individuelle Förderung soll entgegen bestehenden Annahmen zur defizitorientierten Seite (Korrelationen mit Neurotizismus) (Bakker & Moulding 2012; Lionetti et al. 2019; Weyn et al. 2019) die Potenziale hochsensitiver Kinder fokussieren (Fischer, 2015). Darauf aufbauen werden im Workshop zweitens Diskussionsanlässe für Überlegungen zu unterrichtlichen Fördermöglichkeiten in Bezug auf geeignete Lernsituationen/-räume geboten.
Schlagworte/Keywords
Potenzialförderung, Neurodiversität, Hochsensitivität, Lehr-Lern-Umgebungen,
Individuelle Förderung
Schulstufe - Zielgruppe / Educational Stage - Target group
Lehrpersonen aller Schulformen, Eltern und Interessierte an der psychologischen
Seite von Hochsensitivität
Personenbeschreibung/Bio-Note
Malina Spieker promoviert seit Oktober 2023 an der Universität Münster im Fachbereich
Erziehungswissenschaft im Arbeitskreis der Begabungsforschung und Individuelle Förderung. Ihr Forschungsinteresse ist der Überschneidungsbereich von Neurodiversität und Begabung. Konkret befasst sie sich mit dem Persönlichkeitsmerkmal Hochsensitivität aus einer psychologischen Sichtweise und bringt dieses in den Kontext einer handlungsorientierten Klimakompetenz. Darüber hinaus interessiert sie sich für die Auswirkungen multipler Krisen der Gegenwart auf das psychische Wohlbefinden sowie für Diversitätsfragen in (außer)schulischen Kontexten. Als assoziiertes Mitglied nimmt sie am Forschungsschwerpunkt Diversität.Leben teil. Eine schulpraktische Sichtweise Schulpraxis rekurriert aus ihren Erfahrungen als Vertretungslehrerin an einer Grundschule, die sie während ihres Masterstudiums sammelte