Die Arbeitsgruppe von Professor Ravoo forscht an nanoskaligen Systemen. Das Wort „nános“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet Zwerg. In den Nanowissenschaften geht es um Objekte, die so klein sind, dass sie auf der Nanometerskala beschrieben werden können. Ein Beispiel für solche Objekte sind Nanopartikel, die nur bis zu 100 Nanometer groß sind. Ein Nanometer (nm) ist ein Milliardstel von einem Meter, also 0,000000001 Meter. Selbst ein menschliches Haar hat damit etwa einen 800-mal größeren Durchmesser als ein Nanopartikel.
Es gibt verschiedene Wege Nanopartikel im Labor herzustellen. In der Arbeitsgruppe von Professor Ravoo werden nasschemische Verfahren, wie beispielsweise Sol-Gel-Prozesse, angewendet. Dabei wachsen die Nanopartikel bei geeigneten Reaktionsbedingungen in einer Flüssigkeit aus einzelnen Atomen oder Molekülen zusammen und bilden Verbände. Durch das Eingreifen in die Reaktion kann das Wachstum der Nanopartikel in bestimmten Phasen gestoppt werden und es können Nanopartikel mit verschiedenen Größe erhalten werden. Nanopartikel können aus ganz unterschiedlichen Materialien bestehen, z.B. aus Metallen, Nichtmetallen oder Polymeren.
Häufig haben Nanopartikel die Form von kleinen Stäbchen oder Kugeln. Die Oberfläche einer Kugel hängt quadratisch vom Radius ab. Das Volumen dagegen wächst in dritter Potenz mit dem Radius. Und da nanoskalige Kugeln einen sehr kleinen Radius haben, haben sie ein höheres Verhältnis zwischen Oberfläche und Volumen. Nanopartikel können wegen ihrer großen Oberfläche in chemischen Reaktionen als Katalysatoren eingesetzt werden. Aufgrund ihrer großen Oberfläche zeigen sie häufig eine hohe chemische Reaktivität. Wenn Nanopartikel nicht ausreichend stabilisiert werden, können sich oft leicht Aggregate bilden. Bei der Stabilisierung von Nanopartikeln spielen Oberflächenladungen daher eine große Rolle.
Eine wichtige Rolle kommt auch der Funktionalisierung von Nanopartikeln zu. Dabei werden die funktionellen Gruppen auf der Oberfläche der Nanopartikel modifiziert und für ihren jeweiligen Einsatzzweck angepasst. Die Nanopartikel können z.B. mit einer Schicht aus einem anderen Material überzogen werden, sodass sie spezifisch an andere Moleküle binden können. Für medizinische Anwendungen werden „drug-carrier“ erforscht. Dabei handelt es sich um Nano-Container, in die ein Medikament eingeschlossen ist. Wenn der Nanopartikel spezifisch an das jeweilige Zielmolekül andockt, kann das Medikament gezielt freigesetzt werden.
Da ein Nanopartikel mit weniger als 100 nm (= 0,1 μm) deutlich kleiner ist als die Wellenlänge des Lichts können Nanopartikel nicht mit Lichtmikroskopen aufgelöst werden. Nur spezielle, leistungsfähige Mikroskope wie beispielsweise Elektronenmikroskope, können Bilder von nanoskaligen Strukturen liefern. Es gibt jedoch auch andere Methoden, um Nanopartikel zu untersuchen. Wenn Nanopartikel in einer Flüssigkeit verteilt sind, werden sie auch als Kolloide bezeichnet. Mithilfe der Dynamischen Lichtstreuung kann die Partikelgröße von Kolloiden bestimmt werden. Dabei wird eine Probe mit Laserlicht durchstrahlt und das Streulicht wird gemessen.
Da Nanopartikel so klein sind, verhalten sich kolloidale Systeme häufig anders, als Systeme mit größeren Partikeln. In einer Suspension (wie z.B. naturtrübem Apfelsaft) setzt sich ein Feststoff (z.B. Reste vom Fruchfleisch) mit der Zeit auf dem Boden des Gefäßes ab. In kolloidalen Systemen dagegen spielt die Gewichtskraft der Partikel dagegen eine untergeordnete Rolle. Die Masse der Partikel ist nämlich so gering, dass Stöße mit den Flüssigkeitsmolekülen ausreichen, um die Partikel in Bewegung zu versetzen. Kolloide zeigen also Brownsche Bewegung. Durch die Lichtstreuung an den Partikeln erscheinen kolloidale Systeme häufig milchig trüb. Auch mit der UV/VIS Spektroskopie können Kolloide charakterisiert werden.
Die Grundlagenforschung in den Nanowissenschaften spielt in vielen Bereichen eine wichtige Rolle. Nanopartikel werden beispielsweise in der Medizin, in Kosmetika und in Lebensmitteln eingesetzt und es ist zu erwarten, dass sich in den nächsten Jahrzehnten noch mehr Anwendungen ergeben werden, in der die Nanotechnologie eine Rolle spielt. Ein Forschungsgebiet, das auch am SFB 1459 „Intelligente Materie“ erforscht wird, sind elektronische Anwendungen. Dort wird erforscht, inwiefern Nanopartikel als Transistoren für gehirninspirierte Rechnen mit neuartigen Computern eingesetzt werden können.
MExLab Physik